Differenzierte Lokalanästhesie
Eine Orientierung für die Durchführung der dentalen Lokalanästhesie in der Praxis bietet der vorliegende Leitfaden.
Als Folge der Veränderungen der demografischen Struktur und der zunehmenden Zahl von chronischen Erkrankungen in der Bevölkerung müssen Zahnärzte bei der dentalen Lokalanästhesie besonders auf den Gesundheitszustand von Patienten achten (1). Darüber hinaus geht es darum, den Komfort und die Sicherheit für den Patienten und den Zahnarzt zu optimieren und sich der rechtlichen Aspekte einer Lokalanästhesie bewusst zu sein. Es gilt das Anästhetikum und die Injektionstechnik auszuwählen, die am besten zur klinischen Situation und zu den spezifischen Erfordernissen des Patienten passen. Eine Orientierung für die Durchführung der dentalen Lokalanästhesie in der Praxis bietet der vorliegende Leitfaden, der bei einem Roundtable im Deutschen Ärzteverlag mit freundlicher Unterstützung des Lokalanästhetika-Herstellers Sanofi erarbeitet wurde.
Mit ihren „Tipps aus der Praxis für die Praxis“ entkräften die drei erfahrenen Experten, Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer, PD Dr. Dr. Peer Wolfgang Kämmerer und Prof. Dr. Frank Liebaug, Mythen und bieten eine Hilfestellung für eine patienten- und indikationsorientierte sowie sichere Schmerzausschaltung.
Dabei ist die dentale Lokalanästhesie sehr sicher: Jährlich werden circa 70 Millionen Injektionen in Deutschland durchgeführt (2), die Komplikationsrate ist mit 4,5 Prozent gering. Allgemein gilt die Lokalanästhesie als Visitenkarte der zahnärztlichen Behandlung. Denn die Behandlungsqualität selbst kann der Patient weit weniger beurteilen als das Ergebnis der Lokalanästhesie. Wer dies außer Acht lässt, verpasst die Chance, seine Praxis entsprechend zu positionieren. Noch immer wird in Deutschland zur sicheren Schmerzausschaltung häufig überdosiert − verständlich, doch es muss nicht sein. „One fits all“ ist überholt. Denn es geht nicht mehr nur darum, die Patienten schmerzfrei zu behandeln. Der Patientenwunsch nach einer schnell abklingenden, aber dennoch sicheren Lokalanästhesie, wird für das Praxisimage immer wichtiger (3). Eine differenzierte Lokalanästhesie schafft den adäquaten Einstieg in die Behandlung.
1. Anamnese
Mit Gesundheitsfragebogen und persönlichem Gespräch Überdosierung vermeiden
Die Anamnese soll dazu beitragen, den Patienten mit seinen Risikofaktoren und Erwartungen an die Behandlung besser kennenzulernen. Die Zunahme der Patienten mit chronischen Erkrankungen macht es nötig, mehr Zeit in die Anamnese und in das Patientengespräch zu investieren als in der Vergangenheit. Generell lassen sich Gesundheitsfragen nicht einfach „abhaken“. Im persönlichen Patientengespräch ermittelt der Zahnarzt die Erfahrungen und Erwartungen des Patienten und zieht die Schlüsse für die notwendige Behandlung und die dafür benötigte differenzierte Lokalanästhesie. Neben den medizinisch relevanten Informationen − Vorerkrankungen, Allergien, Medikamenteneinnahmen und subjektive Beschwerden – wird der psychosoziale Lebenskontext durch den Behandler ermittelt. Gespräche und Gesundheitsfragebögen helfen dabei, das optimale Lokalanästhetikum und die richtige Dosierung des Vasokonstriktors für den jeweiligen Patienten zu ermitteln. Gegebenenfalls sind Rücksprachen mit dem Hausarzt nötig, um einen Behandlungsplan sicher abzustimmen und stress- sowie schmerzfrei zu behandeln und den endogenen Adrenalinspiegel in Kombination mit dem eventuell injizierten Adrenalin möglichst gering halten zu können (siehe Tabelle 1).
