Bewertungsportale nützlich oder lästig?

Wie Bewertungsportale der Zahnarztpraxis nutzen

Viele Ärzte sind unsicher, wie sie mit Bewertungsportalen umgehen sollen – sich registrieren oder lieber die Finger davon lassen? Was hat das Jameda-Urteil geändert? Haben Praxen jetzt mehr Rechte, gegen ungerechtfertigte Beurteilungen vorzugehen? Sieben Tipps, wie Praxen Bewertungsportale nutzen können.



Mehr als 70 Prozent der Patienten nutzen das Internet für die Arztsuche. Davon suchen knapp drei Viertel zunächst bei einer Suchmaschine und 60 Prozent in Onlineverzeichnissen oder Bewertungsportalen.1 Auch bei einer Empfehlung schauen viele Patienten vorher noch die Webseite des Zahnarztes an. Sie recherchieren nach ihrem Problem und suchen nach Praxen im Netz. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Praxis spielen dabei auch die Bewertungen anderer Patienten eine Rolle. Damit werden Branchenbücher und Bewertungsportale wichtige Bausteine im Marketingmix einer Praxis.

Nützlich oder lästig?

Viele Zahnärzte scheuen vor Bewertungsportalen zurück. Sie wollen negative Bewertungen vermeiden. So funktioniert das System aber nicht. Denn jeder Patient kann einen Eintrag über die Praxis anlegen. Zudem sind die Adressdaten in den meisten Portalen bereits vorhanden. Auch stimmt die These nicht, dass nur unzufriedene Patienten ihrem Ärger im Netz Luft machen. Gut 90 Prozent der Patienten nutzen die Erfahrungen anderer, um sich vorab über einen Arzt zu informieren.2 Das Bewertungsportal Jameda hat Praxen mit nur einer Bewertung untersucht und herausgefunden, dass der Anteil von positiven und negativen Urteilen nahezu ausgeglichen ist.

Wenn die Praxis Bewertungsportale also nutzt, um neue Patienten zu gewinnen, lohnt sich der Aufwand, Einträge zu pflegen und Bewertungen im Auge zu behalten. Ob die Praxishomepage im Netz gefunden wird oder unsichtbar bleibt, hängt von vielen Faktoren ab3. Ein Faktor ist etwa, wie viele andere wichtige Seiten auf die Webseite verweisen. Branchenbücher und Bewertungsportale können dabei helfen solche Links zu generieren. Im einfachsten Fall ist das mit einem kostenlosen Eintrag möglich. Bei wichtigen Bewertungsportalen kann es sich aber auch lohnen, für einen Online-Eintrag zu bezahlen.

Das Jameda-Urteil

Bisher war es nahezu unmöglich, eine negative Bewertung löschen zu lassen. Zahlreiche Gerichtsurteile hatten Klagen von Ärzten hierzu abgewiesen. Das hat sich nun geändert. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte im Frühjahr 2016 über die Beschwerde eines Zahnarztes aus Berlin zu entscheiden, der Jameda auf die Löschung von drei negativen Bewertungen verklagt hatte. Nach dem Urteil müssen Bewertungsportale nun bei Beschwerden konkrete Nachweise zum Wahrheitsgehalt einer Bewertung liefern können. Etwa stichhaltige Beweise, dass der jeweilige Bewerter tatsächlich in der Praxis eines Arztes oder Therapeuten war, zum Beispiel durch Kopie des Bonushefts oder eines Rezepts. Diese dürfen aber nach wie vor gegenüber dem Praxisinhaber anonymisiert werden.

Tipps zur Nutzung von Bewertungsportalen

Die folgenden Tipps sollen helfen Bewertungsportale bestmöglich für das Praxismarketing nutzen.

Tipp 1: Profil schärfen

Häufig wollen Praxen alle Patienten mit ihrer Werbung erreichen. Doch jede Marketingmaßnahme, ob Anzeige, Webseite oder Flyer, erreicht immer nur eine bestimmte Zielgruppe. Sollen alle mit einer Maßnahme erreicht werden, gibt es die größten Streuverluste. Das gilt auch für Bewertungsportale. Wichtig ist also, wer angesprochen wird: Frauen, Männer oder Familien, Patienten mit bestimmten Erkrankungen? – Die Antwort auf diese Frage bestimmt das Praxisprofil, das in den Portalen hinterlegt werden sollte. Schon beim Lesen dieser Information entscheidet der potenzielle Patient, ob er in dieser Praxis den richtigen Zahnarzt für sein Problem findet.

Das Praxisprofil fasst in maximal fünf Zeilen zusammen, was die Praxis Besonderes bietet. Warum sollte ein Patient genau in diese Praxis kommen? Das sind immer die ersten Zeilen eines Profils. Diese Zeilen sollten auch prominent auf der Webseite oder in jeder Broschüre stehen.

Tipp 2: Basisinformationen

Neben den formalen Kontaktdaten wie Telefonnummer, Adresse und E-Mail sollte, wenn vorhanden, immer auch die Webadresse angegeben werden. Dazu wird ein aussagekräftiges Praxisprofil von rund fünf Zeilen (siehe Tipp 1) ergänzt. Das kann durch weitere Informationen erweitert werden. Hilfreich ist es etwa, Praxisschwerpunkte anzugeben. Ein ansprechendes Foto darf nicht fehlen.

Tipp 3: Aktiv werden

Wichtig ist es, die Bewertungsportale aktiv zu nutzen. Das beginnt damit, dass die Praxis ihren meist schon vorhandenen Eintrag erweitert: eine E-Mail-Adresse hinterlegt und womöglich auch die Internetadresse. Damit gewinnt die Praxis schon einen wichtigen Vorteil. Denn die meisten Portale schicken eine Benachrichtigung, sobald eine Bewertung eingeht. Damit kann der Zahnarzt auch auf negative Bewertungen reagieren und diese kommentieren. Der nächste Schritt ist, die Patienten aktiv um Bewertungen zu bitten.

