Effektives Zeitmanagement

Reagieren Sie nur oder agieren Sie?

Die vergangenen drei Jahre haben Praxisteams besonders viel abverlangt: Personalmangel, Budgetierung und dazu noch die Coronapandemie. Vor lauter neuen Informationen, Handlungsempfehlungen, Regeln, Vorschriften, neuen Gesetzen und/oder deren Änderung waren viele Praxisinhaber und ihre Teams nur damit beschäftigt zu reagieren. Nun ist es an der Zeit, wieder zu agieren. Michael Kreuzer ist Geschäftsführer der ZahnÄrzteBeratung BestPraxis in München. Als langjähriger Unternehmensberater weiß er, wie Praxisinhaber Zeit, Geld und Nerven sparen und wieder auf Spur kommen.


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Es gibt Zeiten, in denen wir unser langfristiges Ziel vor Augen haben und unsere Bemühungen in diese Richtung gehen. Es gibt aber auch leider Zeiten, in denen wir von den externen Einflüssen einfach überrollt werden und es nur darum geht, den Alltag zu meistern. So eine Zeit hatten wir gerade und spätestens jetzt ist es an der Zeit, das Glück wieder in die eigenen Hände zu nehmen und uns wieder auf unser Langfristziel zu fokussieren.

Die Säge schärfen
Immer wieder berichten mir neue Mandanten, dass sie jedes Jahr zwar mehr arbeiten, aber die Ergebnisse bestenfalls gleichbleiben – wenn nicht sogar sinken. Zu diesem Thema eine kleine Geschichte:
Ein Wanderer geht an einem sonnigen Herbsttag durch einen Wald. Weit entfernt hört er nach einer Weile, wie zwei Holz­fäller fluchen. Der Wanderer nähert sich dem Ort des Geschehens und er sieht, wie die beiden Holzfäller mit einer Zwei-Mann-Säge einen Baumstamm zersägen, der auf dem Boden liegt. Der Wanderer beobachtet das Spektakel einige Minuten. Dann ergreift er die Initiative und spricht die beiden Holzfäller an: „Entschuldigen Sie bitte! Aber meine Herren, Ihre Säge ist doch ganz stumpf – sie sollten diese unbedingt schärfen!“ ­Darauf antworten die beiden Holzfäller mürrisch: „Dazu ­haben wir keine Zeit!“ und arbeiten mit ihrer stumpfen Säge weiter.
Mit dieser kurzen Geschichte sollten sich gleich ein paar Fragen auftun: Wie sieht es eigentlich bei mir aus? Arbeite ich in meiner Praxis mit dem richtigen Werkzeug? Bin ich an dem richtigen Baum? Und weiß ich überhaupt, wie viel Holz ich brauche?
Nun können Zahnärzte ihr „Werkzeug“ mit ihren Instrumenten gleichsetzen. Ich empfehle aber auch, die Mitarbeitenden, Leistungen, Praxisorganisation, das Marketing und das gesamte Praxisumfeld in diese Überlegungen mit einzubeziehen.

Wofür steht der Baum?
Der Baum sind die Patienten. Hat man also die richtigen ­Patienten in der Praxis und auch genügend davon? Und das Kleinholz könnte man mit Geld bzw. Umsatz gleichsetzen. Wer weiß genau, wie viel Umsatz zu erwirtschaften ist?
Kurz gesagt: Existenziell wichtig ist ein Plan, wie viel Umsatz mit welchen Patienten über welche Leistungen erwirtschaftet werden muss oder die Formulierung eines Zielumsatzes. Wem das fehlt, sollte sich unbedingt Gedanken darüber ­machen – gegebenenfalls mit externer Unterstützung. Ja, Krisen haben viele Nachteile, der Vorteil ist aber, dass sie uns die Gelegenheit gegeben haben, viele Dinge zu überdenken.

