„100 years IDS – shaping the dental future“

Im Mittelpunkt des Behandlungszimmers

Die Internationale Dental-Schau (IDS) ist seit ihren Anfängen eng verknüpft mit den Entwicklungslinien der Behandlungseinheiten. Eine Einschätzung gibt Dr. Markus Heibach, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Dental-Industrie e.V. (VDDI).


Stand: HEKA, Halle 10.2


Herr Dr. Heibach, warum gehören die IDS und zahnärztliche Behandlungseinheiten so eng zusammen?
Dr. Markus Heibach (MH): Das liegt auf der Hand: Die Behandlungseinheit ist Mittelpunkt eines jeden Behandlungszimmers. Sie beeinflusst wesentlich den Komfort bei der Behandlung, eine ergonomische Arbeitsweise und das Gesamtambiente. Das Design wirkt auch auf den Patienten und beeinflusst seinen Eindruck von der Praxis und ihrem Team. Kurz: Es handelt sich um eine der wichtigsten Investitionen.

Auf welchem Wege gehen Praxisinhaberin beziehungsweise Praxisinhaberinnen an dieses Thema heran?
MH: Eine sorgfältige Auswahl von Behandlungseinheiten stellt den Schlüssel zu vielen Jahren klinisch erfolgreicher und ergonomischer Arbeit dar. Idealerweise führt der Weg durch die Kölner Messehallen. Denn auf der IDS lassen sich in kurzer Zeit so viele Modelle vergleichen wie an kaum einem anderen Ort. Oft zahlt es sich aus, das Team einzubinden und gemeinsam nach Köln zu fahren.

Welche Trends manifestieren sich auf der IDS?
MH: Der Blick auf ein ganzes Jahrhundert Internationale Dental-Schau, von 1923 bis heute, zeigt: In puncto Behandlungseinheiten hat sich viel bewegt. Insbesondere flossen Erkenntnisse aus der Ergonomie in das Design ein. Als Sensation zeigten die Aussteller auf der IDS ab den 1960er Jahren Behandlungseinheiten für die sitzende Behandlung am liegenden Patienten. Der Übergang auf die neue Arbeitsweise vollzog sich dann zu Beginn der 70er Jahre.

In den 1960er Jahren erfolgte der Übergang von der Kombination „stehender ­Behandler, sitzender Patient“ zum „sitzenden Behandler am liegenden Patienten“ – heute selbstverständlich, damals sensationell.

Woran erkennt man denn eine ergonomische Haltung?
MH: Wenn der Zahnarzt mit aufrechtem Rumpf, ohne Rotation oder Beugung, auf seinem Stuhl sitzt, sollte nach der reinen Lehre eine durch den siebten Halswirbel und den vierten Lendenwirbel gedachte Gerade genau vertikal verlaufen. Was zunächst kompliziert klingt, konnte man am Messestand ganz einfach ausprobieren und sich dabei von den Experten vor Ort beraten lassen. So kommt man sehr nahe an Ihre physiologische Optimalhaltung.

Aktuelle Behandlungseinheiten bieten viel Komfort, auch im Vergleich mit ihren „historischen“ Vorgängern.

Gibt es dafür unterschiedliche Grundkonzepte?
MH: Ja sicher, beim sogenannten Zwölf-Uhr-Konzept führt eine Arbeitsweise, bei der im Wesentlichen nur die Unterarme aktiv werden, zu einer natürlichen und stabilen Körperhaltung. Alternativ dazu nimmt der Zahnarzt seine Grundposition auf acht bis zwölf Uhr ein, und die Assistenz befindet sich auf zwei Uhr. Hier kommt es auch darauf an, ob unter direkter oder indirekter Sicht, also über den Mundspiegel, gearbeitet wird. Zum Beispiel lautet eine Faustregel für „Oberkiefer rechts“: Neun-Uhr-Position bei direkter und zehn bis elf Uhr bei indirekter Sicht. Für jede Philosophie finden sich auf der IDS mehrere Beispiele, so dass jede Besucherin und jeder Besucher für sich das Beste herausholen kann.

Wo lagern idealerweise die Instrumente?
MH: Auch hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten – jede davon mit eigenen Stärken. Eine Option besteht in der Schwingbügelkonstruktion: Das Arztelement schwebt sehr dicht direkt über dem Patienten, was für ergonomisch günstige kurze Greifwege sorgt. Tendenziell wird allerdings wegen der Aerosolwolke aus dem Patientenmund ein eher hoher Hygieneaufwand notwendig.

Auch das Gesamtkonzept ist wichtig: die Behandlungseinheit inklusive Einrichtung und Beleuchtungskonzept.

Was wäre die Alternative?
MH: Als Alternative stehen Verschiebebahngeräte bereit: Das Arztelement ist fest mit dem Patientenstuhl verbunden und wird nach Bedarf parallel zum Patienten verschoben. Das kann manuell oder per Motor erfolgen. Bei der motorisierten Version lässt sich, je nach Modell, sogar die genaue Position vorprogrammieren und während der Behandlung per Knopfdruck anfahren.

Welche wichtigen Fragestellungen würden Sie darüber hinaus auf eine IDS-Checkliste für die Investition in eine Behandlungseinheit schreiben?
MH: Es gibt Rechts- und Linkshänder und für beide die richtig konfektionierte Behandlungseinheit. Wer Kinder und Erwachsene behandelt, braucht ein größenverstellbares Modell. Die reine Kinderzahnarztpraxis wird auch auf ein lustiges Design achten. Und für die Alterszahnheilkunde werden in Zukunft verstärkt Einstiegshilfen und andere Komfortelemente wichtig werden.

Stärker in den Vordergrund rücken zurzeit Behandlungs-Rollstühle für betagte Patienten.

Nun steht eine Behandlungseinheit in Beziehung zu anderen Einrichtungselementen. Was rückt dabei in den Vordergrund?
MH: Wir wissen heute, dass, ebenso wie Ergonomie, Beleuchtung ein Konzept braucht, in das sich die Behandlungseinheit integriert. Eine gute Grundlage sind dabei warmes Tageslicht aus LEDs und 2000 Candela Lichtstärke auf allen Flächen. Tendenziell kommt den inzwischen zahlreichen Peripheriegeräten und ihrer Anbindung an die Behandlungseinheit eine größere Bedeutung zu. Fluoreszenzkameras, Intraoralscanner und Monitore für die Kommunikation mit dem Patienten oder ein extra Bildschirm für die Ablenkung der Jüngsten lassen sich in unterschiedlicher Weise andocken. So können sie zum Beispiel fest in das Arztelement installiert werden, oder das Team fährt sie je nach Bedarf mit einem Cart an die Behandlungseinheit heran.

Um für die jüngsten Patienten den Aufenthalt in der Praxis zu einem positiven Erlebnis werden zu lassen, haben sich Dental-Designer über die vergangenen 100 Jahre viel einfallen lassen.

Herr Dr. Heibach, eine kleine Schlussfrage: Wie lautet Ihr persönliches Fazit zur IDS?
MH: Unser offizielles Motto finde ich richtig gut: „100 years IDS – shaping the dental future“. In den vergangenen Minuten ist mir darüber hinaus klargeworden, dass dabei stets ein zweites, ganz ähnliches Fazit mitklingt: „100 years IDS – shaping the dental unit“.

Herzlichen Dank für Ihre umfangreiche Einschätzung, Herr Heibach.