EAO-Kongress in Lissabon

Die Zukunft der Implantattherapie

Neue Perspektiven in der Behandlung – von Stammzelltherapie über biologische Verfahren bis hin zur künstlichen Intelligenz – rückte der EAO-Kongress in Lissabon in den Fokus. 130 Referenten in 54 Sessions widmeten sich dem Thema. Wie immer bot die EAO auch eine Leistungsschau der Industrie.


3500 Teilnehmer aus 82 Ländern kamen zum 28. EAO-Kongress nach Lissabon

Rund 3500 Teilnehmer aus 82 Ländern kamen zum 28. EAO-Kongress nach Lissabon. © Barfuß/Schunk


Bereits in der Eröffnungssession, in der EAO-Kongresspräsident Prof. Dr. Gil Alcoforado und seine Co-Chair Dr. Susana Noronha die Teilnehmer begrüßten, standen unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Björn Klinge, Schweden, und Prof. Dr. Dagmar Bunaes, Norwegen, aktuelle Kernthemen in der Implantattherapie auf der Agenda. Spannende Ansätze und Studien über den Einsatz von mesenchymalen Stammzellen präsentierte Prof. Dr. Kamal Mustafa, Norwegen. Das Ziel sind patientenindividuelle Augmentationen mit schnellem Knochenwachstum. Derzeit werde die klinische Anwendung am Patienten untersucht, berichtete Mustafa. EAO-Präsident Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake, Göttingen, hält die Stammzelltherapie allerdings derzeit nicht für umsetzbar – schon allein aus Kostengründen.

Prof. Dr. Mariano Sanz, Madrid, skizzierte derzeitige Verfahren zur Knochenregeneration und betonte, wie wichtig das Verstehen der biologischen Zusammenhänge für die Weiterentwicklung der Verfahren sei, die derzeit in der Forschung einen großen Raum einnehmen. Ergänzt wurde das wissenschaftliche Programm der EAO durch hochkarätige Symposien der beteiligten Industrie.

Implantattherapie: Orale Regeneration

Um Maßnahmen zur oralen Regeneration – von umfassenden Augmentationen und Weichgewebsmanagement bis zur Periimplantitisbekämpfung – ging es im Symposium von Geistlich Biomaterials. „Customized bone regeneration in complex bone augmentation“ lautete das Thema von Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Mainz. Er outete sich als klarer Fan patientenindividueller Titan-Meshes und zeigte anhand unterschiedlicher Fallbeispiele die Vorteile dieser Augmentationstechnik auf. Ein Mesh hat eine dreidimensionale Form. Weist eine Kammdimension zum Beispiel eine Kurvatur auf oder liegt ein kombiniert horizontal/vertikaler Defekt vor, erlaubt das patientenindividuelle Mesh, intraoperativ viel präziser und schneller zu arbeiten. Zudem kommt das Mesh-Verfahren mit sehr viel weniger Knochenersatzmaterial aus – und oft mit autologem Knochen nur aus dem Mund. Mit dem bewährten Material Titan in Kombination mit der CAD/CAM-Technologie lasse sich eine defektspezifische Knochenregeneration nach Maß erzeugen, sagte Al-Nawas. Der Bestellvorgang der patientenindividuellen Titan-Meshes lässt sich unkompliziert über das Onlineportal der Firma ReOss CBR abwickeln, der Vertrieb läuft über Geistlich.

Prof. Dr. Stefan Renvert, Schweden, zeigte anhand unterschiedlicher Studien und Fallbeispiele, dass sich regenerative Verfahren beim Kampf gegen die Periimplantitis bewähren. Mit der Applikation von Knochenersatzmaterial nach der Reinigung des Implantats habe man Erfolgsraten von 40 bis 50 Prozent. Allerdings müsse man in diesem Fall noch die Langzeitergebnisse abwarten. Die vielfach favorisierte Implantoplastik findet in seiner Klinik keine Anwendung, wie Renvert betonte.


Primärstabilität von Implantaten

In den „Inspiration Talks“ bei Dentsply Sirona räumte Prof. Dr. Lyndon Cooper, Prothetikprofessor an der Universität von North Carolina in Chapel Hill, mit der Vorstellung auf, dass ein hohes Drehmoment die Primärstabilität des Implantats fördere – im Gegenteil: „High Torque kills Bone!“, deklarierte Cooper. Er sieht noch sehr großen Raum für Weiterentwicklungen in der Erfolgsgeschichte von Implantaten. Unstrittig sei dabei, dass diejenigen Impantatdesigns in Zukunft erfolgreich sein werden, die die biologische Antwort im Körper begünstigten.

Dr. Malene Hallund, Kopenhagen, stellte Azento vor. Das Implantatsystem wird dem Zahnarzt in einer Komplettbox angeliefert. Es ist eine individuell zugeschnittene Implantatlösung je Patient, basierend auf dem Atlantis Healing Abutment und den bekannten Atlantis Restauration tools. Die Box enthält zudem den Bohrer, alle weiteren Instrumente, den Guide und das Implantat.

KI in der Implantattherapie

Einen Zukunftsblick in die Chancen der künstlichen Intelligenz gewährte Dr. Martin Wanendeya, Zahnarzt aus London. Der komplett auf die Digitalisierung setzende Implantologe erläuterte die Möglichkeiten, die sich aus künstlicher Intelligenz (KI), Maschinenlernen und „Deep Learning“ ergeben. Per Definition entwickele die KI eher eine „schmale“ Intelligenz, während das Maschinenlernen eher eine umfassende generelle Intelligenz forme. Dagegen sei das „Deep Learning“ eine künstliche „Super-Intelligenz“. Künstliche Intelligenz sei bereits in den Bereichen schulische Erziehung und im Marketing erfolgreich im Einsatz. In der Implantologie werde sie zu besseren Diagnosen und einer schnelleren und vorhersagbareren Behandlung und neuen Methoden der Regeneration führen. Zudem erlaube sie eine bessere Datenkontrolle, ermögliche dem Zahnarzt mehr Zeit am Patienten und führe außerdem zu einer besseren Ausbildung der Zahnärzte.

EAO live auf YouTube

Einige Sessions wurden live auf dem YouTube-Kanal der EAO übertragen: https://www.youtube.com/channel/UCpB-t6R4nQcO_yZskip1lqA