Wurzelkanalaufbereitung

Spülsystem EDDY: Von der Idee bis zur Zulassung

Die DGZMK definiert die Ziele der Wurzelkanalaufbereitung mit der Entfernung des vitalen oder nekrotischen pulpalen Weichgewebes sowie des infizierten Wurzelkanalwanddentins und Gewährleistung einer intensiven chemischen Desinfektion (WK-Spülung) des endodontischen Systems.


Simulationsergebnis

Simulationsergebnis (Schwingungsverhalten bei Luft), © VDW


Gerade die chemische Desinfektion darf nicht unterschätzt werden, denn laut Studienlage erreicht die mechanische Instrumentierung maximal 60–70 % aller Areale des Kanalsystems. Isthmen, Seitenkanäle und apikale Ramifikationen sind ideal als „Versteck“ für Bakterien. Die mit der Kanüle eingebrachte Spüllösung kann nicht tief genug in alle Hohlräume eindringen, um alle infizierten Gewebsreste zu erfassen und aus dem Kanal zu befördern. Um das zu erreichen, muss die Spülflüssigkeit in kraftvolle Bewegung versetzt werden. VDW München hat die EDDY-Idee zu einem praxisreifen Produkt entwickelt.

EDDY steht im Englischen für Strudel oder Stromwirbel. Das beschreibt genau, was das Produkt nach Aktivierung durch einen Airscaler in einem mit Spülflüssigkeit gefüllten Wurzelkanal erzeugen soll. Der Antrieb durch den Airscaler hat den Vorteil, dass er in den meisten Praxen vorhanden ist und deshalb die Anschaffung eines weiteren Geräts entfällt.

Machbarkeitsstudie

Jede Produktneuentwicklung muss als erstes eine Machbarkeitsstudie durchlaufen. Die wird gestartet, sobald von Marketing und Vertrieb eine belastbar positive Einschätzung des Marktpotenzials vorliegt. Die Konzeption wird vom Product Manager in enger Abstimmung mit dem Projektmanager F&E (Forschung & Entwicklung) erarbeitet. Darauf stützt sich die Konstruktion des Instruments. In einem aufwendigen Simulta‧tionsprozess wird das Design von F&E optimiert. Die Experten aus der Produktion sind maßgeblich an der Auswahl des geeigneten Materials hinsichtlich Biokompatibilität, Flexibilität, Schwingungseigenschaften, Bruchfestigkeit und chemischer Widerstandsfähigkeit bezüglich unterschiedlicher Spülflüssigkeiten beteiligt. Schließlich wird die Machbarkeit der Produktion aus technischer und wirtschaftlicher Sicht geprüft.

Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie ist eine Polyamidspitze, die durch ihre Geometrie und besonderen Materialeigenschaften im Bereich 5000 bis 6000 Hz die optimale Schwingungsfrequenz findet. Die akustischen Strömungen wirken im Zusammenspiel mit Kavitationseffekten und bewirken eine effiziente Reinigung des komplexen Kanalsystems und die Entfernung von Debris. Polyamid hat den Vorteil, dass es weicher als Dentin ist und so eine ungewollte Nachbearbeitung der Kanalanatomie ausgeschlossen werden kann. Auch dieser wichtige Aspekt war bereits in der Konzeption definiert. Zur Überprüfung des Schwingverhaltens wurde ein Funktionsmuster aufgebaut, das nach erfolgreichem Abschluss den nächsten wichtigen Schritt ermöglichte.

Prototyping und Nullserie

Die Prototypenherstellung erfolgte mittels serienäquivalenter Fertigungstechnik (Mikrospritzgussverfahren). Die Erprobung mit Prototypen ist sicher die spannendste Phase jeder Produktentwicklung. Die Schwingungseigenschaften konnten nun mittels Hochgeschwindigkeitskamerasystems und im Vergleich mit der Simulation überprüft werden. Als nächster Schritt folgt die professionelle Überprüfung der klinischen Effizienz des Produkts durch mehrere Zahnärzte unter Betreuung durch Dr. Zeppenfeld. Der Aufbau einer Se‧rien‧produktion für das Mikrospritzgussverfahren in einer reinraumähnlichen Fertigungsumgebung wurde aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse unmittelbar nach dieser ersten Erprobungsphase begonnen.

Die Validierung des kompletten Fertigungsprozesses inkl. Sterilität des gebrauchsfertig verpackten Produkts ist ein sehr dokumentations- und zeitintensiver Prozess. Dabei sind zahlreiche strenge Vorgaben zu erfüllen, denen alle Hersteller von Medizinprodukten unterliegen. Spätestens jetzt wird es richtig ernst: Im Versuchslabor wurde der Nachweis der Reinigungswirkung nach einer an der Universität Amsterdam entwickelten Methode geführt. Parallel dazu fanden Anwendertests in zahlreichen Zahnarztpraxen nach performance- und sicherheitsrelevanten Gesichtspunkten statt, so dass einer Anmeldung und Zulassung nichts mehr im Wege stand. Unabhängige klinische Vergleichsstudien sind an mehreren Universitäten initiiert. Mitte September 2015 wurden auf dem 17. Kongress der European Society of Endodontology (ESE) in Barcelona erste Ergebnisse präsentiert

Ein kostenloses EDDY Trial Kit über die VDW-Homepage angefordert werden.

Dr. Reinhold Storch
Projektmanager F & E bei VDW seit 2011