Gießener Simulationsexperiment

Dieser MNS schützt am besten gegen Aerosole

Es gibt ihn aus Baumwolle, als Gesichtsvisier oder FFP-Maske – der Mund-Nasen-Schutz (MNS) zur Eindämmung des Infektionsgeschehens ist in Pandemie-Zeiten buchstäblich „vor aller Munde“. Welche der Bedeckungen aber schützt die Umwelt am wirkungsvollsten gegen Aerosole in geschlossenen Räumen wie Büros oder Praxen? Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen sind dieser Frage jetzt nachgegangen.


MNS Aerosole

Das Tragen eines MNS in geschlossenen Räumen kann einen guten Basisschutz vor Aerosolen bieten, wie Gießener Wissenschaftler in einem Simulationsexperiment herausfanden. © THM


Noch immer gibt es große Wissenslücken rund um die Verbreitung und die Infektionswege des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2. So viel gilt jedoch nach Ansicht von Forschern weltweit als sicher: Der Hauptübertragungsweg für das Virus ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel. Diese entstehen beispielsweise beim Atmen, Husten, Niesen, Sprechen oder Singen. Atmen andere Menschen diese Partikel ein, können sie sich infizieren.

Besonders kleinere Partikel mit einer Größe von weniger als fünf Mikrometern – die sogenannten Aerosole – können sich unter ungünstigen Umständen im ganzen Raum verteilen. Sie können zudem länger als eine halbe Stunde in der Luft schweben. Über den Stellenwert von Aerosolen bei der Übertragung von SARS-CoV-2 diskutieren Wissenschaftler derzeit kontrovers. Die WHO stufte die Verbreitung des Virus durch die Luft im Juli dieses Jahres aber offiziell als Risiko ein.

Simulation eines einmaligen Niesens in einem Büro

Um mehr über die Ausbreitung von Aerosolen in der Luft zu erfahren, haben Wissenschaftler der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) unter der Leitung der Professoren Dr. Henning Schneider und Dr. Keywan Sohrabi vom Gießener Fachbereich Gesundheit nun die Methode der numerischen Strömungsmechanik eingesetzt. Die Gießener Forscher simulierten ein einmaliges Niesen an einem Standard-Büroarbeitsplatz. Auf dem Schreibtisch des Arbeitsplatzes befand sich – wie in gewöhnlichen Büros und Praxen auch – ein Computer-Monitor, der das Strömungsverhalten der Aerosole und Tröpfchen beeinflusst. Ein Laserbeuger, der die Verteilung von Partikeln in einem flüssigen oder gasförmigen Medium misst, half bei der Überprüfung der Simulation.

Kombination von MNS wirkungsvollster Schutz gegen Aerosole

Das Ergebnis zeigte: Bei der Simulation ohne MNS breiteten sich die Aerosole innerhalb einer Sekunde mehr als zweieinhalb Meter in Niesrichtung aus. Ihre maximale Reichweite lag bei acht Metern. Eine Baumwollmaske konnte die Ausbreitung der Aerosolwolke über eine Distanz von eineinhalb Metern hinaus verhindern. Außerdem reduzierte sie die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Partikel und führte dazu, dass diese schneller absinken. Die Wissenschaftler bewerteten ihre Schutzwirkung als effektiv – sofern man zusätzlich die üblichen Abstandsregeln einhält.

Auch FFP-Masken erzielten in dem Experiment ein gutes Ergebnis. Sie schützen darüber hinaus den Träger und weisen eine höhere Dichte auf. Allerdings entweicht bei diesen Modellen durch den hohen Druck auf die Maske während des Niesens ein Teil der Aerosole nach oben. Gesichtsvisiere (face shields) lenken das Aerosol vor allem nach unten und seitlich nach hinten ab. Bei einem Abstand von mehr als eineinhalb Metern bieten diese Alternativen zur Maske einen guten Schutz.

Den wirkungsvollsten Schutz bietet nach Aussage der beiden Projektleiter jedoch die Kombination aus Gesichtsvisier und Baumwollmaske. Den Wissenschaftlern war aber klar, dass es sich dabei auch um die für den Träger anstrengendste Variante handelt, die über einen längeren Zeitraum niemandem zuzumuten sei.

Vorsicht vor Ventilatoren!

Eine besondere Warnung sprachen die Wissenschaftler gegenüber einem gerade in der warmen Jahreszeit beliebten Büroutensil aus: dem Tischventilator. Ohne den Schutz durch eine Maske und bei geschlossenem Fenster verbreite er die Aerosolwolke in wenigen Sekunden im ganzen Raum.

Unbedingt empfehlenswert“ lautet das Fazit der Gießener Forscher zum Tragen von Masken in geschlossenen Räumen. „Bereits einfachste Mund-Nasen-Bedeckungen und Face Shields bieten einen guten Basisschutz, wenn sich mehrere Personen in einem Raum aufhalten“, so Sohrabi und Schneider.


Quelle: Technische Hochschule Mittelhessen