ZFA, ZMF und ZMV in Zahnarztpraxen gesucht

Assistenz aus dem Ausland anwerben?

Zu wenige ergreifen den Beruf der ZFA und ZMV in der Zahnarztpraxis. Teil 2 der Kurzserie zum Thema Fachkräftemangel in deutschen Zahnarztpraxen analysiert genau die Aufgabenprofile von zahnmedizinischen Angestellten und liefert Lösungsansätze für die branchenspezifischen Probleme.


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Hier lesen Sie Teil 1 der Serie “Fachkräftemangel in deutschen Zahnarztpraxen”

Ein Chef ist nur so gut wie sein Team. Doch gerade hochqualifiziertes Personal ist für niedergelassene Zahnärzte nur schwer zu finden. Immer weniger Schulabgängerinnen entscheiden sich für den Ausbildungsberuf der zahnmedizinischen Fachangestellten. Darüber hinaus müssen sich Praxischefs damit befassen, zeitweise oder dauerhaft qualifiziertes Personal zu verlieren, weil ihre vorwiegend weiblichen Angestellten früher oder später den Wunsch hegen, eine Familie zu gründen. Die vergleichsweise geringe Bezahlung der ZFAs verschärft die angespannte Personalsituation zusätzlich. Dennoch gibt es verschiedene Optionen, mit denen Zahnärzte dieser negativen Tendenz aktiv entgegensteuern können.

Eine mögliche Methode wird in anderen Branchen bereits erfolgreich praktiziert: die Integration ausländischer Fachkräfte. Die rechtliche Grundlage für diese Vorgehensweise bildet das Anerkennungsgesetz. Diese Regelung umfasst über 600 Berufe, die jeweils zu den Kategorien „reglementiert“ oder „nicht reglementiert“ gehören. Sobald ein Beruf nicht staatlich reglementiert ist, besteht die Möglichkeit einer direkten Bewerbung auf dem deutschen Arbeitsmarkt mit einer ausländischen Qualifikation. Zu diesen Berufen zählt explizit auch die Zahnmedizinische Fachangestellte. Was die praktische Umsetzung einer solchen Maßnahme betrifft, sollten bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um zu gewährleisten, dass die täglichen Abläufe in der Praxis reibungslos funktionieren.

Vorhandene Sprachbarrieren beseitigen

Es ist beispielsweise unbedingt nötig, vorhandene Sprachbarrieren zu beseitigen. Gute Deutschkenntnisse sind unabdingbar – auch weil es zum Aufgabenbereich der ZFA gehört, mit Patienten zu kommunizieren. Die Mitarbeiterin an der Rezeption oder bei der Stuhlassistenz soll neben ihren administrativen und fachlichen Pflichten auch ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten aufbauen und deren Bindung an die Praxis stärken. Darüber hinaus muss die ZFA in der Lage sein, die Patienten zum Thema Prophylaxe zu beraten und die Anweisungen des Zahnarztes zu verstehen und umzusetzen. Erfahrungsgemäß besteht bei ausländischen Fachkräften eine hohe Motivation, sich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren und fehlende Kompetenzen nachzuholen.

Besonders erfolgversprechend ist die Integration ausländischer Fachkräfte für die Assistenz am Stuhl. Die individuelle Behandlungsstrategie, beispielsweise eine eingeübte Vierhandtechnik, muss der Zahnarzt ohnehin jeder Assistentin vermitteln. Bei vorhandenen Sprachkenntnissen sollte eine ausländische Fachkraft diese Herausforderung ebenso bewältigen wie eine deutsche ZFA. Problematisch ist in diesem Zusammenhang eher der Tätigkeitsbereich der Abrechnung, denn dieses national geregelte Fachgebiet wird im Ausland nicht gelehrt.

