Wie gelingen langzeitstabile, ästhetische Implantatversorgungen mit guter Voraussagbarkeit?

CAMLOG Kongress: Mehr Patientenkomfort

Unter dem Motto „Tackling everyday challenges“ fand vom 9. bis 10. Juni der 6. Internationale CAMLOG Kongress in Krakau statt. Im Fokus standen aktuelle Entwicklungen in der dentalen Implantologie und deren Umsetzung in der Praxis. Mit mehr als 1300 Teilnehmern aus 33 Ländern konnte CAMLOG erneut einen Besucherrekord verbuchen.



Wie gelingen langzeitstabile, ästhetische Implantatversorgungen mit guter Voraussagbarkeit? Was ist bei der Hardware zu beachten, was bei chirurgischen und prothetischen Methoden? Welche Rolle spielen Diagnostik und Planung? Wie können periimplantäre Hart- und Weichgewebe stabil gehalten werden? Um diese Fragen drehte sich der 6. Internationale CAMLOG Kongress. Antworten lieferten – unter der Leitung der Kongresspräsidenten Prof. Dr. Frank Schwarz, Düsseldorf, und Prof. Dr. Piotr Majewski, Krakau – mehr als 76 Referenten und Chairs aus zwölf Ländern in mehr als 35 wissenschaftlichen Vorträgen und Workshops.

Die Grundprinzipien der Behandlungsplanung, ob im Seitenzahnbereich oder in der ästhetischen Zone, standen am ersten Kongresstag im Fokus. „Behandlungsplanung für die tägliche Praxis“ lautete entsprechend der Titel des Auftaktvortrags von Kongresspräsident Majewski. A und O für den Erfolg sei die Fallselektion, betonte er. Das gelte vor allem für die Sofortimplantation.

Sofortimplantation – ja oder nein

Sollte man also sicherheitshalber konventionell vorgehen? Nur dann, wenn die Sofortimplantation in der ästhetischen Zone wirklich kontraindiziert ist, meint Dr. Paul Sipos, Amsterdam. Denn bei korrekter Diagnose und exakter Behandlungsplanung ließen sich per Sofortimplantation aufwendige Augmentationen vermeiden. Anhand unterschiedlicher Fallbeispiele demonstrierte er, wann welches Vorgehen indiziert ist und die besten Ergebnisse liefert. Nicht der Zeitpunkt der Implantation sei der entscheidende Faktor für die beste Ästhetik, sondern das richtige Timing für Weich- und Hartgewebsvermehrung und die korrekte Implantatposition, vertritt PD Dr. Michael Stimmelmayr, Cham. Er favorisiert die Sofortimplantation im Frontzahnbereich nur dann, wenn das Knochenvolumen garantiert dafür reicht und die bukkale Lamelle vorhanden ist. Die „jumping distance“, also den Spalt zwischen Implantat und Alveolenwand, füllt er grundsätzlich auf. Die Sofortimplantation und die verzögerte Sofortimplantation seien komplizierter als das konventionelle Vorgehen, stellte er heraus, erforderten aber weniger Augmentationen als die Spätimplantation.

Nicht aus ästhetischen Erwägungen, sondern mit Blick auf den Patientenkomfort ziehe man Sofortimplantation und -belastung im Seitenzahnbereich in Betracht, wie Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas, Mainz, ausführte. Die Sofortbelastung empfiehlt er aber nur beim „zahnlosen Kiefer“, da sei sie „well documented“. Bei noch teilweise bezahnten Patienten sei die Datenlage dagegen dürftig. Von Sofortimplantationen in entzündete Alveolen hält Al-Nawas wenig: „Muss man das wirklich tun?“, fragte er.

Kurze Implantate – mehr Patientenkomfort

Mehr Patientenkomfort versprechen auch kurze Implantate. Das zeigte Prof. Dr. Dr. Dr. Robert Sader, Frankfurt. Doch wie kurz ist heute kurz? „Hier fehlt es an Konsens“, sagt Sader. Die Spanne reiche von 5 bis 10 mm, inzwischen diskutiere man sogar schon über 4-mm-Implantate. Damit kann er sich aber nicht anfreunden. 6 bis 8 mm hält er dagegen für eine „vernünftige Kürze“. Die 7-mm-CAMLOG-Implantate (mit Platformswitch) betrachtet er als „gute Alternative zu Knochenersatzmaterial“. Indiziert seien die Kurzen aber ausschließlich im Seitenzahnbereich (subkrestal implantiert, gedeckt eingeheilt) und nicht in der ästhetischen Zone, betonte er. Eine aktuelle systematische Literaturstudie zeige, dass kurze Implantate (≤ 8 mm) im Seitenzahnbereich in Bezug auf Überleben, marginalen Knochenabbau und prothetische Komplikationen längeren Implantaten ebenbürtig sind. Sader formulierte in Krakau aufgrund von Finite-Elemente- und Mikro-CT-Studien die These, dass der periimplantäre Knochen um kurze Implantate aufgrund der höheren Krafteinwirkung pro Fläche eine dichtere trabekuläre Struktur entwickelt als um längere Implantate. In einer eigens initiierten klinischen Studie testet sein Team momentan die Erfolgsaussichten von CONELOG SCREW-LINE 7-mm-Implantaten im Oberkiefer-Seitenzahnbereich zur Vermeidung eines Sinuslifts.

