Welche finanzielle Hilfe Ihnen jetzt zur Verfügung steht
Zahlreiche Zahnarztpraxen sehen sich aufgrund der Corona-Krise vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Wo und wie Sie als Praxisinhaber jetzt finanzielle Hilfe bekommen können, erklärt Ihnen Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank).
Welche konkreten Entwicklungen können Zahnarztpraxen aktuell in eine wirtschaftlich schwierige Situation bringen?
Daniel Zehnich: In der aktuellen Lage gibt es vor allem drei Entwicklungen, die die selbständigen Zahnärzte in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen könnten: Das ist zum einen der Patientenrückgang, der unter anderem durch die bundesweit ausgerufenen Kontaktbeschränkungen entsteht. Termine für Prophylaxe und planbare Behandlungen in den Zahnarztpraxen werden häufig abgesagt und bleiben vermutlich vorerst auch weitestgehend aus. Viele Patienten suchen derzeit nur in wirklichen Notfällen die Zahnarztpraxis auf. Zum anderen kommt es immer wieder zu Lieferengpässen für den medizinischen Bedarf, sodass Praxen nicht mehr ausreichend mit Material versorgt werden und sie beispielsweise aufgrund fehlender Atemmasken, Desinfektionsmittel oder Schutzkleidung ihre Arbeit einschränken müssen. Und schließlich sind es die Verdachts- und Infektionsfälle sowie die damit verbundenen Quarantäneauflagen, die dazu führen können, dass Praxen ihren Betrieb nicht mehr vollständig aufrechterhalten können beziehungsweise sogar schließen müssen.
Welche Anfragen erreichen die apoBank bezüglich Corona jetzt am häufigsten? Worum machen sich die Zahnärzte am meisten Sorgen?
Zehnich: Patientenrückgang und fehlende Schutzausrüstung sind aktuell die größten Herausforderungen in den Zahnarztpraxen. Die Situation verschärft sich, da Zahnärzte nach den ausgesprochenen Empfehlungen der Standesvertreter dazu angehalten sind, nicht akute Behandlungen für ältere und vorerkrankte Patienten zu verschieben. Aber auch mit Blick auf die Behandlung ihrer anderen Patienten sollen die Zahnärzte sorgfältige Vorüberlegungen treffen und gemeinsam mit den Patienten entscheiden, ob die Termine notwendig sind oder vertagt werden können. Die Sicherheit der Patienten und der Mitarbeiter sollte bei dieser Entscheidung an oberster Stelle stehen. Das ist natürlich eine sehr schwierige Situation für die Praxisinhaber, denn die Fixkosten laufen ja trotz geringerer Einnahmen weiter. Auch Engpässe bei Lieferungen von Schutzmaterial schränken die Arbeit der Zahnärzte in den Praxen stark ein. Denn ohne Schutzbrillen oder Mund-Nasen-Schutz können Zahnärzte sich und ihr Personal eben nicht ausreichend vor einer Infektionsübertragung schützen.
Was raten Sie den Praxen in dieser Situation?
Zehnich: Zum Stand der Lieferungen von Schutzmaterial informieren die KZBV, die KZVen bzw. die Zahnärztekammern auf ihren Internetseiten. Das Bundesministerium für Gesundheit hat erst vor kurzem das Beschaffungsamt der Bundeswehr damit beauftragt, die benötigte Schutzausrüstung zu bestellen und die Koordination zu übernehmen; die Auslieferung hat bereits begonnen. Sobald das notwendige Material zur Verfügung steht, übernehmen die KZVen die Verteilung der Produkte an die Zahnarztpraxen. Zusätzlich sollte in der Praxis jemand die Aufgabe übernehmen, auch regelmäßig bei Lieferanten zu überprüfen, ob das benötigte Material wieder lieferbar ist.
