Zukunft, Technik und Konzepte

DGI-Auftakt 2016 für Zahntechnik und Implantatprothetik

DGI und DENTAGEN hatten zum „Auftakt 2016“ eingeladen – einer Fortbildung, die die Zusammenarbeit von Zahnmedizin und Zahntechnik und die künftigen Herausforderungen für die Dentallabore in den Fokus stellte.


Auftakt 2016

Die „Auftakt 2016“-Veranstaltung von DGI und DENTAGEN hatte viele Initiatoren – darunter nicht zuletzt Teilnehmer aus dem zurückliegenden Curriculum Zahntechnik und Implantatprothetik, hier einige aus diesem Kreis mit Moderator Prof. Dr. Axel Zöllner (Mitte), Prof. Dr. Günter Dhom (ehemaliger Fortbildungsreferent der DGI, rechts) und Dr. Karl-Ludwig Ackermann (2. Von links). Nicht im Bild, aber aktiv mit dabei im Hintergrund: Karin Schulz (DENTAGEN) © DGI


Moderator Prof. Dr. Axel Zöllner, der zu den Initiatoren dieser „Auftakt“-Veranstaltung gehörte, eröffnete die Veranstaltung. Dazu passte der Doppelvortrag von Dr. Peter Gehrke/Ludwigshafen und ZTM Carsten Fischer/Frankfurt, denen man anmerkte, dass sie „Zusammenarbeit“ im Arbeitsalltag leben. Ihr Thema war „Den Weg von der analogen zur digitalen Implantatprothetik gemeinsam gehen“ und sie stellten „Techniken lernen – Vorteile nutzen – Kommunikation verbessern“ als Bausteine auf diesem Weg heraus. Ein sehr provisorisch versorgtes Zahntrauma eines erwachsenen Patienten gab die Aufgabe vor, und Dr. Gehrke zählte auf, was die klassische Zahnmedizin in so einem Fall zu bieten hat. „Bei uns starten wir aber anders“, berichtete er. In Abstimmung mit dem Zahnarzt absolviere der Patient einen Besuch im Labor, und die Empfehlungen aus zahntechnischer Sicht werde zu einem Bestandteil der zahnärztlichen Behandlungsplanung.

„Seit Jahrzehnten wird vom Team Zahnarzt-Zahntechniker gepredigt“, so Gehrke, „aber es wird nach wie vor zu selten gelebt.“ Das könne er kaum nachvollziehen, da die Zahnärzte ständig von neuen Produkten und neuen Techniken überrollt würden – da sei es leicht, den Überblick zu verlieren. Hier sei der Austausch mit dem Zahntechniker enorm hilfreich – auch hinsichtlich der Chancen der digitalen Zusammenarbeit. ZTM Fischer zum Foto des Behandlungs-Ergebnisses: „Keiner meiner Kollegen kann eine so stimmige Lösung gestalten, ohne den Patienten gesehen zu haben!“ Es sei eine Kunst, so Gehrke, wenn der Zahn nicht künstlich wirke, und eine Herausforderung obendrein, dies „auf Implantat“ zu erreichen. Die beiden Referenten zeigten die Entwicklung des gemeinsamen Vorgehens in abgestimmten Schritten auf der Grundlage der digitalen Planung: „Das ist die architektonische Grundrisszeichnung“, so Fischer, „der Weg, den man dann auch nicht mehr verlassen muss.“ Alles beginne mit einem Setup, das Ziel und Schritte dorthin vorgebe. Im Zuge des Vortrags diskutierten die beiden Referenten über Materialien, Chancen und Schwachstellen der CAD/CAM-Verfahren, Hygienevorgehen und Entwicklungen. Beispiel: „Was wir vor zehn Jahren über Zirkon gehört haben, hat mit dem, was heute auf dem Markt ist, nicht mehr viel zu tun“, so Fischer. Beide Vortragende lieferten so viele alltagsnahe Tipps, dass das Auditorium mit Notizen kaum nach kam.

„Move your As(s)!“

„Was für ein Auftakt“, meinte Moderator Zöllner – und gab den Stab gleich weiter an Ralf Suckert/Fuchstal, der vom Start weg für weitere Motivation und Begeisterung sorgte. Sein Thema „Zukunft der Zahntechnik“ baute er etwas um: „Ich habe doch keine Glaskugel zuhause! Aber lasst uns über die Frage sprechen, ob Zahntechnik Zukunft hat!“ Die Dentallabore hätten 4 Asse im Ärmel: 1. CAD/CAM-Technologie, 2. die digitale Zahnmedizin, die noch in den Kinderschuhen stecke, 3.  die ‚Feminisierung’ der Zahnmedizin und 4. den Vorsprung durch prothetisches Fachwissen.