Tipp 4: Bewertungen Generieren

Je mehr Bewertungen eine Praxis hat und je besser diese sind, desto weiter oben wird der Eintrag in den meisten Bewertungsportalen gelistet. Das ist unabhängig davon, ob für den Eintrag bezahlt wird (Ausnahme sind Premiumprofile, die stehen oft als Anzeige über den anderen Profilen). Es empfiehlt sich, zwei bis drei Bewertungsportale auszuwählen. Auch Google sollte berücksichtigt werden. Kleine Kärtchen im Wartezimmer, oder nach der Behandlung überreicht, bitten den Patient um eine Bewertung.  Manche Bewertungsportale gestatten auch, Hinweise auf das Profil auf der eigenen Webseite einzubinden. Je mehr Bewertungen abgegeben wurden, umso weniger wiegt eine negative Bewertung. Es gibt Agenturen, die Bewertungen erstellen oder nur bestimmte Bewertungen zulassen. Seriöse Bewertungsportale erkennen das allerdings und weisen diese Bewertungen zurück.

Tipp 5: Negatives vermeiden

Schlechte Bewertungen sind wahrscheinlich das Schreckgespenst jedes Zahnarztes. Es entsteht das Gefühl, der Willkür von Patienten ausgeliefert zu sein. Letztlich wissen aber auch die Patienten, dass sich Zahnarzt und Patient manchmal einfach nicht sympatisch sind. So werden einzelne negative Bewertungen durchaus toleriert. Kritisch ist, wenn sich negative Bewertungen häufen. Die wichtigste Maßnahme, um negative Bewertungen im Netz zu vermeiden, ist, eine einfache Möglichkeit in der Praxis zu schaffen, wo Patienten anonym ihre Meinung hinterlassen können. Dann kann der Patient, der sich gerade über den Behandler oder das Team geärgert hat, gleich in der Praxis den Ärger loswerden und muss ihn nicht ins Netz tragen. Wichtig dabei ist auch das Gefühl, dass die Hinweise ernst genommen werden.

Bewertungen ernst nehmen

Oft finden sich Bewertungen, in denen sich Patienten über Zuzahlungen ärgern. Dann hat der Patient das Behandlungsprinzip der Praxis und den Mehrwert der Behandlung nicht verstanden. Er hat nicht verstanden, was er für sein Geld erhält, oder die angebotene Leistung trifft nicht sein Bedürfnis. In diesem Fall ist Kommunikation gefragt: Der Patient sollte verstehen, was er von der Behandlung erwarten kann. Hilfreich sind die Wünsche und Träume des Patienten. Da zahlt sich ein gutes Gespür für die Patienten aus. Das gilt auch für die Mitarbeiter.

Tipp 6: Beurteilungen ernst nehmen

Kommen ähnliche, negative Bewertungen immer wieder, sollten diese ernst genommen und als Entwicklungsimpulse für die Praxis aufgegriffen werden. Warum waren die Patienten unzufrieden? Wurden die Bedürfnisse der Patienten nicht erkannt? Wichtige Fragen in diesem Kontext sind: Mit welchen Patienten will die Praxis arbeiten und woran haben der Zahnarzt und sein Team den meisten Spaß? Sind die richtigen Patienten in der Praxis? Manchmal ist es gut, sich Unterstützung zu holen, um aus einer Serie negativer Beurteilungen eine positive Entwicklung für die Praxis und sich selbst entstehen zu lassen.

Tipp 7: Erfolgskontrolle

Es ist hilfreich, im Blick zu behalten, was im Netz über die Praxis geschrieben wird. Am einfachsten geht das über die Einrichtung eines Google-Alerts. Dann schickt Google immer eine E-Mail, wenn etwas Neues über die Praxis erscheint. Den Alert richtet man direkt bei Google ein: www.google.com/alerts
Darüber hinaus schicken auch die meisten Bewertungsportale eine Nachricht, wenn eine Bewertung eingegangen ist. Wer Aufwand investiert, will auch einen Rücklauf haben. Die Internetstatistik weist aus, welches Bewertungsportal Besucher auf die Webseite führt. Auf diesen Portalen ist es lohnend, für mehr Präsenz zu sorgen. Etwa mit mehr Bewertungen oder mit einem bezahlten Eintrag.

Fazit

Es bringt wenig, den Kopf in den Sand zu stecken und sich vor Bewertungsportalen zu verschließen. Besser ist es, Bewertungsportale aktiv zu nutzen, um die Wunschpatienten in die Praxis zu führen. Bewertungsportale können ein wichtiger Baustein sein im Onlinemarketingmix. Dies wird umso wichtiger, wenn die eigene Praxishomepage im Netz nur schwer gefunden wird. Ein kostenloser Eintrag in einem Portal sollte auf jeden Fall angelegt werden. Wo möglich, sollte ein Link auf die Praxishomepage angegeben und ein Kurzprofil der Praxis hinterlegt werden. Einmal im Jahr sollten alle Einträge geprüft werden, ob die Daten noch aktuell sind.

Dr. Anke Schmietainski
Geschäftsführerin der AltaMediNet GmbH, verantwortlich für die Bereiche Medizinmarketing und Coaching
as@altamedinet.de

Quellen: 1 Jameda: „Patientenstudie 2012“, 2 ebenda, 3 www.altamedinet.de/fileadmin/user_upload/newsletter/2015–07_Suchmaschinenoptimierung.pdf