Je nach Situation in der Praxis gibt es eventuell hilfreiche Erleichterungen seitens des Staates: So hat beispielsweise die Bundesregierung in einem Eilverfahren die gesetzlichen Grundlagen für den Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtert. Dies kann eine Möglichkeit sein, Personalkosten zu senken, wenn in der Zahnarztpraxis aufgrund eines Patientenrückgangs die Arbeitszeiten verkürzt werden müssen. Darüber hinaus hat das Bundesfinanzministerium ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, um die Liquidität der Praxen in dieser Zeit zu schonen. Hier ist beispielsweise die Steuerstundung, also das Verschieben der Zahlung auf einen späteren Tilgungszeitpunkt, zu nennen – im letzteren Fall sind die eigenen Steuerberater die Ansprechpartner. Im Fall von Liquiditätsengpässen sollten Praxisinhaber nicht zögern, ihre Hausbank anzusprechen.
Welche Möglichkeiten haben Zahnarztpraxen, um jetzt nicht in finanzielle Schieflage zu geraten? Bietet die apoBank besondere Unterstützung?
Zehnich: Für den Fall, dass Liquiditätsengpässe befürchtet werden, sollten die Praxisinhaber sich an ihre Hausbank wenden. Um einen Rückgang der Einnahmen – bei weiter gegeben Fixkosten – zu überbrücken, gibt es mehrere Optionen. Unsere Berater prüfen jeweils die individuelle Situation der Praxis und ermitteln im ersten Schritt gemeinsam mit den Praxisinhaber den zu erwartenden Bedarf. Für eine kurzfristige Lösung genügt es vielleicht, nur den bestehenden Betriebsmittelkredit in Anspruch zu nehmen oder ihn auszuweiten. Für einen mittel- bis längerfristigen Bedarf kann auch ein Überbrückungskredit sinnvoll sein. Dafür bieten wir sowohl die Programme der KfW und Landesförderinstitute als auch eigene Darlehen. Darüber hinaus gibt es bereits in vielen Bundesländern die „Corona Soforthilfe“. Hierbei handelt es sich in den meisten Fällen um einen direkten Zuschuss des Landes, der auch nicht zurückgezahlt werden muss.
Was hat es mit den „Corona-Sonderkrediten“ auf sich? Wer vergibt sie, wer kann sie beantragen und wer hat gute Chancen sie zu bekommen?
Zehnich: Die KfW bietet im Rahmen des Schutzschirms der Bundesregierung für Unternehmen und Betriebe ein neues Sonderprogramm an, das auch von Unternehmen in Anspruch genommen werden kann, die bedingt durch die Corona-Krise vorübergehend in Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind. Das kann vor allem durch den Rückgang der Patientenzahlen erfolgen, aber auch durch fehlendes Schutzmaterial, weil auch dann die Behandlung nicht stattfinden kann. Die KfW-Kredite werden über die Hausbank beantragt.
Krankenhäusern, Ärzten und Pflegeeinrichtungen wurde in Form des Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetzes finanzielle Unterstützung des Staates zugesagt. Ist so etwas auch für Zahnärzte vorgesehen?
Zehnich: Im aktuellen Gesetzesentwurf des Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetzes sind die Zahnärzte noch nicht berücksichtigt worden. Allerdings haben die KZBV und die BZÄK bereits ein umfangreiches Maßnahmenpaket erarbeitet, um in der Corona-Krise auch die zahnärztliche Versorgung sicherzustellen. Die Organisationen stehen in direktem Dialog mit dem Bundesgesundheitsministerium, um nach den Krankenhäusern und Ärzten zeitnah für eine gesetzliche Regelung zu sorgen, damit auch die wirtschaftliche Sicherung der Zahnärzte gewährleistet ist. Wie wir im Zuge der aktuellen Gesetzgebung beim Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz gesehen haben, ist der Gesetzgeber zurzeit sehr flexibel unterwegs, um möglichst schnell konkrete Lösungen für die Betroffenen zu finden. Daher denke ich, dass sich aus den Verhandlungen bald schon erste Ergebnisse ableiten lassen können – möglicherweise im Rahmen eines weiteren Gesetzgebungsverfahrens.
Der Experte
Daniel Zehnich
Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)