Seltenes Fallbeispiel

Diprosopus: Neugeborenes hat zwei Münder

Ein faszinierender und zugleich verstörender Anblick: In den USA kam ein Baby mit zwei vollständigen Mündern zur Welt. Diese seltene Anomalie ist als Diprosopus oder auch kraniofaziale Vervielfältigung beschrieben. Kinder, bei denen dieses Phänomen auftritt, haben nur eine sehr geringe Überlebenschance.


Diprosopus Baby zwei Münder dm

Die Diprosopus stellten die Ärzte erst nach der Geburt des Kindes fest. © freepeoplea – Fotolia


In Charleston (USA) kam es zu einem spannenden Fall. Ein Mädchen wurde mit zwei vollständigen Mündern geboren. Das berichten Forscher im British Medical Journal BMJ Case Report. Den Ärzten fiel bereits in der 28. Schwangerschaftswoche eine Auffälligkeit im Gesicht des Babys auf. Sie vermuteten eine Zyste oder einen Tumor, doch nach der Geburt stellte diese sich als ein vollständig ausgeprägter Mund mit Zahnanlage, Zunge und einer Größe von circa 13 mm im rechten Unterkiefer heraus. Dieses extrem seltene Phänomen ist unter dem Begriff Diprosopus oder auch kraniofaziale Vervielfältigung bekannt. Weltweit gibt es bisher nur 35 dokumentierte Fälle.

Zweiter Mund operativ entfernt

MRT- und CT-Aufnahmen des Unterkiefers nach der Geburt zeigen eine teilweise verknöcherte Weichgewebemasse, die nicht durchgebrochene Zähne enthielt. Das Mädchen litt jedoch nicht unter einer Beeinträchtigung bei der Nahrungsaufnahme, da die beiden Münder nicht miteinander verbunden waren. Ebensowenig stellten die Ärzte Komplikationen wie Hirn- oder Wirbelsäulenschäden fest, die sonst üblicherweise mit Diprosopus auftauchen.

Im Alter von sechs Monaten konnten die Ärzte den zweiten Mund deswegen in einer Operation entfernen. Zwar entwickelte sich nach der Operation eine Flüssigkeitsansammlung in der rechten Gesichtshälfte, aber diese löste sich nach einigen Monaten ohne eine zusätzliche Behandlung auf. Somit kann das Mädchen ihr Leben uneingeschränkt weiterführen, von der Operation ist nur eine Narbe zurückgeblieben. Die einzige Nebenwirkung: Die Muskeln der betroffenen Gesichtshälfte sind nicht vollständig funktionsfähig.

Kaum Überlebenschancen bei Diprosopus

Diprosoprus ist eine so seltene Anomalie, dass Fälle mit nur einer Verdopplung der Mund- und Kieferpartie kaum bekannt sind. An der Entstehung ist ein Protein (Hedgehog) maßgeblich beteiligt, das die Bildung der Gesichtszüge bei der Entwicklung des Embryos bestimmt. Ist es im Übermaß vorhanden, kommt es zur Verdopplung von Gesichtsstrukturen. Außerdem treten bei diesem Phänomen häufig zusätzlich neuronale Defekte oder Herzfehlbildungen auf.

Doch leider sind nahezu alle menschlichen Babys mit Diprosopus Totgeburten. Der wohl bekannteste Fall eines Mädchens mit vollständigem Diprosopus war die Inderin Lali Singh. Sie wurde 2008 geboren und hatte ein vollständig verdoppeltes Gesicht. Im Alter von nur zwei Monaten starb sie an einem Herzinfarkt.


Quelle: BMJ Case Reports