Röntgen: 2D-Aufnahmen immer besser
3D-Röntgen zog auf der Internationalen Dental-Schau 2015 großes Interesse auf sich. Dabei ist die 2D-Aufnahme längst nicht ausgereizt – und punktet im Praxisalltag sogar mit neuen medizinischen und ökonomischen Argumenten.
Es gibt kaum eine Praxis, die nicht über das digitale intraorale Röntgensystem hinaus ein Panoramaröntgengerät mit digitalem Sensor braucht. Zu den Qualitätsmerkmalen zählt dabei, dass der Patient perfekt positioniert sein muss und die Umlaufkurve des Sensors um den Kopf herum exakt abgefahren wird. Aber was heißt hier „exakt“? Tatsächlich gibt das herkömmliche Röntgensystem in der Regel eine bestimmte Kurve vor. Man kann sie sich als ein annähernd im Halbkreis gebogenes Blatt Papier vorstellen, das senkrecht auf der Kieferebene steht und im besten Falle alle Zähne mittig teilt. Aber die Natur folgt selten einer idealisierten Kurve. Stattdessen liegen zum Beispiel Ober- und Unterkieferfrontzähne nie in derselben Vertikalebene. Außerdem sind alle Zähne unterschiedlich geneigt und stehen selten genau im rechten Winkel auf der Kieferebene. Die gängige Lage der Panoramaschicht ist daher als Kompromiss anzusehen: Aufgenommen wird gemäß einem Durchschnittsgebiss – exakt, aber nicht individuell optimiert, herausragende Geräte bieten bis zu drei Gebisstypen zur Auswahl.
Digitale Chancen ausgeschöpft
Neuere digitale Panoramageräte erzeugen „Multi-Schicht-Aufnahmen“ in einem Arbeitsgang. Der Zahnarzt muss allerdings manuell die schärfste Schicht auswählen. Das letztlich zur Diagnose genutzte Röntgenbild ist ein Kompromiss der besten Einzelaufnahme aus den erzeugten Schichten. Die Vorteile moderner digitaler Bildverarbeitung lassen sich aber noch weiter ausschöpfen. Denn eine intelligente Software kann auf der Basis einer Multi-Schicht-Aufnahme selbst erkennen, welche Bereiche bei einer bestimmten Schicht scharf und welche unscharf dargestellt werden.
Vorteile für die Diagnose
Realisieren lässt sich diese Möglichkeit, indem man beim Umlauf entlang von zwanzig parallelen Schichten Aufnahmen erstellt, jede davon in 1000 Segmente unterteilt und für jedes dieser Segmente immer nur die schärfste Variante auswählt – natürlich alles automatisch dank einer für diese herausfordernde dentale Aufgabe maßgeschneiderten Software. Sie fügt die ausgewählten Bildbereiche wieder zusammen, was schließlich das Panoramabild für Diagnosezwecke ergibt.
Damit entfällt sogar die Notwendigkeit einer manuellen Auswahl der schärfsten Aufnahme. Quasi „wie von Geisterhand“ liefert das neuartige Verfahren mit dem Namen S-Pan-Technologie direkt ein an der individuellen Anatomie des Patienten orientiertes Panoramaröntgenbild. Abweichungen des Zahnbogens vom Idealverlauf des Durchschnittsgebisses und unterschiedliche Zahnneigungen sind hier berücksichtigt.
Das Ergebnis ist ein Bild von bestechender Klarheit, in dem der Zahnarzt die diagnostisch entscheidenden Strukturen sofort vorfindet: zum Beispiel alle Zahnwurzeln sowohl im Unter- als auch im Oberkiefer, den Mandibularkanal oder auch eine aussagekräftige Darstellung der Knochenstruktur. Damit erfolgt die Diagnose in der Regel deutlich schneller und sicherer als bei herkömmlicher Digitaltechnik oder auch konventionellen Aufnahmen.
Vorteile für die Strahlenhygiene
Da sich die Rekonstruktion an der tatsächlichen Lage des Gebisses ausrichtet, folgt als vorteilhafter „Nebeneffekt“: Fehlpositionierungen in einem für den Praxisalltag üblichen Maß kann die neue Technologie ausgleichen. Es kommt daher zu deutlich weniger Wiederholungsaufnahmen. Damit wird so mancher Patient einer geringeren Strahlendosis ausgesetzt.
Das VistaPano S kombiniert die S-Pan-Technologie mit Sensoren mit Cäsiumiodid als Scintillator-Material. Dieses verspricht dank geringer Streuverluste eine besonders hohe Lichtausbeute und damit ein besseres Signal-Rausch-Verhältnis als herkömm‧liche Materialien. Die Umwandlung von Röntgenstrahlen in elektrische Signale erfolgt insgesamt effektiver [1]. Schon heute wird mit der Cäsiumiodid-Scintillator-Technik eine diagnostisch hervorragende Bildqualität bei geringer Strahlendosis erreicht. In einem Schnellscan-Modus (Standard beim VistaPano S) ist es daher möglich, eine Panoramaaufnahme innerhalb von nur sieben Sekunden anzufertigen.
