Keramische Hybridmaterialien

CAD/CAM-Werkstoffe: Hybrid auf dem Vormarsch

Nicht nur innovative Hard- und Software, sondern auch moderne CAD/CAM-Werkstoffe zur Fertigung der finalen Restauration stehen im Fokus der digitalen Zahnheilkunde. Auf dem Vormarsch sind keramische Hybridmaterialien. Sie fügen sich optimal in die Prozesskette ein und eignen sich aufgrund spezieller Werkstoffeigenschaften sogar für Bruxismuspatienten. Eine Bestandsaufnahme.



Moderne Verfahren ermöglichen die Chairside-Fertigung ästhetischer Prothetikarbeiten auf höchstem Niveau (Abb. 1). Dafür unabdingbar ist eine moderne CAD/CAM-Ausstattung, wozu neben einem präzisen Scanner zur digitalen Abformung, einer leistungsfähigen CAD/CAM-Software und einer zuverlässigen Fräs- und Schleifmaschine letztlich der Werkstoff für die Restauration gehört. CEREC gilt nach wie vor als Standardsystem zur Bearbeitung der CAD/CAM-Blöcke, weshalb viele Materialhersteller auf diese seit 30 Jahren bewährte Technologie setzen, so auch der japanische Dentalspezialist GC, der mit CERASMART eine kraftabsorbierende Hybridkeramik speziell für CEREC-Einheiten entwickelt hat (Abb. 2). Was dieses relativ „junge“ Material so besonders macht, wird nachfolgend beleuchtet.

Hybridkeramiken mit dentinähnlichen Elastizitätswerten

Nach den ersten CEREC-Fertigungseinheiten in den 1980er Jahren kam im Laufe der Zeit eine Reihe von Materialien auf den Markt, die standardmäßig auf allen dentalen CAD/CAM-Maschinen bearbeitbar sind: Metalle, Kunststoffe, Wachse sowie Keramiken – von Feldspat-, Glas-, Lithiumdisilikat- und Zirkondioxid- bis hin zur modernen Nano- und Hybridkeramik. Doch während sich beispielsweise Glaskeramik durch eine exzellente Ästhetik auszeichnet, ist der Werkstoff gleichzeitig steif, spröde und mit einer niedrigen Frakturresistenz ausgestattet. Ein großer Nachteil, denn insbesondere in der restaurativen und prothetischen Zahnheilkunde dient die Natur in ästhetischer und funktionaler Hinsicht als Vorbild.

Moderne Hybridkeramiken können dentinähnliche Elastizitätswerte erreichen und kommen unter anderem deshalb der natürlichen Zahncharakteristik noch näher. Auch in Bezug auf die Ästhetik müssen sie sich dank der Kombination aus Opaleszenz und Fluoreszenz und einer damit verbundenen natürlichen Farbanpassung vor konventionellen Keramiken nicht verstecken, wobei sie sich im klinischen Einsatz insbesondere für indirekte Einzelzahnversorgungen eignen [1].

Hohe Biegefestigkeit

Auch der Materialspezialist GC entwickelt seit Jahrzehnten Hochleistungsmaterialien für die Anwendung in der präventiven, restaurativen und prothetischen Zahnheilkunde – mit Erfolg auch im Bereich der Hybridkeramiken [2]. Ein Ziel im Zuge der Entwicklung der kraftabsorbierenden CERASMART-Blöcke war die Herstellung eines CAD/CAM-Materials, das nicht nur ein breites Einsatzspektrum bedient, sondern sich mit Blick auf die Zukunft auch nahtlos in die digitale Prozesskette der Praxis einfügt. Die Kombination aus Keramikpartikeln und einer Harzmatrix macht CERASMART zu einem Hybridmaterial, dessen Biegefestigkeit (231 MPa) sogar die eines konventionellen Glaskeramikblocks übertrifft (z. B. Vitablocs Mark II (Vita) mit 117 MPa) (Abb. 3). Mithilfe seiner hohen Biegefestigkeit sorgt das Material für eine ausgeprägte Flexibilität zur Abdämpfung des Kaudrucks und eignet sich daher für besonders schwierige okklusale Situationen. Im Vergleich zu weiteren konkurrierenden Werkstoffen wie Lava Ultimate (3M ESPE) und Enamic (Vita) ist CERASMART zudem das Material mit der höchsten Flexibilität (Abb. 3) [3].

Ein besonderes Merkmal sind die homogen verteilten, ultrafeinen Füller (Größe: röntgensichtbare Bariumfüllerpartikel 300 nm, Quarzfüller 20 nm), die unter anderem eine geringere Abnutzung der Antagonisten des Gegenkiefers und einen lang anhaltenden Glanz gewährleisten sollen (Abb. 4). Darüber hinaus ist CERASMART neben der Herstellung von Inlays, Onlays, Veneers im Gegensatz zu vergleichbaren Materialien auch zur Fertigung von Vollkronen und implantatgetragenen Kronen geeignet, da die Blöcke aufgrund ihrer Ätzbarkeit über einen sehr guten Haftverbund verfügen.

