Plädoyer für die intraligamentäre Anästhesie

Intraligamentäre Anästhesie first?

In mehr als 100 Jahren ist die gelehrte Grundauffassung der Lokalanästhesie gewachsen und fest in Lehre und Praxis verankert. An allen Universitäten – weltweit – werden die Infiltrations- und die Leitungsanästhesie als Basismethoden der lokalen oralen Schmerzausschaltung gelehrt und eingeübt. Eine weitere Möglichkeit der Lokalanästhesie – die intraligamentäre Anästhesie – wird nur am Rande erwähnt: „Bei einer apikalen Parodontitis führt eine zusätzliche intraligamentäre Injektion vielfach zur Schmerzfreiheit“ (Schwenzer und Ehrenfeld 2000, 2008).



Die seit Malamed (1982), Kaufman (1983, 1992), Walton (1990) und Glockmann (1997, 2002, 2005) gewonnenen Erkenntnisse haben dazu geführt, die gelehrte Grundauffassung zu überdenken, „zuerst die Infiltrations- oder die Leitungsanästhesie anwenden“ und die ILA (intraligamentäre Anästhesie) erst dann in Betracht zu ziehen, wenn die „Basismethoden“ keine ausreichende Analgesie gebracht haben. Inzwischen stellt auch die Wissenschaft die intraligamentäre Anästhesie gleichberechtigt neben die Infiltrations- und Leitungsanästhesie (Benz et al. 2015; Daubländer, Kämmerer und Liebaug 2016).

Prinzip

Das Prinzip der „intraligamentären Anästhesie“ wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstmals – in Frankreich – beschrieben, es konnte sich aber nicht positionieren, weil es an den erforderlichen Instrumentarien fehlte, um das Anästhetikum punktgenau zu injizieren. Auch gab es Schwierigkeiten, die Wirkungsweise zu belegen.
Durch histologische Studien konnte der Wirkmechanismus der intraligamentären Anästhesie inzwischen vollständig aufgeklärt werden.

Die Ergebnisse der in den letzten 15 Jahren durchgeführten klinischen Studien bestätigen die dadurch gewonnenen Erkenntnisse.

  • Die Ausbreitungswege der intraligamental injizierten Anästhetika beschränken sich keinesfalls auf den desmodontalen Spalt, obwohl auch dieser passiert wird.
  • Die Injektionslösungen treten sehr schnell über die Fensterungen der Lamina cribrosa in den vaskularisierten Alveolarknochen über.
  • Die Lösungen erreichen in kurzer Zeit die Wurzelspitze. Die Anästhesie tritt unverzüglich ein – ohne Latenz.

Der Anästhesieeffekt beruht bei der intraligamentären Anästhesie (ILA) hauptsächlich auf der intraossären Ausbreitung der Anästhetika. Trotz dieser Verbreitungswege der Anästhesielösungen bleibt ihre Applikation eine intraligamentale oder intradesmodontale Injektion.

Materialien/Methoden

Seit den 1970er Jahren stehen Injektionssysteme zur Verfügung, mit denen der vom Behandler aufzubauende Injektionsdruck zur Injektion des Anästhetikums in den Desmodontalspalt durch ein mehrstufiges integriertes Hebelsystem verstärkt wird. Der aufgebaute Druck wird über eine Zahnstange auf den Lochstopfen der Anästhetikum-Zylinderampulle und die Injektionskanüle übertragen und gegen den Gewebswiderstand ins Parodontium gepresst. Die erste Generation dieser Spritzensysteme hatte die Form einer Pistole; mit einem Durchzug wurden 0,2 ml Anästhetikum freigesetzt (s. Abb. 1). Die zweite Generation der Intraligamentalspritzen waren die Dosierhebelspritzen, mit denen pro Hub etwa 0,06 ml Anästhetikum appliziert werden können. Die Mechanik ist vergleichbar.

Die Kraftverstärkung erfolgt über ein integriertes mehrstufiges Hebelsystem, die Druckübertragung auf den Lochstopfen der Karpule über eine Zahnstange (s. Abb. 2). Bereits 1983 bewertete die ADA (American Dental Association) Spritzen mit integrierten mehrstufigen Hebelsystemen zur Kraftverstärkung als nur bedingt geeignet für periodontale Ligamentinjektionen (Giovannitti und Nique 1983), da der Behandler dabei nur sehr begrenzt die Möglichkeit hat, die individuellen anatomischen Gegebenheiten des Patienten zu spüren und seinen Injektionsdruck entsprechend anzupassen, mit der Folge unerwünschter Effekte – Elongationsgefühl, Nekrosen – und einer zu geringen Erfolgsquote.

