Investoren-MVZ gefährden zahnärztliche Versorgung
Es gibt immer mehr davon – und sie könnten eine zunehmende Gefahr für das Patientenwohl und die zahnärztliche Versorgungsqualität darstellen. Investorengetragene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ) und ihre Auswirkungen auf die zahnärztliche Versorgung in Deutschland standen im Mittelpunkt zweier Gutachten, die von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung in Auftrag gegeben wurden. Viele der Untersuchungsergebnisse geben aus Sicht des KZBV-Vorstands Anlass zur Sorge.
Seitdem im Mai 2019 das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in Kraft trat, gibt es eine gestaffelte Beschränkung der Gründungsbefugnis für zahnärztliche MVZ. Sie soll verhindern, dass zu viele Finanzinvestoren Zahnarztpraxen aufkaufen und diese zu kapitalorientierten Versorgungsgruppen zusammenführen. So wollte man der fortschreitenden Vergewerblichung und Industrialisierung in der vertragszahnärztlichen Versorgung Einhalt gebieten – eigentlich. Denn zwei Gutachten zeigen nun, dass sich Investoren-MVZ (iMVZ) ungeachtet der neuen gesetzlichen Regelungen weiterhin dynamisch ausbreiten und die zahnärztliche Versorgung in Deutschland zunehmend gefährden.
Gutachten zeigen Bedrohung durch Investoren-MVZ – trotz TSVG
Die KZBV hatte das IGES-Institut und den Juristen Prof. Helge Sodan von der Freien Universität Berlin beauftragt, je ein Gutachten zu den Konsequenzen der TSVG-Regelung auf die zahnärztliche Versorgung zu erstellen. Beide Gutachten kommen zu dem Schluss, dass politischer Handlungsbedarf besteht. „Die Gutachten zeigen klar und nachvollziehbar, dass die von iMVZ ausgehenden Gefahren für die vertragszahnärztliche Versorgung trotz der Regelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz fortbestehen“, resümierte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV.
Kapitalinteressen im Vordergrund
So beläuft sich der Anteil der Investoren-MVZ den Auswertungen der Gutachten zufolge inzwischen auf mehr als 20 Prozent an allen MVZ im zahnärztlichen Bereich. Und das, obwohl diese kaum zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung beitragen und sich gerade nicht in strukturschwachen oder ländlichen Regionen ansiedeln, wo sie benötigt würden. Stattdessen belegten die Gutachten eine hohe Konzentration der Investoren-MVZ in Großstädten und Ballungsräumen mit einer jungen, solventen Bevölkerungsstruktur, so Eßer. An der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen oder Kindern beteiligten sich die Investoren-MVZ hingegen nicht wesentlich. „Die Gutachten bestätigen unsere Sorge, dass in iMVZ zahnmedizinische Entscheidungen von Kapitalinteressen überlagert werden“, äußerte sich der KZBV-Vorstand.
Verpflichtendes MVZ-Register und mehr Beschränkungen gefordert
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, forderte Eßer eine Anpassung der mit dem TSVG eingeführten Regelung. Er setzt sich konkret für eine Beschränkung von Investoren-MVZ in städtischen, bereits gut bis überversorgten Regionen ein. Auch für eine transparentere Gestaltung der Eigentümer- und Beteiligungsstrukturen der iMVZ machte der KZBV-Vorstand sich stark. „Dazu sollte ein verpflichtendes MVZ-Register geschaffen und in die Zulassungsverordnung für Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte spezifisch auf MVZ zugeschnittene Eignungskriterien aufgenommen werden“, so Eßer. Dazu gehöre auch, dass man MVZ verpflichte, auf ihren Praxisschildern und Websites Angaben von gesellschaftsrechtlichen Eigentümerstrukturen zu machen. Die entsprechenden Rechtsgrundlagen dafür müssen noch geschaffen werden. Für den KZBV-Vorstandsvorsitzenden ist klar: „Ein ‚Weiter so‘ auf dem Weg zu mehr Vergewerblichung und Industrialisierung darf es nicht geben“.
Wer sich das versorgungspolitische Gutachten des IGES-Instituts oder das Rechtsgutachten des Juristen Prof. Helge Sodan noch einmal im vollständigen Wortlaut ansehen möchte, findet es auf der Website der KZBV oder über die im Artikel angeführten Buttons zum direkten Download.
Quelle: KZBV