Vorteile speziell für Kinder
Insbesondere im Fall von Röntgenaufnahmen bei den jüngsten Patienten erscheint die möglichst weitgehende Reduzierung der Strahlendosis stets wünschenswert. Die Cäsiumiodid-Scintillator-Technik stellt dazu einen wichtigen Fortschritt dar. Auch bei einem damit ausgestatteten System wird der Zahnarzt bzw. die Röntgenassistenz daher auf die Möglichkeit zur Strahlenfeldeingrenzung Wert legen. Dies kann für die Praxis etwa in speziellen Kinderaufnahmemodi mit verkleinertem Belichtungsbereich realisiert sein. Die Dosis lässt sich damit um bis zu 56 Prozent reduzieren. Dennoch werden beispielsweise Zahnkeimlinge besser dargestellt als mit herkömmlichen Verfahren, weil sich die Aufnahme an der Kieferform orientiert und so anatomisch an das Kindergebiss anpasst. Die S-Pan-Technologie unterstützt das Team in puncto Strahlenhygiene darüber hinaus durch die Verminderung von Wiederholungsaufnahmen. Über Spezial-Aufnahmemodi für Kinder sollte ein zeitgemäßes Panoramagerät selbstverständlich weitere Optionen bieten, wie etwa für Halbseiten- oder Frontaufnahmen, orthogonale Bissflügelaufnahmen, Kiefergelenkaufnahmen zur Funktionsdiagnostik und Sinusaufnahmen zur Nasennebenhöhlendarstellung (z. B. VistaPano S, Dürr Dental, Bietigheim-Bissingen).
Für Fragestellungen in der Kieferorthopädie bietet sich ein Panoramaröntgensystem an, das über eine zusätzliche Ceph-Funktion verfügt (z. B. VistaPano S Ceph). Diese Erweiterung lässt sich optisch an einem zusätzlichen Ausleger erkennen. Mit einem solchen System kann ein Scan für die Cephalometrie in 4,1 Sekunden erfolgen. Dies ist so schnell, dass unscharfe Aufnahmen infolge einer Bewegung des Patienten von vornherein vermieden werden. Insgesamt werden fünf weitere Aufnahmemöglichkeiten unterstützt, darunter für die Kieferorthopädie „Kopf Lateral“ und „Kopf PA/AP“ und zur Prüfung des Wachstumsstandes die Handwurzelaufnahme.
Wirtschaftliche Praxisführung
Ein zeitgemäßes Röntgengerät muss sich selbstverständlich auch ökonomisch sinnvoll in die Praxis integrieren. Digitale Systeme verbessern gegenüber analogen grundsätzlich den Workflow. Man denke nur an die zeitnahe Verfügbarkeit der Aufnahmen oder an die Möglichkeit zum E-Mail-Versand und zur anschließenden Diskussion mit Kollegen.
Die Volumentomographie kann zwar bei einzelnen Indikationen Vorteile bringen oder sogar indiziert sein, wie etwa wenn das zweidimensionale Röntgenbild Hinweise auf eine räumliche Beziehung zwischen Mandibularkanal und Zahnhals gibt [2]. Kommen diese jedoch im Alltag der eigenen Praxis selten vor, werden für die 3D-Aufnahme Kooperationsmöglichkeiten mit Kollegen, Diagnosezentren etc. genutzt und schwierige Fälle zum Spezialisten überwiesen, so erweist sich das zweidimensionale Röntgen als die medizinisch vollkommen ausreichende und schon wegen des deutlich geringeren Anschaffungspreises wirtschaftlich sinnvolle Wahl. Bei Nutzung der S-Pan-Technologie kommt die Verminderung von Wiederholungsaufnahmen hinzu, was – abgesehen von der Strahlenhygiene – auch Zeit spart. Darüber hinaus erfolgt die Rekonstruktion des endgültigen Röntgenbilds vollautomatisch. Der Zahnarzt hält sich mit keinerlei manueller Segmentierung und Auswahl bestimmter Zonen der optimalen Schärfe auf, sondern beginnt sogleich mit der Diagnose.
Fazit
Die S-Pan-Technologie schafft es, die Möglichkeiten der Digitaltechnik im Bereich des dentalen Röntgens nochmals deutlich stärker zur Geltung zu bringen, als es so mancher sich bisher vorstellen konnte. Über die oben ausgeführten Vorteile der Software hinaus werden nicht zuletzt dünnere Panoramaschichten verwendet, was alle Aufnahmen per se detailreicher werden lässt. Dank der automatisierten Anpassung an die Anatomie sind sogar alltagsübliche Fehlpositionierungen gleich mitausgeglichen. Speziell bei Kindern überzeugt die bessere Darstellung der Zahnkeimlinge unmittelbar von der diagnostischen Qualität. Last but not least wird mit der S-Pan-Technologie die Strahlendosis, die beim 2D- gegenüber dem 3D-Röntgen ohnehin niedriger liegt, gegenüber herkömmlichen Geräten nochmals gesenkt. Zwei Dimensionen sind nicht nur gar nicht so schlecht, sie reichen vielfach vollkommen aus und bringen in puncto Strahlenhygiene und Wirtschaftlichkeit unmittelbare Vorteile für die Praxis. Das VistaPano S Ceph punktet mit einem schnellen Ceph, die einer One-Shot-Lösung sehr nahe kommt, und dem preislichen Vorteil gegenüber One-Shot-Lösungen.
Frank Kiesele leitet das Produktmanagement Diagnostische Systeme bei der DÜRR DENTAL AG.
kiesele.f@duerr.de