Finanzen

Betriebsprüfung: Zwölf Punkte, die Freiberufler kennen sollten

Es gibt wohl nur sehr wenige Freiberufler, die keinen „Bammel“ vor der Betriebsprüfung haben. Wer die Prüfungsschwerpunkte kennt, kann Risiken und Nervenstress jedoch deutlich minimieren.



Heutzutage muss fast jeder Zahnarzt mindestens einmal in seiner beruflichen Laufbahn eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt über sich ergehen lassen. Für den Mediziner und seinen Steuerberater bedeutet dies eine hohe zeitliche und nervliche Belastung, da der Prüfer mit vielen Fragen an die Praxis herantritt. Wer die Prüfungsschwerpunkte speziell bei Zahnärzten kennt und vorausschauend beachtet, kann unangenehme Überraschungen vermeiden.

Wer wird überhaupt geprüft?

Es gibt verschiedene Anlässe, die eine Betriebsprüfung auslösen. Vorrangig bestimmen die sogenannten Größenklassen, ob ein Betrieb jedes Jahr, seltener oder wahrscheinlich gar nicht geprüft wird. Zählt die eigene Praxis zu den Großbetrieben, wird grundsätzlich lückenlos, das heißt jedes Geschäftsjahr, geprüft. Mittelbetriebe bekommen dagegen nicht automatisch so oft Besuch vom Betriebsprüfer. Hier können zwischen den Prüfungen durchaus mehrere Jahre liegen. Bei Kleinbetrieben ist es sogar durchaus möglich, dass sie überhaupt nicht geprüft werden. Denn sie werden nach Zufallsgesichtspunkten ausgewählt oder durch Kontrollmitteilungen, die dem Finanzamt auffallen. Allerdings gibt es auch Grenzfälle mit Überschneidungen.

Ein Beispiel: Die Zahnärzte Müller, Meyer und Schmidt betreiben eine Berufsausübungsgemeinschaft. Ihre Gesamthonorareinnahmen des ersten Jahres betragen 1,5 Mio. Euro. Der Gewinn liegt bei 750.000 Euro. Zwar befindet sich der Umsatz unterhalb der Grenze für Großbetriebe in Höhe von 4,7 Mio. Euro, aber der Gewinn übersteigt die Grenze in Höhe von 580.000 Euro. Daher gilt die zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft als Großbetrieb und wird lückenlos geprüft.

Weitere Anlässe, die für eine anstehende Betriebsprüfung sprechen, sind unter anderem:

  • Die Zahnarztpraxis wurde noch nie geprüft.
  • Die letzten Steuerbescheide stehen unter dem „Vorbehalt der Nachprüfung“.
  • Betriebsveränderungen, wie Aufgabe, Veräußerung, Übertragung der Praxis oder Kooperationen, haben stattgefunden.
  • Es gibt geringe Privatentnahmen bei einem hohen privaten Lebensstandard.
  • Es existieren Verträge mit Familienangehörigen, wie Arbeits-, Darlehens- oder Mietverträge.

Zwölf Punkte, die man kennen sollte

Folgenden Prüfungsschwerpunkten gehen Betriebsprüfer bei Zahnärzten in der Regel nach.

1. Privatrechnungen

Es kann sein, dass der Betriebsprüfer die Privatrechnungen anfordert, soweit sie nicht über einen Abrechnungsdienst abgewickelt wurden. In diesem Fall ist es wichtig, eine vollständige und in den Rechnungsnummern fortlaufende Sammlung der Privatrechnungen vorlegen zu können.

Tipp: Sie dürfen als Zahnarzt Auskünfte zur Patientenkartei berufsrechtlich verweigern. Denn dem Prüfer einen zu tiefen Blick in die Patientendaten zu gewähren, kann durchaus zivil- und strafrechtliche Konsequenzen durch Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht mit sich bringen. Da Berufs- und Steuerrecht in diesem Fall auseinanderfallen und der Betriebsprüfer steuerrechtlich die Patientenkartei anfordern darf, sollten Sie sich mit ihm auf eine für Sie (noch) vertretbare Posi‧tion einigen. Können Sie dem Prüfer glaubhaft versichern, dass Sie für Ihren gesamten Rechnungs- und Zahlungsverkehr eine Abrechnungsstelle beauftragt haben, wird er gegebenenfalls kein Interesse an Ihrer Patientenkartei haben.

2. Praxisgebühr (bis zum 31.12.2012)

Die Praxisgebühr stellt eine Betriebseinnahme dar und muss auch so verbucht werden. Der Betriebsprüfer zieht zur Kontrolle die KZV-Abrechnungen heran. Die Erfassung der Praxisgebühr in der Zahnarztpraxis hatte bis zum 31.12.2012 täglich zu erfolgen und sollte in einem separaten Kassenbuch dokumentiert werden. Gerade, wenn es zu Abweichungen bei der Praxisgebühr kommt, weil sie beispielsweise nicht bei allen Patienten konsequent eingefordert wurde, können mit einem solchen Kassenbuch Diskussionen vermieden werden.