Kosten für die Einarbeitung der ausländischen Fachkräfte

Faktoren, die der Praxischef beachten muss, wenn er sich für dieses Modell entscheidet, sind zusätzliche Kosten für die Einarbeitung der ausländischen Fachkräfte und das Risiko, dass diese zeitnah in ihre Heimatländer zurückkehren könnten. Es gibt aber auch Praxen, für die es besondere Vorteile mit sich bringt, Assistenzkräfte aus dem europäischen Ausland einzubinden – so zum Beispiel, wenn der Patientenstamm einen hohen Ausländeranteil aufweist. Hier bietet sich die Möglichkeit, die Patienten in ihrer Muttersprache zu betreuen und zu beraten. Dabei kommt den ausländischen Mitarbeitern auch zugute, dass sie mit den enstprechenden kulturellen Kommunikationsregeln vertraut sind.

Eine Möglichkeit, die ebenfalls schon lange in der Arbeitswelt Anwendung findet, ist die Umschulung von Fachkräften aus anderen oder ähnlichen Branchen. Entscheidet sich ein Praxischef für diese Methode, muss er sich zunächst genau über das Aufgabenprofil seiner Mitarbeiter im Klaren sein, um die passende Branche für ein Recruiting zu finden. Auch Überlegungen zu Differenzen in der Entlohnung verschiedener Berufsgruppen können eine Rolle dabei spielen, wie attraktiv eine Umschulung für potenzielle neue Mitarbeiter ist.

Medizinische Angestellte aus Facharztpraxen

Für die Tätigkeit der zahnärztliche Assistenz am Behandlungsstuhl sind Begrifflichkeiten der Hygiene, der Umgang mit Patienten und die Behandlung im Sprechzimmer relevant, um den Praxischef unterstützen zu können. Deshalb bietet sich hier für die Personalsuche der Gesundheitsmarkt im Allgemeinen an, da zukünftigen Mitarbeiterinnen bereits bestimmte Abläufe und das medizinische Wording vertraut sind. So zum Beispiel medizinische Angestellte aus Facharztpraxen.

Diese Fachkräfte wissen darüber hinaus, welche Faktoren für ein steriles Arbeitsumfeld wichtig sind. Grundwissen über das menschliche Gebiss und die individuelle Vierhandtechnik kann eine motivierte Mitarbeiterin schnell erlernen – dennoch ist eine Umschulung nicht unproblematisch. Im direkten Vergleich verdient eine medizinische Fachangestellte durchschnittlich 258 Euro mehr im Monat als ihre Kollegin in der Zahnarztpraxis. Diese Tatsache schmälert die Wahrscheinlichkeit, entsprechendes Personal direkt abwerben zu können. Um die Motivation für einen Branchenwechsel zu steigern, obliegt es dem Zahnarzt selbst, die Bedingungen für neue Mitarbeiterinnen trotz eines niedrigeren Gehalts attraktiv zu gestalten. Denkbar ist etwa eine betriebliche Altersversorgung oder leistungsgerechte Entlohnung.

Umschulung im Bereich der Rezeptionsfachkräfte

Für eine Umschulung im Bereich der Rezeptionsfachkräfte kommen verschiedene Branchen infrage, solange der Praxischef die Abrechnung von der Rezeptionstätigkeit trennt. Geeignet sind etwa Kandidatinnen mit kaufmännischer Ausbildung. Eine Zahnarztpraxis muss, wie jedes andere Unternehmen auch, kaufmännisch geführt werden. Das heißt, auch an der Rezeption ist vorausschauendes Planen und Handeln im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit nötig. Zahnmedizinisches Grundwissen über verschiedene Fachbegriffe und Behandlungsmöglichkeiten kann sich die neue Mitarbeiterin in Fachseminaren erarbeiten. Diese Kenntnisse sind unter anderem für die Terminvergabe relevant.

Umschulung von Personal aus dem Hotelfach

Sehr gute Erfahrungen an der Rezeption haben Zahnärzte mit der Umschulung von Personal aus dem Hotelfach gesammelt, da ausgewählte Tätigkeiten einer Hotelkauffrau Parallelen zu Aufgaben einer ZFA aufweisen. Die Rezeptionsmitarbeiterin ist sowohl im Hotel als auch in der Zahnarztpraxis erste Kontaktperson und Ansprechpartnerin für die Gäste beziehungsweise die Patienten. Ein freundlicher Umgang ist gerade für Zahnarztpraxen, die eine bestimmte Servicekultur implementieren möchten, von Bedeutung.