Einfache mechanische Polierbarkeit

Anlässlich der IDS 2015 präsentierte In-vitro-Studien [4] (KU Leuven/BIOMAT) dokumentieren, dass CERASMART-Blöcke zudem eine deutlich höhere Bruchzähigkeit (3,2 ± 0,3 MPa m1/2) gegenüber Zirkon-Lithium-Disilikat-Glaskeramik (2,8 ± 0,3 MPa m1/2) und Feldspatkeramik (2,2 ± 0,1 MPa m1/2) aufweisen. Eine weitere In-vitro-Studie legt nahe, dass eine Oberflächenbehandlung mittels Sandstrahlung (Al2O3; 27 µm) oder HF-Ätzung (5 %) zur Erhöhung der mikromechanischen Verkettung erforderlich ist, um die Verbundstärke von CERA‧SMART signifikant zu erhöhen. Darüber hinaus hebt sich das Material beispielsweise von den anfangs erwähnten Glaskeramiken ab, indem es neben einem verbesserten Randschlussverhalten infolge präziserer Fräsvorgänge (Abb. 5) auch eine einfache mechanische Polierbarkeit sowie ein komfortables Verkleben ermöglicht (Sandstrahlung).

Letztlich sollen diese Vorteile unter anderem zu einer verbesserten Lebensdauer von CERASMART-Restaurationen führen – um dies über längere Zeiträume zu bestätigen, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Die im Vergleich zu konventionellen Keramiken besondere Kombination aus Festigkeit und Flexibilität empfiehlt CERASMART-Versorgungen beispielsweise für Patienten, die an starkem Bruxismus (Zähneknirschen) leiden. Im Follow-Up bietet zudem die hohe Röntgenopazität (309 % Al) einen sichtbaren Vorteil.

Digitale Fertigung

Neben den Werten zur Performance eines CAD/CAM-Werkstoffs zählen in der Praxis sicherlich weitere Zahlen: Einerseits soll das Material ein möglichst breites Spektrum an Indikationen abdecken, andererseits auch ökonomisch sinnvoll und wenig zeitaufwendig anwendbar sein. Denn auch für die Praxis werden wirtschaftliche Faktoren immer bedeutender, da Laborkosten mittlerweile einen elementaren Faktor darstellen.

Prothetische Chairside-Versorgungen hingegen erlauben, die Wertschöpfung weitgehend in den eigenen Räumen zu halten. Gleichzeitig schließt CERASMART den Kreis zum Zahntechniker, denn die Blöcke können sowohl in der Praxis als auch im Labor gefräst werden. Und doch steigt das Interesse an der Chairside-Fertigung: Weitere Vorteile sind zum einen, dass keine Abformung ins zahntechnische Labor geliefert werden muss, zum anderen ist eine zügige Versorgung des Patienten in einer Behandlungssitzung möglich. Neben termingestressten Patienten kommt es insbesondere jungen und älteren Praxisbesuchern entgegen, den Behandlungsstuhl nur einmal aufsuchen zu müssen.
Ein weiterer Zeitvorteil im Vergleich zu konventionellen Keramiken: Der Verzicht auf einen Brennofen ermöglicht eine komfortable Charakterisierung ohne zusätzliche Geräteinvestitionen, wofür ein spezielles Verbundsystem (Ceramic Primer II, GC) sowie eine lichthärtende Oberflächenversiegelung (Opti‧glaze color, GC) bereitstehen. Letztere sorgt neben der Farbgebung auch für den Schutz der Restauration, während für eine abschließende Politur per Hand eine Diamantpolierpaste existiert (DiaPolisher Paste, GC).

Offene Schnittstellenstrukturen

Bei einem wiederholten Blick auf die Hard- und Softwarelösungen wiederum wird ersichtlich: Der aktuelle dentale CAD/CAM-Markt wird immer stärker von offenen Schnittstellenstrukturen statt geschlossenen Einzelsystemen geprägt.

Im Zuge der Einführung von CERASMART betritt der Hersteller GC das digitale Feld daher mit den offenen CAD/CAM-Lösungen Aadva Lab Scan (Laborscanner) und Aadva IOS (Intraoralscanner), die den Eintritt des Dentalunternehmens in ein neues Zeitalter der digitalen Zahnheilkunde markieren. Auch mit Blick auf die nächste IDS 2017 wird eine komplett digitalisierte Praxis nicht die Regel sein – in der Breite erobern neue Technologien erfahrungsgemäß nur schrittweise den (zahnärztlichen) Alltag. Sicher scheint jedoch, dass die durchdachte Entwicklung digitaler CAD/CAM-Systeme verbunden mit leistungsfähigen „analogen“ Werkstoffen sowohl Praxis als auch Patienten bereichern werden.