Neues Feilensystem Procodile

Zuverlässiges reziprokes System für Allrounder und Spezialisten

Durch die Fülle auf dem Markt befindlicher Wurzelkanalinstrumente wird die Entscheidung für oder gegen ein System immer schwieriger. Doch jeder Zahnarzt wünscht sich ein zuverlässiges System, das nach Möglichkeit für 100 Prozent der Behandlungen geeignet ist. Der Autor findet, dass sowohl Kritiker als auch Befürworter von reziproken Systemen einen Ausflug mit Procodile wagen sollten.


Niemann Procodile Wurzelfeilensystem Aufbereitung

Aufbereitung mit der grünen Procodile Feile. © Niemann


Seit der Wiedergeburt von reziproken Systemen, welche bereits 1985 durch Roane mit dem Begriff „Balanced-Force-Technik“ beschrieben wurden, erfreuen sich diese Systeme an immer höher werdender Beliebtheit. Viele Hersteller versprechen die Reduktion des Instrumentariums bei gleichbleibender universeller Einsetzbarkeit und effizienter Aufbereitung. Gerade im Alltag ist es für den Allrounder wichtig von einem zuverlässigen System begleitet zu werden.

Reziprok vs. rotierend

Immer wieder hören wir von Microcracks im Dentin, welche speziell bei reziproken Systemen vermehrt auftauchen sollen. Einige Studien konnten dies bestätigen (Bürklein, 2013), andere haben dies jedoch widerlegt (Liu, 2013). Zusammenfassend kann von einer heterogenen Studienlage gesprochen werden, wodurch jedes Feilensystem hinsichtlich dieses Problems einzeln betrachtet werden sollte. Auch kann der individuelle Fall entscheidend sein.

Um das Risiko von Microcracks zu minimieren, sollte das Feilensystem aufgrund seines grazilen Designs in der Lage sein, möglichst viel Raum für Debris zu bieten und diesen nach koronal zu transportieren. Durch den variabel getaperten Feilenkern ist der Spanraum der neuen Procodile Feile (Komet Dental) gegenüber anderen Systemen erhöht. Infiziertes Gewebe wird noch effizienter aus dem Kanal abgetragen und das Risiko von Microcracks minimiert.

Das Screw-In-Risiko

Ein immer wieder auftretendes Problem bei reziproken Systemen ist der Screw-In-Effekt. Hierbei kommt es zu einer unkontrollierten Aufbereitung des Kanalsystems mit der Gefahr der Überinstrumentierung. Einerseits tritt dieses Problem, wie von Ha und Park 2012 beschrieben, aufgrund eines mangelnden Gleitpfades auf, welcher laut Studie mindestens einer ISO Gr. 020 entsprechen sollte. Anderseits sind das Design und die Bewegung des Wurzelkanalinstrumentes entscheidend. Wie 2016 durch Kim beschrieben, ist der Querschnitt, welcher möglichst gering sein sollte, um eine hohe Flexibilität zu gewährleisten, ebenfalls bedeutend.

Genau hier setzt das neue reziproke Feilensystem Procodile an. Das intelligente Design der Feile bietet mit seinem variabel getaperten Kern und dem Doppel-S-Querschnitt eine deutlich verbesserte Flexibilität. Damit sind selbst gekrümmte Wurzelkanäle sicher und formkongruent aufzubereiten. Mittels eines speziellen Antriebes, wie der EndoPilot von Komet Dental, welcher zur sog. ReFlex Bewegung fähig ist, die wiederum die Vorteile rotierender und reziproker Bewegungen vereint, ist die Aufbereitung von komplexen Kanalstrukturen deutlich sicherer und weniger frakturanfällig. Der Screw-In Effekt ist auf ein Minimum bis fast gänzlich reduziert, wodurch das System sehr gut kontrollierbar und auch für jeden Allrounder geeignet ist.

Fallstudie

Der 70-jährige Patient erschien aufgrund nicht lokalisierbarer Beschwerden im Unterkiefer links in meiner Sprechstunde. Der Zahn 37 reagierte leicht positiv auf den Perkussionstest und stark positiv auf eine Sensibilitätsprüfung. Diagnose: Akute irreversible Pulpitis mit symptomatischer apikaler Parodontitis. Nach der ersten diagnostischen Röntgenaufnahme und Aufklärung des Patienten wurde die endodontische Behandlung begonnen.