Die Patienten fühlen sich wertgeschätzt und gut betreut. Gleiches gilt für die an der Rezeption erforderliche kommunikative Kompetenz bei Telefongesprächen, die eine ehemalige Hotelkraft in den Praxisalltag mit einbringt. Materialbeschaffung und Buchhaltung sind ebenfalls Teil der Hotelfachausbildung und können nach einer Aufstockung von Fachwissen über den Bedarf von Produkten für die zahnmedizinische Behandlung optimal eingesetzt werden. Für Praxischefs ist es besonders aussichtsreich, Personal aus dieser Branche anzuwerben, denn im Durchschnitt werden Hotelfachkräfte schlechter vergütet als zahnmedizinische Mitarbeiter.

Vergleichsweise geringe Vergütung der ZFA

Die vergleichsweise geringe Vergütung der ZFA und das damit verbundene rückläufige Interesse an diesem Ausbildungsberuf sind ein Problem, dem sich der Zahnarzt dauerhaft stellen muss. Anreizsysteme als Instrumente, um Mitarbeiter zu generieren, zu motivieren und an die Praxis zu binden, werden in der Branche immer noch unterschätzt und kaum genutzt. Dabei erleichtern Hilfsmittel wie eine moderne Praxissoftware die praktische Umsetzung von leistungsgerechter Entlohnung, selbst im stressigen Arbeitsalltag.

Als Grundlage dienen im Mitarbeitergespräch festgelegte Zielvorgaben, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens erreicht werden sollen. Sinnvoll ist ein monatliches fixes Gehalt, das etwa 60 Prozent des Gesamtgehalts ausmachen sollte, während das variable Gehalt zu 15 bis 20 Prozent vom Praxiserfolg und zu weiteren 15 bis 20 Prozent von der individuellen Leistung der Mitarbeiterin abhängt. Die übrigen 10 bis 20 Prozent kann die Angestellte beispielsweise auf der Basis des sogenannten Cafeteria-Modells aus nichtmonetären Ansätzen wählen. Dazu zählen Fortbildungsmöglichkeiten oder zusätzliche Freizeit. Eine motivierte ZFA kann so bei voller Leistung bis zu 20 Prozent zusätzlich zu ihrem Gehalt verdienen.

Eine schwierige Situation entsteht für den Zahnarzt als Chef aber auch wegen temporärer personeller Engpässe infolge Schwangerschaft. Sobald die Angestellte nach der Elternzeit in den Beruf zurückkehrt, ist der Praxisbetreiber verpflichtet, denselben Arbeitsplatz zu gleichen Bedingungen wie vor der Schwangerschaft zur Verfügung zu stellen. Stellt er eine neue Fachkraft ein, so ist diese nicht nur schwer zu finden, sondern es kann nach der Rückkehr der Kollegin auch zu einer Überbesetzung kommen.

Outsourcing der Abrechnung oder verschiedener Rezeptionstätigkeiten

Bestimmte Aufgabenfelder kann der Zahnarzt während der Elternzeit seiner Mitarbeiterin auf externe Spezialisten übertragen. So zum Beispiel durch Outsourcing der Abrechnung oder verschiedener Rezeptionstätigkeiten. Dafür kommen, neben den Anbietern für Abrechnung, Kommunikationsbüros infrage, die Telefonate übernehmen und Termine für die Praxis vergeben. Neben einer ausreichenden Einarbeitung muss der Praxischef darauf achten, dass gesetzliche Vorgaben, beispielsweise zum Datenschutz und zur Dokumentation, gewahrt bleiben. Allerdings kann der Praxischef nicht auf ähnliche Dienstleister für die Aufgaben der Assistenz am Behandlungsstuhl zurückgreifen.

Personelle Engpässe werden auch in Zukunft zu den Herausforderungen gehören, denen sich der Zahnarzt als Unternehmer stellen muss. Wenn er jedoch bereit ist, über den dentalen Tellerrand zu blicken, kann er eine Lösung finden, die zu seiner Praxis passt.

Thies Harbeck
leitet als Mitglied der Geschäftsleitung das operative Geschäft der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI unterstützt Praxen deutschlandweit in den Bereichen Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing, Praxisanalyse, Führung und Personal.
harbeck@opti-zahnarztberatung.de