Patientenzustand einschätzen
Eine gute Orientierung bezüglich des Patientenzustands bietet das metabolische Äquivalent, das verwendet wird, um die Belastbarkeit des Patienten und damit seine Behandlungsfähigkeit zu bewerten. Ab einem metabolischen Äquivalent von <4 (Patient kann ein bis zwei Häuserblöcke in langsamer Geschwindigkeit gehen) oder konkret wenn die Frage „Können Sie problemlos ein Stockwerk hochgehen?“ verneint wird, liegt eine eingeschränkte Belastbarkeit – auch bezüglich der Lokalanästhesie – vor. Hilfreich ist darüber hinaus die sechsstufige ASA-Klassifikation der American Society of Anesthesiologists (4), (Tab. 1). Bei Patienten ab ASA-Klasse III sollte geprüft werden, ob die ambulante Behandlung möglich ist. Generell ist bei allen Risikopatienten eine stressfreie und schonende Behandlungsweise angezeigt. Neben der adäquaten Aufklärung gilt es eine günstige Terminierung, beispielsweise bei Dialysepatienten und Diabetikern, zu gewährleisten und lange Wartezeiten zu vermeiden.
Praxistipps:
- Die Anamnese findet schriftlich sowie mündlich statt und wird in den Behandlungsunterlagen dokumentiert; handschriftliche Ergänzungen zu Besonderheiten und speziellen Risiken auf dem Gesundheitsfragebogen zeugen von einer individuellen Anamnese.
- Der Zahnarzt führt die Anamnese durch, sie ist nicht an die ZFA oder DH zu delegieren.
- Die Aktualisierung des „Gesundheitsfragebogens“ erfolgt vor jedem neuen Behandlungszyklus oder einmal im Jahr.
- Bei nicht geschäftsfähigen Patienten werden die Eltern bzw. der gerichtlich bestellte Betreuer befragt.
- Die aktuelle Belastbarkeit des Patienten lässt sich mit der einfachen Frage einschätzen: „Können Sie problemlos ein Stockwerk Treppen steigen?“. Zusätzlich sollte die ASA-Klassifikation zur Einschätzung des perioperativen Risikos herangezogen werden.
- Einstellung, Erfahrung und Wünsche des Patienten bezüglich der Lokalanästhesie sollten abgefragt werden: „Wie lange hat die Anästhesie das letzte Mal bzw. generell bei Ihnen angedauert?“ Der Patient soll seine Meinung sagen und Ängste äußern. Das Komplikationsrisiko steigt mit Multimorbidität und Polypharmazie.
- Muster für Gesundheitsfragebogen zum Download: www.dental-pharma.de
2. Aufklärungspflicht: „Vor jedem Stich“
Eng verbunden mit dem Anamnesegespräch ist auch die Aufklärung, die gemäß der Rechtslage gefordert ist (5). Denn die lokalanästhetische Behandlung ist ein medizinischer Eingriff und aufklärungspflichtig wie jede andere Behandlung auch. Eine Vorratsaufklärung gibt es nicht. Juristen empfehlen gar die Aufklärung „vor jedem Stich“. In der Praxis eignet sich ein standardisiertes Aufklärungsgespräch bei jeder Lokalanästhesie, in dem Risiken und Alternativen aufgezeigt werden.
Praxistipps:
- Auf positive Kommunikation achten, da Aufklärung sowohl angsthemmend als auch angstverstärkend wirken kann; zum Beispiel „reversible Nervschäden“ mit „sehr lange anhaltender Anästhesie“ umschreiben.
- Der Patient sollte auf übermäßigen Kaffee- und Nikotinkonsum sowie Schmerztabletten im Vorfeld der Lokalanästhesie verzichten. Es droht eine Wirkungsminderung des Lokalanästhetikums.
Aufzuklärende Risiken:
– Leitungsanästhesie: Nervenschädigung, Blutung/Hämatom und Selbstverletzung
– Infiltrationsanästhesie: Blutung/Hämatom und Selbstverletzung
– Intraligamentäre Anästhesie: Papillennekrosen, Aufbissschmerz
Aufzuklärende Alternative:
– Jeweils andere Injektionstechniken, keine Anästhesie, Vollnarkose
3. Injektionstechniken: der Indikation angepasst
Die Injektionstechniken werden in die primären und supplementären, sekundären Formen eingeteilt. Zu den primären Formen gehören die Leitungs-, Infiltrations- und intraligamentäre Anästhesie. Supplementäre Formen wie die intraossäre und die intrapulpale Anästhesie können beispielsweise bei Anästhesieversagern dienlich sein. Eine Oberflächenanästhesie kann vorausgehen, um den Einstichschmerz zu mildern wobei der Injektionsschmerz üblicherweise nicht beeinflusst wird.