Kraftverstärkung Dosierrad

Medizintechnischer Fortschritt hat dazu geführt, dass heute Injektionssysteme zur Verfügung stehen, mit denen der erforderliche Injektionsdruck leicht und durch den Behandler gut zu kontrollieren aufgebaut werden kann. Die Kraftverstärkung erfolgt – ohne ein integriertes mehrstufiges Hebelsystem – über ein Dosierrad, das den aufgebauten Druck direkt auf die Zahnstange, die Anästhetikum-Karpule und die Kanüle überträgt (s. Abb. 3). Die vom Behandler aufgebaute Kraft wird über zwei fest miteinander verbundene Zahnräder – infolge des Größenverhältnisses des Radantriebs – 5,5:1 verstärkt und direkt auf die Zahn-Kolbenstange übertragen.
Mit diesen Spritzensystemen ist es möglich, den interstitiellen Gegendruck direkt – in dem Daumen – zu spüren und den eigenen Injektionsdruck sehr individuell den anatomischen Gegebenheiten des Patienten anzupassen. Durch sehr langsame Injektion in den Sulcus gingivae entlang des Zahnhalses wird das Anästhetikum dem Desmodontalgewebe „angedient“ und von diesem resorbiert – es diffundiert in den spongiösen Alveolarknochen (Abb. 5).

Zur Vermeidung von unerwünschten Effekten sollten nur Spritzensysteme für die intraligamentale Injektion von Anästhetikum verwendet werden, bei denen der Druckaufbau ohne integrierte mehrstufige Hebelsysteme erfolgt.

Auch mit elektronisch gesteuerten Injektionssystemen, z. B. dem STA-System (Abb. 4), sind intraligamentale Injektionen ohne unerwünschte Effekte uneingeschränkt möglich.

Für die intraligamentäre Anästhesie sollten nur bewährte Anästhetika, z. B. Articain, appliziert werden. Alle heute verwendeten Lokalanästhetika bewirken mehr oder weniger eine Vasodilatation (wahrscheinlich antiadrenerger Effekt), die länger anhält als die Analgesie. Eine gute Vaskularisierung des Kopf-Hals-Bereichs, daraus resultierendes schnelles Abfluten des Anästhetikums vom Injektions- und Wirkort und der damit verbundene Eintritt in den systemischen Kreislauf sind Gründe dafür, weshalb heute den Lokalanästhetika gefäßverengende Substanzen (Vasokonstringenzien) zugesetzt werden.

Adrenalinzusatz

Die unterschiedlich bewertete Bedeutung von Adrenalinzusätzen zu den Anästhetika bei intraligamentären Anästhesien war die Basis einer Vergleichsstudie von Gray et al. (1987). Für ihre klinische Studie verwendeten Gray et al. (1987) Lignocaine (Lidocain) 2 % mit Adrenalin 1 : 80 000 oder Lignocaine (Lidocain) 2 % ohne Vasokonstriktor. Die klinischen Anforderungen waren überwiegend restaurative Aufgaben, einige Extraktionen und Pulpaexstirpationen. Pro Wurzel wurden 0,2 ml Anästhetikum appliziert; die Anästhesie trat meist unverzüglich, spätestens jedoch nach 30 Sekunden ein. Bei Ausbleiben der Analgesie wurde die gleiche Menge intraligamental nachinjiziert.

Der Zusatz von Adrenalin zur Anästhetikalösung verdoppelte die Erfolgssicherheit der Analgesie:

  • 91,6 % Erfolgsrate bei Verwendung von Lignocaine 2 % mit Adrenalin 1 : 80 000
  • 42 % Anästhesieerfolg bei Verwendung von Lignocaine 2 % OHNE Zusatz.

Postoperative Nebenwirkungen oder Komplikationen („minor discomfort“) traten in 5 Fällen auf, die sich auf beide Gruppen verteilten. Sie klangen innerhalb von 48 Stunden ab. Von den Autoren der Studie wird empfohlen, für die intraligamentäre Anästhesie – bei Verwendung von Lignocaine – eine Anästhetikumlösung mit Adrenalin zu verwenden (Gray et al. 1987). Die dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechenden Injektionssysteme ermöglichen eine sichere Schmerzausschaltung sowohl vor indizierten Extraktionen als auch vor konservierenden, restaurativen und auch vor endodontischen Behandlungen (Heizmann und Gabka 1994, Dirnbacher et al. 2003, Weber et al. 2006, Prothmann et al. 2010, Langbein et al. 2013).