3. Betrieblich veranlasste Pkw-Kosten und Privatnutzung

Der Praxis-Pkw des Zahnarztes gehört routinemäßig zu den Schwerpunkten jeder Betriebsprüfung. Befindet sich der Pkw im Betriebsvermögen und wird dafür die Ein-Prozent-Regelung angewendet, ist dem Finanzamt die Anwendungsvoraussetzung für diese pauschale Ermittlungsmethode der Privatnutzung nachzuweisen. Das heißt, man muss dokumentieren, dass das Fahrzeug tatsächlich zu mehr als 50 Prozent betrieblich verwendet wird. Hierzu ist es erforderlich, eine Auflistung über einen repräsentativen Zeitraum von mindestens drei Monaten vorzulegen, wobei formlose Aufzeichnungen beispielsweise in einer Excel-Tabelle oder auf einem Zettel ausreichend sind. Diese Nachweise müssen nur wiederholt werden, wenn die Fahrzeugklasse gewechselt wurde oder sich die Verhältnisse geändert haben, beispielsweise durch einen Umzug.

Ein kritischer Diskussionspunkt bei vielen Betriebsprüfungen ist allerdings die Ordnungsmäßigkeit und damit die Anerkennung eines Fahrtenbuchs seitens des Finanzamts für die Ermittlung der Privatnutzung. Die Fahrten mit dem Praxis-Pkw müssen vom ersten bis zum letzten Kilometer eines Jahres ohne ergänzende Unterlagen und Erläuterungen nachvollziehbar sein. Schon kleinste Mängel führen bei einer Betriebsprüfung meist zu einer Verwerfung des Fahrtenbuchs und zur Anwendung der in diesen Konstellationen deutlich nachteiligeren Ein-Prozent-Regelung. Nicht ordnungsgemäß sind Loseblattsammlungen oder nachträglich bei der Steuererklärung erstellte Fahrtenbücher. Das Finanzamt ist hier sehr akribisch und achtet auf jede Unstimmigkeit. Typische Fallstricke sind zum Beispiel: Abweichung des Kilometerstandes laut Reparaturrechnung von dem Kilometerstand gemäß Fahrtenbuch; Tankstellenbelege oder Parkquittungen passen nicht zu der Fahrtroute gemäß Fahrtenbuch; Belege zu Reisen mit dem Flugzeug oder der Bahn stehen im Widerspruch zu den Fahrtenbucheintragungen.

4. Fortbildungs- und Reisekosten

Zu Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt kommt es insbesondere bei teuren Auslandsreisen. Das gilt erst recht, wenn noch weitere Personen mit von der Partie sind, bei denen es für die Fahrt keine berufliche Veranlassung gibt, wie Ehegatten.

Reisekosten, die für eine Fortbildungsmaßnahme anfallen, sind nur dann steuerlich abziehbar, wenn sie aus beruflichen Gründen stattfinden. Sind diese Aufwendungen sowohl beruflich als auch privat veranlasst, müssen sie grundsätzlich in abziehbare Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden.

Tipp: Bewahren Sie vollständige Seminarpläne, Teilnahmebestätigungen, Seminarunterlagen mit eigenen Aufzeichnungen zu den Vorträgen und Einzahlungsbelege für zusätzlich besuchte Veranstaltungen auf, um den betrieblich veranlassten Anteil nachzuweisen.

5. Verträge mit nahen Angehörigen

In Zahnarztpraxen ist es nicht unüblich, Verträge mit Fami‧lienangehörigen zu schließen. Häufig sind dies vor allem Arbeits- oder Darlehensverträge. Da sich mit solchen Konstruktionen erhebliche Steuerersparnisse erzielen lassen können, ist die Anerkennung der Verträge von Seiten des Finanzamts an eine Voraussetzung geknüpft: Fremdüblichkeit. Dies bedeutet, dass die vertraglichen Vereinbarungen dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist. Das muss man mithilfe eines schriftlichen Vertrags und der entsprechenden, tatsächlichen Durchführung belegen können. Man sollte daher, wenn möglich, genaue Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten führen und idealerweise alle Aufwendungen per Überweisung bezahlen und nicht bar, um die Zahlungen zu dokumentieren.

6. Zuordnung von Ausgaben zum privaten oder betrieblichen Bereich

Bei diesem Prüfungsschwerpunkt wird beispielsweise nachgeschaut, ob die als Betriebsausgaben geltend gemachten Gegenstände, insbesondere Bilder, Teppiche, Computer, Laptops und ähnliche Gegenstände, die auch privat verwendet werden können, in der Praxis auch tatsächlich vorhanden sind. Auch hier kann man unerfreulichen Diskussionen vorbeugen, indem möglichst genau dokumentiert wird, aus welchen Gründen diese Gegenstände für die Praxis angeschafft wurden und wie häufig man diese betrieblich nutzt.

