Abrechnung/GOZ

Urteil zur Abrechnung der Trepanation

In einem nur sehr knapp begründeten Urteil vom 04.04.2014 (AZ: 2 S 78/14) hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg entschieden, dass die Trepanation eines Zahns nach der GOZ Nr. 2390 keine selbständig abrechenbare Leistung ist, wenn unmittelbar danach weitere endodontische Leistungen erbracht werden.


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Nachdem das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart zunächst noch entschieden hatte, dass die zahnärztliche Leistung nach der GOZ Nr. 2390, Trepanation eines Zahns, als selbständige Leistung auch neben anderen endodontischen Behandlungsmaßnahmen, wie etwa der Aufbereitung des Wurzelkanals nach GOZ Nr. 2410 oder der Füllung eines Wurzelkanals nach GOZ Nr. 2440, gesondert abrechenbar sei (unter Hinweis auf den Kommentar der Bundeszahnärztekammer), ist der VGH dem nicht gefolgt und hat das Urteil aufgehoben.

Nach Auffassung des VGH Stuttgart widerspräche diese Auffassung der Absicht des Normengebers. In der Begründung des Entwurfs einer Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Zahnärzte (Referentenentwurf, Stand 24.03.2011, S. 27) heiße es zur Leistung nach GOZ Nr. 2390, dass diese allenfalls im Rahmen einer Notfallbehandlung angezeigt sein könne und nicht etwa als Zugangsleistung zur Erbringung der Leistungen nach den GOZ Nrn. 2410 und 2440 berechnungsfähig sei.

Diese Absicht des Normengebers habe durch den ausdrück‧lichen Zusatz „als selbständige Leistung“, der in der „Vorversion“ der GOZ (GOZ a.F. Nr.: 239) noch nicht enthalten war, auch hinreichend deutlich ihren Niederschlag im Wortlaut der Vorschrift gefunden. Dies verbiete es, die Trepanation auch dann als selbständig erbrachte Leistung anzusehen, wenn unmittelbar danach weitere endodontische Leistungen erbracht werden.

Eine gesonderte Abrechnung der Trepanation würde in einem solchen Fall sowohl dem Wortlaut der Regelung, wonach eine Abrechenbarkeit ausdrücklich eine selbständige Leistung erfordere, als auch der Absicht des Normengebers widersprechen, nach der die Trepanation gerade nicht als Zugangsleistung anderer endodontischer Leistungen abrechenbar sein solle.

Der VGH Stuttgart übersieht in dieser Entscheidung, dass die Begründung des Gesetzgebers zu einem vorherigen Referentenentwurf ergangen ist. Der später in die GOZ aufgenommene Wortlaut trägt die Begründung des VGH gerade nicht. In der besonderen Begründung des Normgebers wird offenkundig die selbständige mit der alleinigen Leistung verwechselt. Eine selbständige Leistung ist eigenständig medizinisch/zahnmedizinisch indiziert. Dies setzt voraus, dass die Leistung nicht notwendiger Einzelschritt der späteren Leistung ist, wobei ein abstrakt-genereller Maßstab anzulegen ist (vgl. BGH, Urt. v. 05.06.2008, III ZR 239/07 zur GOÄ). Bei einer Wurzelkanalbehandlung kann die Trepanation eines Zahns aber gerade aus dem Grund entbehrlich sein, weil der Zugang zum Pulpenkavum bereits ausreichend offen liegt. Die Trepanation ist daher nicht etwa ein medizinisch notwendiger Einzelschritt jeder Wurzelkanalaufbereitung nach GOZ Nr. 2410.

Im Einzelnen ist hier auf den GOZ-Praxiskommentar von Dr. Peter H. G. Esser und die spezielle Kommentierung der GOZ Nr. 2390 zu verweisen.

Da der VGH Stuttgart bisher jedoch das höchste deutsche Gericht ist, das sich mit dieser Fragestellung befasst hat, ist zu befürchten, dass diese Auffassung Schule macht und auch von anderen Gerichten übernommen wird. Der Auffassung des VGH Stuttgart sollte daher unter Hinweis auf die Kommentierung der Bundeszahnärztekammer und von Dr. Esser entgegengetreten werden.

RA Jens-Peter Jahn

ist Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei DR. HALBE RECHTSANWÄLTE in Köln mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Zahnarztrecht.
jens-peter.jahn@medizin-recht.com