Systemadaptierte Kanülen

Für eine minimalinvasive intraligamentäre Anästhesie sollten mit dem Injektionssystem systemadaptierte Kanülen mit einem Durchmesser von 0,3 mm – alte englische Bezeichnung 30 G(auge) – und einer Länge zwischen 12 und 16 mm mit extrakurzem Anschliff kombiniert werden.

Das Anästhetikum ist unter minimalem Druck in den Desmodontalspalt zu injizieren. In Kontakt mit dem Zahnhals wird die Kanülenspitze etwa 1 – 2, max. 3 mm in den Parodontalspalt eingeführt, bis Knochenkontakt spürbar wird. Das intraligamental injizierte Anästhetikum breitet sich entlang der Zahnwurzel und intraossär aus und erreicht in etwa 30 Sekunden das Foramen apicale (Abb. 5). Auf diese Weise werden sowohl die Pulpa als auch die zahnumgebenden Nervenendigungen desensibilisiert (Garfunkel et al. 1983, Plagmann und Jagenow 1984, Tagger et al. 1994). Pro Zahnwurzel sind etwa 0,2 ml Anästhetikum zu applizieren.

Damit das Anästhetikum problemlos ins Desmodont diffundieren kann, muss es sehr langsam – den anatomischen Verhältnissen des Patienten angepasst – injiziert werden (Glockmann und Taubenheim 2002, Zugal et al. 2005, Weber et al. 2006, Prothmann et al. 2009, Dirnbacher et al. 2013).

Injektionszeiten

Die Injektionszeit beträgt:

  •  bei der ersten Wurzel etwa 20 Sekunden,
  • bei der zweiten Wurzel desselben Zahns > 20 Sekunden und
  • bei einer dritten Wurzel desselben Zahns ≥ 25 Sekunden.

Dadurch wird vermieden, dass es zu einer Depotbildung kommt, sich der Zahn minimal in der Alveole bewegt (Huber und Wilhelm-Höft, 1988) und ungewünschte Effekte nach Ende der Anästhesie generiert werden (Druckschmerz, Elongationsgefühl). Diese angepasst langsame Injektion ins Ligament beugt gleichfalls druckbedingten Gewebsveränderungen (Nekrosen) vor, die ggf. iatrogen sind (Zugal et al. 2005).
Damit bei der Umplatzierung der Kanüle kein Anästhetikum – unnötigerweise – in den Mund des Patienten läuft, sollte der Injektionsdruck am Ende der Injektion durch den Behandler abgebaut werden können (Zugal 2001).

Die Anästhesie tritt unverzüglich ein und ist nach etwa 30 Sekunden in voller Tiefe ausgeprägt; bei entzündetem Gewebe kann sich der Anästhesieeintritt leicht (60 – 90 sec) verzögern, da das Anästhetikum aufgrund des veränderten pH-Werts des Gewebes langsamer anflutet (Weber et al. 2006). Nach circa 30 Minuten ist das Empfindungsvermögen wieder zurückgekehrt. Bei länger dauernden Behandlungen kann problemlos intraligamental nachinjiziert werden, ggf. in die Furkation. Dank der kurzen Anästhesiedauer ist die Dispositionsfähigkeit des Patienten nach Abschluss der Behandlung – gleich welcher Art – nicht eingeschränkt, im Gegensatz zu den konventionellen Methoden der Lokalanästhesie (Dirnbacher und Weber 2006).

Grenzen der ILA

Wegen der nur geringen injizierten Anästhetikamengen und der begrenzten Ausbreitung des injizierten Anästhetikums ist die intraligamentäre Anästhesie (ILA) nur bedingt für länger dauernde und ausgedehnte dentoalveoläre chirurgische Eingriffe geeignet. Für großflächige extensive chirurgische Eingriffe von längerer Dauer sollte die ILA nicht gewählt werden (Glockmann et al. 2005, Dirnbacher und Weber 2006].
Alle histologischen Studien (Walton und Garnick 1982, Fuhs et al. 1983, Galili et al. 1984) kommen zum gleichen Ergebnis: Nach intraligamentalen Injektionen war kein histologischer Befund von Gewebezerstörungen und kein Beweis von irgendwelchen Gewebeschäden gleich auf welcher Ebene festzustellen. Alle Autoren kommen zu dem Schluss, dass die intraligamentäre Zahnanästhesie sicher ist – mit minimalen, kurzzeitigen und reversiblen Entzündungen – und dass sie die Zahnheilkunde um eine zuverlässige Lokalanästhesiemethode erweitert.