Oberflächenanästhesie
Sprays und Gels zur Oberflächenanästhesie ermöglichen kleine Eingriffe wie Zahnsteinentfernung, kleine Behandlungen der Mundschleimhaut und mildern den Einstichschmerz. Sie führen aber nicht zu einer schmerzfreien Injektion. Sie leistet dennoch einen hervorragenden Effekt. Die positive Wirkung kann durch entsprechende Kommunikation gegenüber dem Patienten, beispielsweise mit „Ich betäube die Oberfläche“, zusätzlich verstärkt werden. Sie wird von Angstpatienten gut akzeptiert und ist ohne zusätzliche Geräte durchführbar.
Praxistipps:
- Beim Einsatz eines Sprays oder Gels kann dieses zunächst auf ein Wattepellet aufgetragen und dann an der gewünschten Stelle appliziert werden.
- Auf einer getrockneten Gingiva ist die anästhetische Wirkung besser.
- Statt medikamentöser Oberflächenanästhesie kann lokaler Druck oder eine kurze Vereisung vor dem Einstich das gleiche Ergebnis erbringen.
Leitungsanästhesie
Bei der Leitungsanästhesie wird das Lokalanästhetikum in unmittelbarer Nähe des Nervenstamms appliziert, dessen distales Versorgungsgebiet betäubt werden soll. Die Injektion ist von intra- und extraoral (extraoral sehr selten, zum Beispiel zur Umgehung von Abszessen im Oberkiefer oder bei Kieferklemme) möglich. Am häufigsten ist die Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior und des N. lingualis, gefolgt von der Anästhesie des N. buccalis, N. mentalis, N. infraorbitalis, N. palatinus major und des N. incisivus.
- Indikation: Zahnerhaltende Maßnahmen an mehr als zwei Zähnen, bei oralchirurgischen Eingriffen im Weich- und Knochengewebe, im Rahmen der Behandlung von Abzessen
- Kontraindikation: Auf Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior bei Patienten unter oraler Antikoagulation/Thrombozytenaggregationsinhibition verzichten, in diesen Fällen auf alternative Techniken wie intraligamentäre Anästhesie und Infiltrationsanästhesie ausweichen.
- Vorteil: Langanhaltende Wirkdauer von bis zu 5 Stunden ohne Beeinträchtigung der Durchblutung des distalen Versorgungsgebiets
- Nachteil: Gefahr von Nervenschädigungen, insbesondere des N. lingualis und des N. alveolaris inferior; Gefahr von intravasalen Injektionen, Gefäßschädigungen und Hämatombildungen; langes Taubheitsgefühl nach der Behandlung stößt auf geringe Akzeptanz bei Patienten bei nichtchirurgischen Behandlungen. Bei der Leitungsanästhesie des N. alveolaris inferior ist der Nadelbruch eine potenziell schwerwiegende Komplikation, die eine operative Entfernung des Nadelfragments aus dem Weichgewebe erfordert.
Praxistipps:
- Das Lokalanästhetikum muss bei der Leitungsanästhesie immer unter Knochenkontakt und langsam injiziert werden.
- Durchführung mit ausreichend langen und nicht zu dünnen Nadeln, Empfehlung: mindestens 27 Gauge, Länge: ca. 4,5 cm; das ermöglicht eine sichere Applikation und reduziert das Risiko der Deflexion der Kanüle durch den Gewebewiderstand bzw. des Nadelbruchs
- Kanülenwechsel bei positiver Aspiration ist obligatorisch, weil erneute Aspiration nicht beurteilt werden kann, weil Kanüle noch mit Blut gefüllt, weil die Nadel verbogen sein kann.
- Bei der Leitungsanästhesie im Unterkiefer sollte mehrmals aspiriert werden, mindestens zwei Mal in zwei Ebenen nach Drehen der Kanüle.