Nach Leitungsanästhesie wurde der Kofferdam angelegt und die Zugangskavität präpariert. Hierbei wurde auf eine möglichst kleine Zugangskavität geachtet. Dennoch ist es wichtig, dass Unterschnitte vermieden werden und die Sicht in den jeweiligen Wurzelkanal ausreichend möglich ist.

Nach Darstellung des Pulpenkammerbodens wurden die Kanalorificien mit einem reziproken Opener (OPR08L19, Komet Dental) dargestellt (Abb. 1). Anschließend konnte mit einer K-Feile in ISO 010 und anschließend ISO 015, unter Berücksichtigung der elektrometrischen Längenmessung (EndoPilot, Komet Dental) ein Gleitpfad hergestellt werden.


Die Aufbereitung erfolgte mittels Procodile Feilen in der Zielgröße 035/.05 (PR05L25, Komet Dental) für die mesialen Kanäle und 045/.04 (PR04L25, Komet Dental) für den distalen Kanal (Abb. 2). Die elektrometrische Längenmessung erfolgte simultan während der Aufbereitung und wurde nochmals nach Abschluss der Aufbereitung mittels einer K-Feile ISO 015 verifiziert. Die Kombination aus sehr langen Wurzelkanälen (mb24,5mm, ml24mm, d23mm) und eine leichte Dilazeration hat die Aufbereitung leicht erschwert, welche das Feilensystem im ReFlex Dynamic Modus jedoch zuverlässig, souverän und sehr gut kontrollierbar absolviert hat. Für schwierige Kanäle ist übrigens der ReFlex Smart Modus geeigneter und besonders fürs Allrounder eine gute Sicherheitsvorkehrung.

Die chemische Desinfektion wurde ultraschallaktiviert mittels NaOCl (5%) und EDTA (17%) durchgeführt, um alle organischen und anorganischen Anteile sowie den Smearlayer zu entfernen.

Die Längenmarkierungen der Guttaperchaspitzen sind so präzise, dass ein vorheriges Kürzen der Masterpoints auf Arbeitslänge wie in Abb. 3 nicht mehr notwendig ist. Dennoch wurde hier zur Absicherung das Kürzen der Masterpoints auf Arbeitslänge bevorzugt und eine Röntgenaufnahme angefertigt (Abb. 4). Die Trocknung der Kanäle wurde mit auf das Procodile System abgestimmten Papierspitzen erreicht. Die Obturation wurde mit passenden Guttaperchaspitzen aus dem Procodile System und AH-Plus warm-vertikal durchgeführt (Abb. 5-6). Der Verschluss der Kavität erfolgte mit Flow-Kompositen und einem stopfbarem Komposit.

Fazit

Das neue Feilensystem Procodile von Komet Dental überzeugt unmittelbar. Allroundern und Spezialisten werden eine Vielzahl an sinnvollen Zielgrößen geboten. Der ReFlex Modus erweitert den Indikationsbereich der Feilen ernorm, wodurch das System universeller und wirtschaftlicher ist als andere Systeme. Mich persönlich als Nutzer von rotierenden Instrumenten hat die extreme Schnittfreudigkeit und die hohe Kontrollierbarkeit bei nahezu ausbleibendem Screw-In-Effekt überzeugt. Das System minimiert Fehlerquellen und bietet eine hohe Sicherheit für jeden Allrounder und Spezialisten. Aufgrund des Vorhandenseins von vielen guten Feilensystemen auf dem Markt entscheidet oft das subjektive Empfinden eines Behandlers über den Gebrauch. Sowohl Kritiker als auch Befürworter von reziproken Systemen sollten einen Ausflug wagen. Procodile beseitigt Vorurteile und setzt bereits bekannte Vorteile souverän und zuverlässig um.

(Erstpublikation in: Endodontie Journal 2/19, OEMUS Media AG)


Der Experte

Porträt Niels Niemann

Niels Niemann
leitet seit 2019 die Abteilung für Endodontie in den AllDent Zahnzentren Frankfurt, Stuttgart und München.
n.niemann@alldent.de