ClearCorrect: Lernen in Kleingruppen
2020 gab es deutschlandweit ca. 120.000 Alignerbehandlungen, in fünf bis sechs Jahren rechnet man mit 500.000. Der Markt entwickelt sich rasant. Auch viele Zahnärzte haben diese Entwicklung erkannt, doch ohne Fortbildung kann es schwerfallen, an diesem Trend langfristig zu partizipieren. Die Straumann Gruppe reagiert mit neuen Schulungsformaten wie das ClearCorrect Case Café. Henrik Welbers, Head of Orthodontics und Jens Christian Haug, Head of Product Management Clinical Digital & Ortho, beide Straumann Deutschland, stellen das neue Konzept vor.
Seit wann gibt es das Fortbildungsformat „Case Café“, und was ist das Besondere?
Welbers: Das Fortbildungsformat Case Café gibt es bei Straumann in anderer Form schon länger. Neu ist: Die Case Café-Reihe 2021 verknüpft erfolgreich viele Erfahrungspunkte aus der Vergangenheit. Im Rahmen des Case Cafes kombinieren wir die digitale Behandlungsplanung mit der klinischen Umsetzung in der Praxis, sodass ClearCorrect-Anwender klinische Protokolle erlernen, um die Vorhersagbarkeit der 3D-Behandlungsplanung zu erhöhen.
Zum Beispiel?
Welbers: Wir haben gelernt, dass der wiederkehrende Austausch in einer festen kleinen regionalen Gruppe von Behandlerinnen und Behandlern einen deutlich besseren Lerneffekt gegenüber Einzelveranstaltungen hat. Daher ist die Case-Café-Reihe 2021 der Startschuss für eine wiederkehrende, mehrjährige Ausbildungsreihe. In Kleingruppen kann jeder zu Wort kommen, und die Teilnehmer haben weniger Hemmungen, über Herausforderungen während der Behandlung zu sprechen. Die Interaktion ist einfach persönlicher. Weil sich jeder gut einbringen kann, steigt der Lernerfolg der ganzen Gruppe.
Rücken Onlineformate somit nun eher in den Hintergrund?
Welbers: Das nicht, auch Onlineformate sind gefragt und werden weiterhin angeboten. Doch wir sehen derzeit eine gewisse „digitale Erschöpfung“ bei unseren Kunden. Der Wunsch nach mehr physischen Veranstaltungen ist schon sehr ausgeprägt.
Kleingruppen-Formate liegen demnach im Trend?
Haug: Wir orientieren uns an den Wünschen unserer Kunden und diese sind eindeutig: klinische Ausbildung, physisch und interaktiv, wenig Frontalunterricht, mehr kollegialer Austausch und gemeinsames Lernen. Und das sind die Case Cafés!
Ist die Aligner-Therapie beratungsintensiver als andere zahnmedizinische Behandlungen?
Welbers: Es hängt sowohl vom Patientenwunsch bzw. Behandlungsziel als auch der Routine der Behandlerinnen und Behandler ab. Wer mehrere 100 Fälle mit ClearCorrect erfolgreich behandelt hat, ist natürlich geübter in Sachen Beratung als ein Newcomer.
Haug: Es gibt tatsächlich Unterschiede zwischen Beratungen zur Aligner-Therapie und anderen Bereichen der Zahnmedizin. Wir sehen, dass der Aligner-Patient häufig besser aufgeklärt und informiert ist. Die Patientenkommunikation scheint besser zu laufen. Vor allem der Service muss stimmen, damit sich der Patient für eine Behandlung in der jeweiligen Praxis entscheidet.
Welbers: Wir haben dafür spezielle Ausbildungsformate geschaffen.
Was sind typische Knackpunkte in der Aligner-Therapie?
Welbers: Die Patienten-Compliance ist ein großes Thema in der Aligner-Therapie, besonders wenn die Behandlung länger dauert als zwölf Monate. Aligner haben den großen Vorteil, dass sie herausnehmbar sind, die Mundhygiene während der Behandlung ist insofern deutlich erleichtert. Gleichzeitig steigt aber auch das Risiko, dass Patienten die Aligner so nicht regelmäßig und konsequent tragen und dadurch Bewegungen nicht so stattfinden, wie ursprünglich geplant.
Wie lässt sich der Patient zum konsequenten Tragen motivieren? Gibt es spezielle Hilfsmittel?
Welbers: Wenn die direkte Motivation der Behandlerinnen und Behandler nicht reicht, kann eine ergänzende digitale Behandlungkontrolle mit Dental Monitoring durch regelmäßige Scans die Patienten-Compliance erhöhen, da der Patient aktiv in die Behandlung mit einbezogen wird.
Sie bieten in den Case Café-Kursen Unterstützung während der Behandlung, bitte nennen Sie Beispiele.
Welbers: Straumann unterstützt mit einer Reihe von Hilfsmitteln, um ClearCorrect-Anwendern die Behandlung zu erleichtern. Ausbildung hat dabei natürlich die oberste Priorität, damit Behandlungen komplikationslos laufen. Eine Komplikation ist, beispielsweise eine ungewünschte Seitenzahnintrusion und der damit verbundene offene Biss. Durch entsprechende Maßnahmen und Anweisungen in der Verschreibung kann dieser verhindert bzw. korrigiert werden. Hier ist es wichtig, dass vorab in der Verschreibung entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Aligner haben ein weites Indikationsspektrum, bereiten aber auch Schwierigkeiten bei der Umsetzung von komplexen Bewegungen. Insbesondere starke Derotationen der Unterkiefer Eckzähne erfordern eine gute Behandlungsplanung und die Compliance des Patienten.
Tipps & Tricks bei der Verschreibung werden den neuen Kleingruppe-Fortbildungen angeboten, was verbirgt sich dahinter?
Welbers: Die 3D-Behandlungsplanung erfolgt von einem globalen Team von etwa 350 Technikern. Deshalb hat die Verschreibung, die dem klassischen Laborauftrag entspricht, einen besonderen Stellenwert. Durch präzise Formulierungen und Umsetzung individueller klinischer Präferenzen schaffen wir die Basis für eine erste Version der 3D-Behandlungsplanung.
Gibt es bzw. braucht es künftig ein ClearCorrect-Zertifikat?
Haug: Wir arbeiten aktuell an der Neuausrichtung der Inititalausbildung für ClearCorrect-Anwender. Diese Kurse können ein Zertifikat als Qualitätsgarant beinhalten.
Planen Sie 2022 eine Fortsetzung der Case Cafés bzw. weitere Fortbildungsformate?
Haug: Ja, definitiv. Die Nachfrage nach klinischer Ausbildung hat uns selbst überrascht. Gleichzeitig nehmen wir das sehr positive Kundenfeedback zu den Case Cafés zum Anlass, die Zahl der Termine in Deutschland für 2022 zu verdreifachen. Parallel ermutigen wir lokale Behandlergruppen, selbst den Rahmen zu setzen, und auch auf nationaler Ebene werden wir große Events anbieten.
Die Experten
Henrik Welbers
Head of Orthodontics, Straumann Deutschland
henrik.welbers@straumann.com
Jens Christian Haug
Head of Product Management Clinical Digital & Ortho, Straumann Deutschland
jens.christian.haug@straumann.com