Passend sein Appell: „Move your As(s)!“ Die Zahntechniker müssten sich bewegen und ein neues Selbstverständnis aufbauen, und dazu gehöre – da stimme er dem Tandem Gehrke/Fischer voll zu: „Ihr braucht den Patientenkontakt!“ Es bringe nichts, „durch das Jammertal des Muffel-Forums zu schwelgen.“ Die Zahntechnik sei ein wichtiger Teil des Systems und müsse dafür kämpfen, dass das auch so bleibe. Der Zahntechniker sei ein auf wissenschaftlicher Grundlage ausgebildeter Handwerker und damit eher dem Augenoptiker vergleichbar als dem Uhrmacher. Bei allem Selbstwert müsse aber eines klar und deutlich gesagt sein, so Suckert: „Eine Behandlung des Patienten durch den Zahntechniker ist und bleibt ausgeschlossen!“ Der eine oder andere Kollege wittere hier zwar „Morgenluft“ hinsichtlich eines Berufsbildes „Prothetiker“, aber, so Suckert dezidiert: „Abgehakt.“

Die zahntechnische Analyse und Diagnose sei etwas Eigenes und ersetze nicht die zahnärztliche Analyse und Diagnose. Was „gemeinsam“ meint, machte er an einem Beispiel deutlich: „Wenn man bei diesem Fall vom Ausgang zu einem solchen Ergebnis kommen will, dann reicht uns kein Gipsmodell!“ Mit einem Ausblick auf die Zukunft des Berufes im Hinblick auf das Ausbildungsinteresse und Vorschläge, wie man Nachwuchs motivieren könne, beendete er unter großem Beifall des Auditoriums seinen groß und rund gezogenen Themen-Bogen. Auch von Moderator Zöllner gab es volle Unterstützung zum Konzept ‚Patient muss zum Zahntechniker’: Er habe kein Verständnis dafür, dass sich ein Zahnarzt durch den Patient-Zahntechniker-Kontakt bedroht fühlen könne. Auf Nachfrage stellte Ralf Suckert Beispiele vor, mit welchen Serviceleistungen das Labor den Zahnarzt unterstützen könne, darunter die phonetische Einprobe als eine von vielen sinnvollen Angeboten.

Mit-Verantwortung durch Kompetenz – und Misserfolge vermeiden durch Erfahrung

Nach einem Vortrag von ZTM Daniel Ellmann/Berlin zur „Mit-Verantwortung der Zahntechnik bei der Implantatversorgung“ mit besonderem Blick auf die Chancen einer digital unterstützten zahntechnischen Planung für ein Patientenwunsch-konformes Behandlungskonzept informierte Prof. Dr. Günter Dhom/Ludwigshafen über das Antikorruptionsgesetz, seine Geschichte, seine Entwicklung und die Bedeutung im Alltag zwischen Zahnarzt und Dentallabor. Es ergäben sich zu den bestehenden Grauzonen durch das neue Gesetz weitere, die sicher unseriöse Konzepte erschwerten. Dennoch müsse sich die Standespolitik bei einer speziellen „Grauzone“ etwas bewegen: „Der Patient muss ins Labor. Da muss ein Weg gefunden werden!“ Für die Kommunikation vor Ort bedeute das aber auch ganz klar: „Der Zahntechniker darf nie den Anschein erwecken, als wäre man Zahnarzt bzw. Zahnärztin!“

Nach spannenden Empfehlungen zur Kommunikation (Pacing & Leading) und Beifall für die hilfreichen Tipps schloss Dr. Karl-Ludwig Ackermann/Filderstadt den Fortbildungstag ab mit einem Bericht aus 30 Jahren Schnittstellenerfahrung Praxis/Labor und Empfehlungen zur Vermeidung von Fehlern, Komplikationen und Misserfolgen. Er nahm unter dem Motto „Sehen macht einsichtig“ das Auditorium mit auf eine optische Reise durch Patientenfälle – vom Start über den oft langjährigen Verlauf bis zum Abschluss. Mit den Erfahrungsjahren lerne man im Mund zu lesen („Das Zahnfleisch ist das End-Organ für Medikamentenprobleme oder auch Krankheiten!“) und die Frage als wichtig zu erachten, warum der Patient diesen oder jenen Zahn verloren habe – und ob ein Implantat dort wirklich die bessere Lösung ist.

Er stellte die verschiedenen Schwierigkeitsgrade unterschiedlicher Herausforderungen vor und warnte vor voreiliger Einschätzung, einen „leichten Fall“ vor sich zu haben. Sehen mache einsichtig – das gelte auch für ihn selbst. Wenn er heute Fälle von früher sehe, sage er sich schon manchmal: „Da würde ich heute anders vorgehen.“ Er machte den Zahntechnikern Mut, auch einmal Nein zu sagen: „Klinisch-diagnostische Fehler des Zahnarztes können nicht im Labor kompensiert werden. Das geht nicht!“