Vermischtes

Taubheitsgefühl deutlich verkürzen

Nach Routinebehandlungen ohne Wundschmerzen lässt sich die Lokalanästhesie mit Vasokonstriktor aufheben. Patienten müssen damit keine lang anhaltenden, störenden Taubheitsgefühle mehr hinnehmen. Zahnärzte bieten diese Methode als Zusatzleistung an.



Die Möglichkeit, das Taubheitsgefühl nach einer dentalen Lokalanästhesie mit einem Phentolaminmesilat-Präparat deutlich zu verkürzen, gibt es seit März 2013 auch in Deutschland. Um dessen Vorzüge Schritt für Schritt kennenzulernen und die Akzeptanz bei Patienten zu testen, berichteten wir zunächst unseren Bekannten und Freunden davon. Alle schilderten sofort ihre Erfahrungen mit dem teils lange anhaltendem Taubheitsgefühl. Dieses kann je nach Patient bis zu fünf Stunden nach Ende des Eingriffs anhalten [1, 2].

Deshalb fanden sich schnell Freiwillige, die sich das neue Präparat nach einer Routinebehandlung ohne Wundschmerz unter Lokalanästhesie mit Catecholamin-Vasokonstriktor injizieren ließen. Alle Patienten befragten wir anschließend telefonisch oder beim nächsten Praxisbesuch nach ihrer Zufriedenheit mit unserer neuen Leistung. Die schnelle Enttäubung stieß auf Gefallen und Patienten fragten nach dem ersten Kennenlernen selbstständig bei weiteren Behandlungen gezielt danach.

Grundsätzlich bieten wir allen Patienten die Injektion nach nicht-chirurgischen Routineeingriffen wie Präparationen von Füllungskavitäten und Inlays, Kronen und Brückenpfeilern an. Wir stellen OraVerse gemeinsam mit der Lokalanästhesie zu Beginn der Sitzung kurz vor. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Patienten bereits bei der Besprechung der Lokalanästhesie selbstständig den Nachteil – sprich das Taubheitsgefühl – beklagen oder den Verzicht auf eine Anästhesie in Erwägung ziehen. Für uns ist das der perfekte Anknüpfungspunkt. Oft haben sie auch bereits die Informationsbroschüre im Wartezimmer oder zu Hause gelesen, wenn wir ihnen diese nach einer Behandlung mitgegeben haben. Auch bei Kindern empfehlen wir das Präparat ausdrücklich nach einer Routinebehandlung, vor allem um Bissverletzungen zu vermeiden. OraVerse ist für alle Patienten ab dem sechsten Lebensjahr und einem Gewicht von mindestens 15 Kilogramm zugelassen.

Vorteile für Zahnarzt und Patient

 Bislang nahmen die Patienten nach einer Lokalanästhesie das unwohle Gefühl in Kauf oder verzichteten bei Routinebehandlungen komplett auf die Betäubung. Beide Situationen sind für uns Zahnärzte von Nachteil. Denn mit dem anhaltenden Taubheitsgefühl denkt der Patient auch nach dem Termin noch an die Behandlung, selbst wenn er unsere Praxis bereits verlassen hat. Hier können sich negative Erinnerungen manifestieren. Der Lokalanästhesie-Verzicht hingegen bringt uns in eine unangenehme Situation: Der Patient wartet während der Behandlung auf den schmerzvollen Moment, er verkrampft. Diese Situation zeigt den großen Stellenwert der dentalen Lokalanästhesie in der Praxis für eine schmerzfreie Behandlung.

Denn trotz moderner und schonender Behandlungsmethoden möchten viele Patienten ungern auf das beruhigende Gefühl der Schmerzfreiheit verzichten. Die Lokalanästhesie ist allerdings mit einer vorübergehenden Beeinträchtigung der Sensorik, Beweglichkeit und des Gefühls von Zunge und Lippen verbunden. Lokalanästhetika enthalten oft neben den Inhaltsstoffen zur Schmerzblockade auch Zusätze wie Adrenalin, die die Blutgefäße am Injektionsort verengen und somit verhindern, dass das Anästhetikum zu schnell vom Wirkort abfließt. Die Wirkung hält daher oft über den Zeitraum der Behandlung hinaus an. Während dieser Zeit ist das Sprechen eingeschränkt. Auch das Essen und Trinken fällt schwer. Abhängig von der individuellen Alltagssituation können derartige Nebeneffekte mehr oder weniger stark belastend sein. Aus zahnmedizinischer Sicht ist eine über die reine Dauer der Behandlung hinausgehende Weichgewebsbetäubung nicht notwendig, wenn die Zahnbehandlung keinen Wundschmerz hinterlässt.