7. Aufwendungen für Geschenke

Damit Aufwendungen, die zur Pflege von Geschäftsbeziehungen getätigt wurden, auch vom Betriebsprüfer anerkannt werden, darf ihr Wert 35 Euro nicht übersteigen. Andernfalls sind die Kosten steuerlich nicht abzugsfähig und müssen zudem noch für den Empfänger versteuert werden. Diese Versteuerung lässt sich pauschal vornehmen, dann fällt allerdings eine zusätzliche Steuer von 30 Prozent an. Das heißt, ein Geschenk, das 50 Euro gekostet hat, führt dazu, dass man die Kosten steuerlich nicht abziehen kann und zusätzlich noch 15 Euro Pauschalsteuer obendrauf zahlen muss.

Tipp: Schreiben Sie auf jeden Geschenkbeleg den Namen des Beschenkten und den Anlass, da die Grenze von 35 Euro pro Jahr und Geschäftsfreund gilt.

8. Bewirtungsaufwendungen

Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus betrieb‧lichem Anlass sind grundsätzlich nur in Höhe von 70 Prozent abzugsfähig. Dieser Abzug setzt aber voraus, dass ein Nachweis erbracht wird, der folgende Angaben enthalten muss: Ort, Tag, Teilnehmer, Anlass der Bewirtung (möglichst präzise) und Höhe der Aufwendung. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung zu der Rechnung.

Tipp: In den meisten Restaurants erhalten Sie – auf Nachfrage – eine spezielle Bewirtungsquittung. Das Finanzamt akzeptiert Bewirtungsaufwendungen nur, wenn ein vollständig ausgefüllter Bewirtungsbeleg vorliegt.

9. Goldbestände in der Praxis

In der Vergangenheit kam es leider hin und wieder vor, dass Zahnärzte die Erlöse aus dem Verkauf von Altgoldbeständen nicht als Betriebseinnahmen erfassten. Das kann als Steuerhinterziehung behandelt werden, die mit einem entsprechenden Steuerstrafverfahren verfolgt wird. Ausgenommen sind davon selbstverständlich Erlöse, die aus dem Verkauf eines privaten Golddepots erzielt werden.

10. Private Ausgaben von betrieblichen Bankkonten

Achtung: Wer private Ausgaben, wie Versicherungen, von seinem betrieblichen Bankkonto abfließen lässt, gibt dem Betriebsprüfer die Möglichkeit, auch private Ausgaben zu prüfen.

Tipp: Führen Sie private Zahlungen ausschließlich über Ihre privaten Konten und transferieren Sie nur eine regelmäßige Entnahme von Ihren betrieblichen auf die privaten Bankkonten.

11. Überentnahmen und Kürzung von Zinsaufwendungen

Zinsaufwendungen können nur als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn sie steuerlich abzugsfähig sind. Daher wird am Ende des Jahres geprüft, ob der Zahnarzt sogenannte Überentnahmen – das heißt höhere Entnahmen als Einlagen und Gewinne – getätigt hat. Ist dies der Fall, kann es dazu kommen, dass ein Teil Ihrer Schuldzinsen steuerlich nicht abzugsfähig ist. Ausgenommen werden hierbei Zinsen zur Finanzierung von Anlagevermögen.

Hintergrund ist, dass der Fiskus durch die Überentnahmen eine private Veranlassung der Zinsaufwendungen unterstellt. Das heißt, man kann seinen Lebensunterhalt zwar grundsätzlich aus dem betrieblichen Kontokorrentkredit finanzieren, darf aber die Zinsen nicht steuerlich geltend machen.

Tipp: Lassen Sie sich von Ihrem Steuerberater noch vor Ablauf des Jahres eine vorläufige Berechnung erstellen, um eine sich gegebenenfalls ergebende Überentnahme mit einer Bar- oder Sacheinlage auszugleichen. Verwenden Sie zudem Kredite vornehmlich zur Finanzierung von Anlagevermögen, da die damit im Zusammenhang stehenden Zinsen immer uneingeschränkt abzugsfähig sind.

12. Umsatzsteuerpflichtige Leistungen

Bei einer Betriebsprüfung ist es möglich, dass der Prüfer Umsätze als umsatzsteuerpflichtig einstuft. Insbesondere im Bereich der Verlangensleistungen kann es zu unterschied‧lichen Auffassungen über die medizinische Notwendigkeit zwischen Zahnarzt und Finanzamt kommen. Unstrittig umsatzsteuerpflichtig sind bisher Leistungen der Zahnästhetik wie Bleaching und die Versorgung gesunder Frontzähne mit Veneers aus kosmetischen Gründen, da sie nicht primär der Heilung von Krankheiten dienen. Hier drohen nicht unerheblichen Umsatzsteuernachzahlungen.

Tipp: Um eine medizinische Indikation der erbrachten Leistungen nachzuweisen, empfiehlt sich eine ausführliche Dokumentation in der Patientenakte.

Thomas Karch
 arbeitet als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für die VPmed Karch und Kuhnert Partnerschaft/Steuerberatungsgesellschaft in Krefeld. Er berät bundesweit Ärzte aller Fachrichtungen, Zahnärzte sowie andere Heilberufe in allen wirtschaftlichen, finanziellen und steuer‧lichen Fragen.
Kontakt: t.karch@vpmed.de