Unternehmerzeit einplanen
Zahnmediziner denken immer an das Wohl ihrer Patienten, jedoch ist es auch erforderlich, als Unternehmer an das eigene Wohl zu denken. Da man als Selbstständiger immer mehr Aufgaben hat als Angestellte, braucht man auch für die Führung und Weiterentwicklung der eigenen Praxis Zeit, die 
„Unternehmerzeit“ wie ich sie nenne.
Für Praxisinhaber ist es daher sinnvoll, pro Woche mindestens ein bis zwei Stunden Zeit einzuplanen, in der weder behandelt noch die Dokumentation nachgeholt werden, sondern in der es nur um strategische und betriebswirtschaft­liche Aufgaben geht, das heißt die BWA lesen, die Praxis­software auswerten und die nächsten Schritte planen. Oder anders gesagt: „Die Säge schärfen!“
Das kann man natürlich gerne auch mal außerhalb der Praxis an einem Ort tun, an dem man sich wohl fühlt, denn: Diese Unternehmerzeit darf auch angenehm sein.

Mitstreitende suchen
Wer ein Ziel und/oder eine Vision verfolgt, tut gut daran sich Mitstreitende zu suchen. Das hat sich sowohl im Sport, aber auch bei Diäten schon sehr bewährt. Menschen, denen man vertraut, und denen man von den eigenen Zielen erzählen kann, können als eine Art Kontrollorgan dienen. Denn wer will die Menschen seines Vertrauens enttäuschen? Niemand. Daher ist es nur natürlich, dass man noch mehr Energie daransetzt, nur um von Erfolgen berichten zu können.
Im Zusammenhang mit den Praxiszielen sollten sich diese Vertrauten in der Thematik – zumindest etwas – auskennen. Und: Sie sollten auch bereit sowie fähig sein, ein kritisches Feedback zu geben, wenn die Motivation möglicherweise nachlässt oder ein Ziel aus dem Fokus zu geraten scheint. ­Damit scheiden Familienmitglieder oftmals aus, da diese vor kritischem Feedback zurückschrecken. Externe Berater – wie Steuer- oder Unternehmensberater – sind hier oft neutraler.

Fazit
Wer diese Tipps konsequent umsetzt, wird feststellen: Ich komme meinen Zielen näher. Die „Unternehmerzeit“ ist dafür da, die Säge zu schärfen und sich dabei darauf zu konzentrieren, die richtigen Dinge zu tun – statt nur irgendwelche Dinge, möglicherweise sogar die falschen, richtig zu tun. Wer seine Unternehmerzeit mit einem professionellen Sparringspartner verbringt, wird motiviert, sich und seine Praxis in Richtung wirtschaftlichem Erfolg voranzubringen.
Deshalb: Wer ein konkretes Ziel formuliert und es konsequent im Auge behält, wird es auch erreichen.

Zeitmanagementregel: „Effektivität geht immer Vor Effizienz“

Diese Zeitmanagementregel gibt eine gute Struktur, in welcher Reihenfolge man seine Aufgaben am besten erledigen kann. Denn selbst wenn eine Aufgabe noch so effizient erfüllt wird, bleibt es eine Energie- und Ressourcenverschwendung, wenn es sich um eine überflüssige Aufgabe gehandelt hat.
Zwar werden die Begriffe Effektivität und Effizienz immer wieder synonym verwendet, doch tatsächlich haben sie eine unterschiedliche Bedeutung:
  • Effektivität bedeutet die „richtigen Dinge“ zu tun.
  • Effizienz bedeutet die Dinge richtig zu tun.
Um diese Regel für die Zahnarztpraxis zu übersetzen, wird „Dinge“ durch „Patienten“ und „tun“ durch „behandeln“ ersetzt. Dann lautet die „Zahnarztzeitmanagement-Regel“:
  • Effektivität bedeutet, die richtigen Patienten zu behandeln.
  • Effizienz bedeutet, die Patienten richtig zu behandeln.
Also fragen Sie sich bitte einmal:
  • Behandeln Sie die richtigen Patienten?
  • Und: Behandeln Sie diese richtig?
Nehmen Sie sich Zeit, um diese zwei Fragen ehrlich zu beantworten. Dann werden Sie sehen, dass Sie sich viel Zeit, Geld und Nerven sparen können.

Michael Kreuzer
ist Geschäftsführer und Inhaber der ZahnÄrzteBeratung BestPraxis in München. Seit über 25 Jahren ist der Diplom-Kaufmann auf die Beratung von Mandanten aus dem Bereich der akademischen Heilberufe spezialisiert.
www.bestpraxis.de
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