Periimplantitis vermeiden

Um Knochenverlust infolge Periimplantitis diagnostizieren zu können, sollte laut Prof. Dr. Mariano Sanz, Madrid, zunächst zum Zeitpunkt der prothetischen Versorgung ein aussagekräftiges Röntgenbild aufgenommen werden. Bei allen Recall-Sitzungen sei zudem eine Sondierung angezeigt, damit entzündliche Vorgänge erkannt werden. Eine frühzeitige Behandlung von Mukositissymptomen sei die beste Vorbeugung gegen Periimplantitis. Sanz sieht eine günstige periimplantäre Weichgewebsarchitektur ebenfalls als zentralen präventiven Faktor. Diese hängt wiederum zum Teil von der Gestaltung der transmukosalen Zone und damit der Implantat-Aufbau-Verbindung ab.

Dichtigkeit und Stabilität

Prof. Dr. Katja Nelson, Freiburg, untersuchte im Ringbeschleuniger der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) unterschiedliche Implantatsysteme auf Dichtigkeit und mechanische Stabilität. Nach ihren Ergebnissen gibt es zum Beispiel bei konischen und Flach-zu-Flach-Tube-in-Tube-Verbindungen keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Größe des Mikrospalts und die Stabilität der Verbindung.
Zu beachten sei aber, dass dünne Implantate sich bei Belastung relativ stark und auch permanent verformen und damit den krestalen Knochen möglicherweise fehlbelasten. Zudem komme es durch Überlastung der Implantatwand häufig zu Frakturen, besonders im Seitenzahnbereich. Dies gilt nach Nelsons Beobachtungen primär bei konischen und weniger bei Flach-zu-Flach-Verbindungen, da hier die Last in den Implantathals geleitet wird.

Pre-Kongress

Implantation und Prothetik lassen sich am Computer in neuer Dimension planen; standardisierte Methoden und Materialqualität erlauben besser voraussagbare Ergebnisse. Dies funktioniert aber nur mit geeigneter Technologie und fundiertem Wissen, wie Experten aus Hochschule, Praxis und Labor in Krakau zeigten.

Digitale Zukunft in der Implantologie

Wohin führt der digitale Weg? Werden wir zum Beispiel in Zukunft nur noch mit virtuellen Modellen arbeiten? Antworten lieferte der Digital Dentistry Pre-Congress am Vortag. Das Team Dr. Peter Gehrke, Ludwigshafen, und ZTM Carsten Fischer, Frankfurt, zeigte sich überzeugt, dass „analoge Arbeitsschritte uns noch eine lange Zeit begleiten werden“. Die digitale Zukunft gehöre eindeutig offenen Systemen mit unverfälschten STL-Dateien. Erste geschlossene Systeme seien bereits vom Markt verschwunden. Wer Komponenten kombiniere, sollte aber alle Anbieter und Partner kennen und kompetent mit ihnen kommunizieren. Damit sich digitale Techniken durchsetzen, müssen nach Überzeugung von Prof. Dr. Florian Beuer, Berlin, alle Beteiligten Blockaden im Kopf überwinden.

Analoge Prozesse digital zu kopieren, führe nicht zum Ziel. Viele Beispiele zeigten in Krakau, wie sich analog und digital ergänzen und vollkommen neue Möglichkeiten eröffnen. Der Oberbegriff CAD/CAM sei kein Gütesiegel, vielmehr ein Sammelbegriff, warnte Gehrke. Es gelte, die handwerklichen Skills mit der neuen Technik zu verknüpfen. Stimme die Implantatposition nicht, könne keine CAD/CAM-Fertigung das Outcome retten. Die Zusammenarbeit von Chirurgie und Prothetik sei der Erfolgsgarant für ästhetische Ergebnisse.

Ebenfalls am Vortag skizzierte die CAMLOG-Führungsmannschaft die Erfolgsgeschichte des Unternehmens. Jedes vierte in Deutschland verkaufte Implantat ist heute ein CAMLOG-Implantat und jedes dritte CAMLOG-Implantat wird außerhalb Deutschlands verkauft. Seit dem ICC 2014 hat das Unternehmen zehn neue Produkte und Behandlungskonzepte auf den Weg gebracht. Und mit dem Einstieg in das Keramikimplantatsegment geht das Wachstum weiter. Die Vereinbarung mit Axis Biodental erweitere das CAMLOG-Produktangebot, das nun über eine breite Palette von Keramikimplantaten, prothetische Komponenten und ein einfach zu bedienendes Chirurgie-Kit verfüge.

Kontrovers diskutiert

Der Höhepunkt der beiden Kongresstage bildete ebenfalls den Abschluss. In „Streitgesprächen“ wurden unterschiedliche Meinungen heiß diskutiert. Das Publikum hatte jederzeit die Möglichkeit, Fragen via App einzubringen, die dann in der Diskus¬sionsrunde aufgegriffen wurden.

So zeigte Privatdozent Dr. Markus Schlee, Forchheim, Zweifel an der ätiologischen Hauptrolle des Biofilms. Auch andere Referenten bewerteten dies in ihren Beiträgen ähnlich. Oft sei unklar, warum manche Patienten Periimplantitis bekämen, andere dagegen nicht. Da verfügbare Therapiemethoden eine unsichere Prognose hätten, bevorzugt Schlee in vielen Fällen Explantationen und gegebenenfalls erneute Implantationen. Der amtierende DGI-Präsident Schwarz hielt dem entgegen, dass noch in keiner Studie ein Knochenabbau ohne biofilminduzierte Entzündung nachgewiesen werden konnte. Auch therapeutisch seien verschiedene Methoden nachweisbar erfolgreich, je nach Situation müssten Implantatoberflächen mit rotierenden Instrumenten geglättet werden. Alle Referenten waren sich einig, dass eine ganze Reihe von Faktoren periimplantäre Entzündungen begünstigt, darunter Parodontitis, Qualität und Quantität von Weichgeweben, Implantatposition, Zementreste im Sulkus (Gegenmittel: Faden legen) und Oberflächenbeschaffenheit von Implantat, Aufbau und Restauration.