Gefördertes Forschungsprojekt gestartet

Neue Knochen züchten mit „HybridBone“

Knochendefekte des Gesichtsschädels treten oftmals mit ästhetischen und funktionellen Problemen zusammen auf. Bisher gehörte zur Standardtherapie die Verwendung körpereigener Knochentransplantate, die aus dem Wadenbein oder dem Beckenknochen entnommen werden. Doch mit dem neuen Projekt „HybridBone“ könnte sich die Therapie von Knochendefekten entscheidend weiterentwickeln.


Knochen züchten HybridBone

Professor Dr. Dr. Jörg Wiltfang (l.), Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des UKSH, Campus Kiel, und Professor der CAU, sowie Facharzt Dr. Dr. Hendrik Naujokat mit einem Modell, das einen typischen Defekt des Unterkiefers darstellt, der mit einem Scaffold aus dem 3D-Druckverfahren versorgt wurde. © UKSH


Der Ansatz, im Körper des Patienten Knochen zu züchten, hat 2006 bereits für Aufsehen gesorgt. Damals konnten die Kieferärzte Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und Dr. Dr. Hendrik Naujokat, Facharzt der Klinik, einen Unterkieferknochen in der Rückenmuskulatur eines Patienten wachsen lassen. Anschließend implantierten sie diesen in den Defekt des Unterkiefers. Der Patient litt zu der Zeit an den Folgen eines Tumors und konnte dank des Knochenimplantats erstmals wieder feste Nahrung zu sich nehmen.

Kombination aus KEM und Wachstumsfaktoren

An dem Projekt „HybridBone“ sind neben der UKSH auch die Medizinische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) auch die Universitätskliniken in Rostock und Leipzig sowie das Fraunhofer Institut für Keramische Technologien in Dresden beteiligt. Zusätzlich fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Projekt.

Körpereigene Implantate würden zum einen den Patienten belasten und zum anderen nur eine ungenügende Wiedergabe der komplexen Anatomie des Gesichtsschädels bieten, erklärt Prof. Dr. Dr. Wiltfang. „Unser Ansatz ist die Kombination von Knochenersatzmaterialien und Wachstumsfaktoren, die in den Patienten implantiert werden. Im Körper bildet sich daraus Knochengewebe aus, das auch durchblutet ist.“

Langfristige Stabilität

Die Beteiligten arbeiten nun daran, eine langfristig stabile Knochenregeneration zu erreichen, die der natürlichen Funktionsweise entspricht. Die Weiterentwicklung der Knochenersatzmaterialien soll dazu führen, dass die natürliche Kraftverteilung im jeweiligen Knochen berücksichtigt und der Biomechanik mehr Rechnung getragen wird.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Kau- und Muskelkräften. Sie seien bei den immerwährenden Auf- und Abbauvorgängen von Knochengewebe essentiell. Die Nachahmung der natürlichen Knochenarchitektur sei dabei eine Voraussetzung für eine langfristige Stabilität.

Knochen züchten aus dem 3D-Drucker

Das Verfahren beginnt mit einer dreidimensionalen Bildgebung des Knochendefekts. Anschließend erfolgt durch virtuelle Simulation die Entwicklung eines für den jeweiligen Defekt passgenaues Gerüst (Scaffold). Dieses wird im 3D-Drucker aus einer lasttragenden Gitterstruktur und einer formgebenden Knochenkeramik gefertigt.

Damit der Regenerationsvorgang ablaufen kann, sorgen Wachstumsfaktoren (Bone Morphogenetic Proteins) für eine Biologisierung der Knochenkeramik. Im Körper wird schließlich diese Knochenkeramik nach und nach abgebaut und durch eigenes Knochengewebe ersetzt, das mit den bleibenden Komponenten des Scaffolds, den innenliegenden lasttragenden Streben, verwächst.

Die Kieferärzte zeigen sich positiv, dass dieses Verfahren nicht nur Patienten mit Defekten im Kopf-Hals-Bereich nutzt. Das Vorgehen könne sich auch auf andere knöcherne Strukturen z. B. an der Wirbelsäule oder den Gliedmaßen übertragen lassen.

Quelle: Universität Kiel