Die Auswirkungen der intraligamentalen Injektion auf das Pulpagewebe wurden von Lin et al. (1985) untersucht. Es wurden keine pathologischen Veränderungen wie hydropische Degeneration, ischämische Nekrosen oder Entzündungen in den Pulpen der untersuchten Zähne beobachtet.

Die in den Publikationen des letzten Jahrhunderts angeführten, bei intraligamentalen Injektionen generierten unerwünschten Effekte stehen wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit den angewandten Injektionssystemen, den damals ausschließlich verfügbaren Pistolen- und Dosierhebelspritzen. Mit diesen Spritzensystemen hat der Behandler die Möglichkeit, das Anästhetikum mit viel zu hohem Druck zu applizieren und dadurch die druckbedingten Effekte zu generieren (Zugal et al. 2005, Tobien und Schulz 2000, Dirnbacher et al. 2013).

Bei Wundheilungsstörungen – Dolor post extractionem – werden die Infektionen nicht durch die Injektion ausgelöst, sondern speziell durch die apikale Ostitis bei zerstörten Zähnen (Tsirlis et al. 1992, Heizmann und Gabka 1994).

Bakteriämien können durch zahlreiche zahnmedizinische Maßnahmen ausgelöst werden (van Husen et al. 1997). Von Interesse ist die Sepsis, die möglicherweise durch die Forcierung von Bakterien in das Gewebe und in die Blutbahn (Bakteriämie) durch die Injektionsnadel resultieren kann. Walton und Abbott (1981) präzisieren, dass dies bei intraligamentalen Injektionen vermutlich der Fall ist, aber wahrscheinlich in keinem größeren Umfang als bei anderen zahnmedizinischen Verfahren. Die intraligamentale Injektion kann mit subgingivalem Scaling (Scaling und Root Planing) verglichen werden, was in einem kleinen Prozentsatz der Fälle zu Bakteriämien führt. Diese Bakteriämien waren transient (Walton und Abbott 1981).

Unerwünschte Effekte und Nebenwirkungen

Unerwünschte Effekte und Nebenwirkungen (Elongationsgefühl, Druckschmerz) – nach dem Abklingen der intraligamentären Anästhesie – werden in diversen Publikationen beschrieben (Faulkner 1983, Kaufman et al. 1983, Malamed 1982, Plagmann 1987, Glockmann et al. 1997). Bei Vorkontakten, Diskomfort und Elongationsgefühl liegt die Ursache oft darin, dass die Injektion der Anästhesielösung mit zu hohem Druck unter nicht ausreichender Berücksichtigung der individuellen anatomischen Verhältnisse des Patienten erfolgt.
Huber und Wilhelm-Höft (1988) haben in einer Studie gezeigt, dass Zähne in ihrer Alveole bewegt werden können: Während der intraligamentalen Injektion wird ein Flüssigkeitsvolumen in einen Raum gepumpt, der bereits vollständig ausgefüllt ist. Da Flüssigkeiten inkompressibel sind, kommen primär nur eine Dehnung des Alveolarfachs oder eine Verlagerung des parodontalen Flüssigkeitspolsters nach Art eines hydraulischen Druckausgleichs in Betracht (was von den Zahn umgebenden Nervenendigungen registriert wird).
Um unerwünschte Effekte zu vermeiden, ist das Anästhetikum sehr langsam zu injizieren, um dem Gewebe Gelegenheit zu geben, die applizierte Lösung zu resorbieren (Tobien und Schulz 2000, Zugal et al. 2005, Dirnbacher et al. 2013). Mit zunehmender Injektionszeit nimmt der erforderliche Injektionsdruck zur Überwindung des Gewebswiderstands kontinuierlich ab.

