Abformtechnik: Gibt es regionale Vorlieben?
Lange hieß es: Der Süden Deutschlands favorisiert die Doppelmischabformung, der Norden schwört auf die Korrekturtechnik. Gilt das noch? Dr. Bernhard Heil (Süden) und ZA Andreas Preiss (Norden) nehmen Stellung.
Die Abformtechnik im Süden
Regionale Favoriten bei der Abformtechnik mag es in der Vergangenheit gegeben haben, doch ob das heute noch so ist, kann ich nicht sagen. Wir im Süden setzen situationsbezogen sowohl die Doppelmisch- als auch die Korrekturabformung ein. Die Doppelmischabformung punktet bei Inlays und Teilkronen sowie bei der Abformung von Übertragungsaufbauten bei der Implantatversorgung mit offenem Löffel. In diesen Indikationen ist die Präzision sehr hoch. Eine Reposition der Abformung ist nicht erwünscht.
Die Korrekturabformung hat sich vor allem bei Kronen und Brücken bewährt. Insbesondere bei sehr langen Pfeilern oder stark subgingivalen Situationen ist sie der Doppelmischabformung klar überlegen.
Wir im Süden setzen situationsbezogen sowohl die Doppelmischals auch die Korrekturabformung ein. Dr. Bernhard Heil
Präparationsgrenzen darstellen
Entscheidend für die Wahl der richtigen Abformtechnik ist die Ergebnisqualität, die in meiner Praxis empirisch bestimmt wurde. Als Grundvoraussetzung für beide Verfahren dient eine gute Darstellung der Präparationsgrenzen. Ich verwende dafür eine Retraktionspaste, die Blutungen reduziert bzw. stillt und die Gingiva – wo nötig – ausreichend verdrängt. Die Einhaltung der angegebenen Verarbeitungszeiten ist selbstverständlich. Der Einsatz von Automixgeräten und Mischkanülen ist für eine perfekte Durchmischung der Abformmaterialien unerlässlich.
Die Abformtechnik im Norden
Bei der Doppelmischabformung ist es zudem sehr wichtig, dass das dünn fließende Material den abzuformenden Zahn komplett umhüllt. Das vermeidet Pressfahnen. Ich arbeite seit 28 Jahren mit Abformmaterial der Firma Kettenbach Dental, anfangs dominierte die Handanmischung, heute wird die Abformmasse natürlich standardmäßig maschinell mit Dispenser und Mischkanüle verarbeitet.
Wir verwenden Panasil tray Soft heavy und Panasil contact plus X-Light. Das Material liefert trotz Feuchtigkeit und Blut sehr gute Ergebnisse, was unter anderem auf die hydrophilen Eigenschaften des Materials zurückzuführen ist. Die absolute Trockenheit ist meiner Erfahrung nach nur extrem selten zu erreichen.
Relevanz des Staudrucks
Der Staudruck des Löffelmaterials ist bei beiden Abformtechniken relevant. Die Löffel müssen unbedingt verwindungsstabil sein. Das Light body benötigt Standfestigkeit bei der Applikation, soll aber auch dünnfließend genug sein, dass alle Feinheiten dargestellt werden. Gleichzeitig darf es sich nicht durch Feuchtigkeit verdrängen lassen.
Sich genügend Zeit für die Abformung zu nehmen, ist erfolgsentscheidend. Denn nur auf einer guten Arbeitsgrundlage kann der Zahntechniker gute Arbeit liefern. Sprich: Lieber eine Abformung wiederholen, als eine Restauration neu anfertigen zu müssen.
Wir im Norden entscheiden uns in 60 Prozent der Fälle für die sehr präzise Korrekturabformung. Alles, was supragingival
ist, wird gescannt. ZA Andreas Preiss
Die Doppelmischabformung ist in meiner Praxis Vergangenheit. Alle Indikationen, die dafür in Betracht kommen – Inlays, Teilkronen, alles, was supragingival ist – scannen wir heute.
Das hat sich bewährt. Es gibt natürlich Ausnahmen: Wird etwa eine Metallkrone gewünscht, (was aber praktisch nie der Fall ist) würden wir die Doppelmischabformung dem Scannen vorziehen.
Korrekturabfomung überwiegt
In unserer Praxis überwiegt dennoch die Korrekturabformung mit zirka 60 Prozent. Denn wir behandeln sehr häufig Defekte, die tief in den Sulkus gehen. Droht eine Retraktionsfadenbewegung, kommt es zu nicht zu stillenden Blutungen oder legt sich die Schleimhaut bei der Entnahme der Retraktionsfäden über die OP-Situation, kann der optische Abdruck keine brauchbaren Ergebnisse liefern.
Bei der Korrekturabformung sorgt dagegen der Stempeldruck dafür, dass die dünnfließende Korrekturphase auch tatsächlich bis über die Präparationsgrenze in den Sulkus fließt. Die Korrekturabformung ist zwar zeitaufwendig, doch liefert beste Ergebnisse.
Verwendet man das richtige Korrekturmaterial – es muss sowohl hydrophil als auch thixotrop sein –, erübrigen sich Wiederholungsabformungen. Wir nehmen Panasil binetics Putty Fast (Kettenbach Dental) für die erste Phase und Panasil initial contact X-Light für die zweite Phase.
Bei Panasil binetics Putty Fast haben wir einen sehr guten Stempeldruck, eine hohe Reißfestigkeit und eine schnelle Verarbeitungszeit, bei Panasil initial contact X-Light eine sehr hohe Abformpräzision – beste Ergebnisse seit mehr als 20 Jahren.
Tipp: Es empfiehlt sich, mit einer Platzhalterfolie zu arbeiten (das Beschneiden der Vorabformung kann dann in der Regel entfallen). Das stellt sicher, dass die Korrekturmasse ausreichend Platz hat, wenn man beispielsweise parallel präparieren musste oder einen langen Pfeiler hat. Es braucht einen dünnen Hohlraum zwischen der ersten Phase und dem Zahnstumpf, wenn man diese Platzhalterfolie entfernt und die zweite Phase nimmt.
Perfekter Löffel ist ein muss
Extrem wichtig ist, dass der Löffel gut passt. Bei der Abformung engständiger Pfeiler muss man die Löffel dorsal immer abdämmen, etwa mit lichthärtendem Kunststoff. Das lässt sich durchaus im Patientenmund bewerkstelligen. Nimmt man im Unterkiefer eine Korrekturabformung, gilt es darauf zu achten, dass der Patient den Mund schließen kann. Bei weit geöffnetem Mund verzieht sich die Unterkieferspange. Die Folge: Das Unterkiefermodell entspricht nicht der Situation im Schlussbiss. Das führt stets zu Problemen mit der Okklusion.
Die Experten
Süden: Dr. Bernhard Heil
Niedergelassen in eigener Praxis in Nußloch
Norden: Andreas Preiss
Niedergelassen in eigener Praxis in Solms