Regeneration statt Ersatz

Das kann die "Bone-Lamina-Technik"

Ein Paradigmenwechsel zeichnet sich ab: Knochenersatz war gestern, Knochenregeneration lautet heute die Devise. Mit der Bone-Lamina-Technik lässt sich die knöcherne Lamelle nicht nur verstärken, sondern sogar wieder herstellen.



Die biologische Augmentation geht weg vom Knochenersatz hin zur Knochenregeneration. Resultate der Augmentation mit Knochenersatzmaterial sind ohne histologische Nachuntersuchung nur klinisch oder röntgenologisch nachvollziehbar. Röntgenopake Materialien, die nicht resorbieren, erschweren die rein röntgenologische Beurteilung. Neu gebildeter Knochen ist nicht zu unterscheiden oder nur schwer zu erkennen. Im Röntgenbild erscheint häufig eine sehr stabile und mineraldichte Situation. Beim Reentry nach augmentativen Maßnahmen finden wir klinisch jedoch trotzdem keinen vitalen Knochen vor.

Ein klinisches Beispiel, bei dem der operative Eingriff nach guter röntgenologischer Ausgangssituation abgebrochen werden musste, zeigen die Abbildungen 1 und 2. Das Augmentat war nicht eingeheilt und musste nach acht Monaten wieder entfernt werden.

Ein biologisches Konzept für die Gesteuerte Knochenregeneration (GBR) muss das körpereigene regenerative Potenzial unterstützen. Wichtig dafür ist, dass der Raum des ossären Defekts durch eine Barriere offen gehalten werden kann. Voraussetzung für die biologische Regeneration sind die Biokompatibilität des verwendeten Materials, die Gewebeintegration, die Lagestabilität, die Platzhalterfähigkeit und die einfache ‧klinische Anwendung. Ein primärer Wundverschluss und die Vermeidung der Exposition der Membran oder des Augmentats während der Weich‧gewebs‧heilungsphase sind für den klinischen Erfolg entscheidend. Auf der Basis dieses biologischen Grundlagenverständnisses wurde die Bone-Lamina-Technik entwickelt. Einen neuen Behandlungsansatz bietet diese Augmentation bei der Sofortimplantation in der ästhetischen Zone.

Klinisches Vorgehen

Der 38 Jahre alte Patient stellte sich in der Praxis mit Schmerzen in der Oberkieferfront vor. Die klinische Ausgangssituation lässt den Defekt aufgrund der Entzündung nur erahnen (Abb. 3). Der wurzelkanalbehandelte Zahn 11 musste wegen mehrfacher Frakturen extrahiert werden. Die Resorption des Knochens durch die endodontische apikale Läsion und die Entzündung führte zum kompletten Verlust der bukkalen Lamelle (Abb. 4). Die dreidimensionale Aufnahme verdeutlicht den nach der Extraktion des Zahns zu erwartenden Defekt. Trotz schonender Extraktion, ohne aufzuklappen, konnte das Fehlen der knöchernen bukkalen Lamelle ertastet werden. Es folgten die Präparation und die Erweiterung des Implantatbetts. Die palatinale Positionierung von Implantaten liefert in der Regel gute Ergebnisse hinsichtlich der Implantaterfolgsrate, der Stabilität des periimplantären Gewebes, des Knochenverlusts und der Patientenzufriedenheit.

Das Implantat ließ sich in der idealen Position primärstabil inserieren. Zur Regeneration der knöchernen Lamelle wurde die Bone-Lamina-Technik verwendet: Es wurde ein Spaltlappen mit dem Tunnelinstrument präpariert, um die porcine kortikale Knochenmatrix (OsteoBiol soft cortical Lamina, Tecnoss, Torino, Italia) einbringen zu können. Die Präparation wurde minimalinvasiv und ohne Inzision durchgeführt. Die Distanz zwischen dem palatinal inserierten Implantat und der bukkal eingebrachten Bone-Lamina füllten wir mit resorbierbarem knochenregenerativem Material, der deproteinierten bovinen Knochenmatrix OsteoBiol MP3 (Tecnoss, Torino, Italia), auf.

Vor dem Eingriff wurde eine Funktionsanalyse durchgeführt und Meistermodelle wurden angefertigt. Da das Implantat sehr primärstabil eingebracht werden konnte, wurde direkt nach der Operation ein Abformpfosten gesetzt und mit einem Index versehen. Dadurch kann ohne eine Abformung die exakte Implantatposition dem Zahntechniker übermittelt werden.

Postoperativ wurde der Patient instruiert, dreimal täglich mit 0,2 % Chlorhexidindigluconat bis zur Nahtentfernung zu spülen. Zusätzlich wurden für drei Tage Ibuprofen 600 mg, Amoxicillin und Clavulansäure verschrieben.

Der Zahntechniker übertrug die Implantatposition auf das Meistermodell und fertigte am selben Tag das definitive Abutment mit dem idealen Emergenzprofil und eine provisorische Krone an. So konnte der Patient direkt mit dem definitiven Abutment versorgt werden. Nach einer Einheilphase von drei Monaten wurde zur Stabilität der periimplantären Weichgewebsarchitektur das Gewebe verdickt. Eine sehr gute Technik dafür ist die Entnahme eines entepithelialisierten Transplantats aus der Tuberregion. Dies wurde mit der Tunneltechnik eingebracht und mit Nähten fixiert.

Die definitive Versorgung des Implantats erfolgte nach einer Einheilzeit von acht Wochen. Im finalen Bild lässt sich gut erkennen, dass das Volumen erhalten werden konnte.

Fazit und Diskussion

Trotz des großen Defekts ließ sich in diesem Fall ein sehr gutes Ergebnis erzielen. Durch die Bone-Lamina-Technik kann bei der Sofortimplantation die vestibuläre knöcherne Wand verstärkt oder sogar wieder hergestellt werden. Die Technik ermöglicht eine biologische Regeneration von vitalem Knochen. Somit kann das Volumen der Alveole erhalten werden. Dieses präventive einzeitige Vorgehen ermöglicht es, in der Front eine ideale Ausgangssituation für den Langzeiterfolg und die Ästhetik zu schaffen. Um den Erfolg und die Stabilität des Behandlungsergebnisses dieser Methode nach Jahren bestätigen zu können, sind weitere Langzeitstudien abzuwarten.

Dr. Paul Leonhard Schuh

studierte Zahnmedizin in Witten/Herdecke und ist zurzeit in der Weiterbildung in der Bolz-Wachtel Dental Clinic in München tätig.

Kontakt: p.schuh@bolz-wachtel.de