Der konkrete Fall

Am häufigsten kommt OraVerse in unserer Praxis bei Füllungskavitäten und Kronen zum Einsatz, wie beispielsweise bei einem 50-jährigen Patienten: Bei dem Abschlusstermin seiner Behandlungseinheit erfolgt die endgültige Eingliederung einer dreigliedrigen Keramikbrücke von Zahn 35 bis 37. Die Lokalanästhesie ist nötig, weil der Brückenpfeiler an Zahn 37 noch vital ist, der provisorische Befestigungszement jedoch entfernt, der Zahn gereinigt und mit Alkohol getrocknet werden muss. Der Patient zeigt sich von dem zu erwartenden Taubheitsgefühl nicht begeistert, weil er nach der Behandlung bereits eine Verabredung zum Essen hat. Nach seinen bisherigen Erfahrungen kann er anschließend längere Zeit nicht essen und trinken. Jedoch erinnert er sich an die vorangegangene Sitzung, bei der eine provisorische Eingliederung der Brücke zum Zwecke des Probetragens unter Lokalanästhesie vorgenommen wurde.

Damals erhielt der Patient die Informationsbroschüre und wenige Hinweise. Nach der kurzen Beantwortung seiner ergänzenden Fragen „Wie soll das funktionieren?“ und „Muss ich mit Nebenwirkungen rechnen?“ entschied sich der Patient diesmal für die anschließende Enttäubung, um wieder schneller essen zu können. OraVerse injizieren wir nach der etwa einstündigen Behandlung. Bereits 37 Minuten später ist deren Wirkung aufgehoben und wir können die Okklusion und Artikulation der eingesetzten Brücke kontrollieren. Der Patient zeigt sich von der Wirkung positiv überrascht. Er würde sich jederzeit wieder für die Enttäubung entscheiden, weil ihn die Behinderung beim Sprechen, Trinken und Essen nach einer Lokalanästhesie schon immer stark störte.

Fazit

Wie in diesem Fall sind die wenigsten Patienten nach Routineeingriffen bereit, Einschränkungen durch das Taubheitsgefühl zu akzeptieren, die durch die Anästhesie verursacht werden. Mit geringem Beratungsaufwand und dank der Informationsbroschüre im Wartezimmer sowie durch die Lokalanästhesie selbst, setzen wir beim Patienten leicht Impulse, die ihn OraVerse nachfragen lassen. Für alle Patienten ist das Präparat nach geeigneten Behandlungen eine lohnenswerte Zusatzleistung unserer Praxis, um schneller dem Alltag nachgehen zu können. Patienten zahlen für diese Zusatzleistung bei uns bisher 8 Euro für die Materialkosten. Die Injektion verabreichen wir als Serviceleistung ohne Berechnung. Uns ist wichtig, dass die Patienten während und nach der Behandlung ein gutes Gefühl haben.

So wirkt Phentolaminmesilat

An dem Wirkprinzip der Lokalanästhesie mit Vasokonstriktor setzt das Präparat an: Der Wirkstoff Phentolaminmesilat ist ein Antidot, das unmittelbar die Gefäße an der Injektionsstelle weitet und damit den Blutfluss normalisiert. Folglich wird das Anästhetikum schneller abtransportiert und dessen Wirkung lässt nach. Der Wirkstoff Phentolaminmesilat ist bisher vor allem aus der Medizin für seine blutdrucksenkende Eigenschaft bekannt und findet erstmals mit Ora‧Verse® in der Zahnmedizin Anwendung. Dental wird das Präparat mit der gleichen Zylinderampullenspritze wie für die Lokalanästhesie am gleichen Injektionsort und mit dem gleichen Volumen appliziert.

 ZA Claudia Ruppert-Münnich
studierte Zahnheilkunde an der FU Berlin und ist seit 1992 in einer eigenen Praxis in Berlin-Lichtenrade tätig. Zu ihren Schwerpunkten zählen u. a. die Implantologie, CEREC-Restaurationen und die Prophylaxe.
Kontakt: ruppert-muennich@telemed.de