Kontraindikationen

Grundsätzlich ist die intraligamentäre Anästhesie für alle Patientenkategorien anwendbar, lediglich für endokarditisgefährdete Patienten gibt es eine Einschränkung (cave). Bei ihnen gilt generell besondere Vorsicht, da die Absiedlung von Bakterien aus dem Blut (Bakteriämien) bei diesen Patienten zu ernsthaften Komplikationen führen kann. Bei diesen Patienten sind invasive Eingriffe unter Antibiotikaschutz vorzunehmen (Frenkel 1989). Diese Vorsichtsmaßnahme ist nicht nur bei einer intraligamentären Anästhesie, sondern auch bei anderen Manipulationen am Zahnfleischsulkus, z. B. Zahnsteinentfernungen, einzuhalten. Glockmann et al. (2002) definieren, dass das Risiko einer Endokarditis eine absolute Kontraindikation für die ILA ist.
Bei jungen, gesunden Patienten (m/w) mit festem Desmodont (Marshall 2001, Dirnbacher 2002, Weber 2005) wird die intraligamentale Injektion mittels sensibler Instrumentarien erleichtert. Bei PA-vorgeschädigten Patienten muss der aufzubauende Injektionsdruck vom Behandler auf die anatomischen Verhältnisse des Patienten gut abgestimmt werden (Marshall 2001, Prothmann et al. 2010).

ILA, die Anästhesiemethode der Wahl

Für Risikopatienten mit kardiovaskulären Erkrankungen ist die ILA die Anästhesiemethode der Wahl. Sie wird – wegen der nur geringen erforderlichen Anästhetikamengen – bei Hochrisikopatienten nach Herzinfarkten, mit kardialen Bypässen und anderen koronaren Erkrankungen empfohlen, da sie zuverlässig, einfach und ohne Nebenwirkungen ist (Garfunkel et al. 1985, Heizmann und Gabka 1994).

Dies gilt auch für Patienten mit hämorrhagischer Diathese und unter Antikoagulanzienbehandlung. Andere Lokalanästhesiemethoden, inbesondere die Leitungsanästhesie, sind bei dieser Patientengruppe kontraindiziert (Stoll und Bührmann 1983, Stoll et al. 1986, Schwenzer und Ehrenfeld 2000, 2008).
Infolge der feinen Kanülenstiche treten bei der Behandlung von Kindern und Behinderten (Davidson und Craig 1987, Zugal, 2001) praktisch keine Schmerzsensationen auf, speziell wenn vor der Insertion der Kanüle ein Tropfen Anästhetikum an der Injektionsstelle (Glockmann und Taubenheim 2002, Langbein et al. 2013) abgelegt wird (Abb. 6). Die Gefahr postoperativer Bissverletzungen ist deutlich reduziert, da keine Taubheit in Wangen, Zungen- und Lippenbereich nachzuweisen ist (Davidson und Craig 1987).
Vorbehalte gegen „die Spritze“ lassen sich durch die intraligamentäre Anästhesie – lege artis angewandt – leicht abbauen. Da der Bereich der Anästhesie sehr eng begrenzt ist, empfindet der Patient diese Schmerzausschaltung nicht im angrenzenden Bereich und fühlt sich nicht beeinträchtigt – weder während noch nach Abschluss der Behandlung.

Fazit

Die konventionellen Lokalanästhesiemethoden Infiltrations- und Leitungsanästhesie sollten wegen der bekannten unerwünschten Effekte und Risiken nur noch angewendet werden, wenn der Patient sie ausdrücklich wünscht – und dazu ausdrücklich sein Einverständnis gibt – oder die intraligamentäre Anästhesie die Anforderungen nicht erfüllen kann, z. B. bei großflächigen dentoalveolären chirurgischen Maßnahmen.
Die intraligamentäre Anästhesie ist eine primäre Methode der dentalen Lokalanästhesie. Sie ist den konventionellen Methoden der Lokalanästhesie bei fast allen zahnmedizinischen Indikationen und Patientengruppen signifikant überlegen und weniger risikobehaftet; Gefäß- und Nervläsionen sind nicht möglich, weshalb das Aufklärungsprozedere über Risiken und Alternativen – gemäß Patientenrechtegesetz BGB § 630 (2013) – mit dem Patienten substanziell abgekürzt werden kann.

Dr. Wolfgang Bender
studierte Zahnmedizin in Bonn und Düsseldorf und war von 1972 bis 2009 niedergelassen in eigener Praxis in Düsseldorf. Er ist zurzeit als Dozent am Zentrum für Implantatdiagnostik ZID, Düsseldorf, tätig, Schwerpunkt Optimierung der Praxisorganisation.
dr.w.bender@gmx.de

Lothar Taubenheim
ist als Autor und Dozent zum Thema minimalinvasive Schmerzausschaltung aktiv.
LT.Lothar.Taubenheim@ t-online.de