Infiltrationsanästhesie
Fast 70 Prozent aller Lokalanästhesien sind Infiltrationen (6). Dies ist damit die am häufigsten angewendete Technik, sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer. Die terminalen Nervenendigungen werden durch Umspülen mit der Anästhesielösung blockiert. Dafür genügen im Oberkiefer häufig 0,5 bis 1,0 ml des Lokalanästhetikums. Im Unterkiefer braucht es bis zu 3,6 ml, um bis zum ersten Molaren zu anästhesieren.
- Indikation: Pulpenanästhesie von 1 bis 2 Zähnen pro Injek‧tionsstelle, Weichteilanästhesie im begrenzten Gebiet
- Vorteil: Technisch einfach, relativ atraumatisch und in 95 Prozent der Fälle erfolgreich
- Nachteil: Bei größeren Eingriffen oder ausgedehnten OP-Gebieten sind mehrere Injektionen notwendig. Es besteht die Gefahr, aufgrund von Nachinjektionen zu hoch zu dosieren. Generell wird eine Infiltrationsanästhesie im posterioren Unterkiefer ab dem zweiten Prämolaren aufgrund der Dicke des kortikalen Knochens als schwierig betrachtet.
Intraligamentäre Anästhesie
Bei der intraligamentären Lokalanästhesie wird die Nadel durch den gingivalen Sulkus in das parodontale Ligament zwischen Zahn und Alveolarknochen eingebracht. Je nach Lokalisation kann im Gegensatz zur Leitungsanästhesie zur einfacheren Injektion die Kanüle abgebogen werden. Die Nadel darf aber nicht zurückgebogen werden. Eine Aspirationskontrolle ist nicht nötig.
- Indikation: alle präparatorischen und endodontischen Maßnahmen, auch einfache oralchirurgische Eingriffe (7, 8)
- Kontraindikationen: Endokarditis, Herzklappenfehler und -prothesen, Immunsuppression bei hundertprozentigem Risiko einer Bakteriämie
- Vorteile: geringer Einstichschmerz und niedrige Anästhesiedosis, schneller Wirkeintritt, relativ kurze Wirkdauer; Nachinjektionen sind häufig nötig und auch unter Belassen des Kofferdams möglich; postoperative Einschränkungen aufgrund von Taubheit entfallen; lokale Ischämie ermöglicht oft den Verzicht auf Retraktionsfäden bei Abformung oder Eingliederung prothetischer Versorgungen
- Nachteile: Drucknekrosen und Elongation der anästhesierten Zähne möglich, falls ohne Druckbegrenzung oder zu schnell injiziert
Praxistipps:
- Kurze Kanülen (10 mm, 30 Gauge extrakurz) und die Applikation mit Druckbegrenzung (z. B. mit Ultraject) sind von Vorteil.
- Ohne Druckbegrenzung und/oder bei zu schneller Injektion kann es zu temporären Elongationen und Aufbissschmerzen kommen.
- Die Nadeln dürfen unter Verwendung der sterilen Nadelkappe verbogen, aber auf keinen Fall zurückgebogen werden.
4. Lokalanästhetikum: Anforderungen an die Präparate
Die Lokalanästhesie definiert sich als Empfindungsverlust in einer umschriebenen Körperregion durch Unterdrückung der Nervenerregung an Nervenendungen oder durch Inhibition der Reizweiterleitung. Zu diesem Zweck bietet sich eine Vielzahl wirksamer Substanzen an, deren Auswahl durch die jeweilige Behandlungssituation determiniert ist. Der Anteil der Lokalanästhetika auf Articainbasis macht in Deutschland mehr als 90 Prozent des gesamten Verbrauchs aus. Als Vasokonstriktor kommt bei vierprozentigem Articainhydrochlorid hauptsächlich Adrenalin in verschiedenen Konzentrationen (z.B. 1:100.000, 1:200.000, ohne Adrenalin) zum Einsatz (9). Je nach Injektionsform ergibt sich eine unterschiedliche Latenzzeit. Folgende Zeiten sollten abgewartet werden, um den Erfolg der Anästhesie zu kontrollieren, bevor die Behandlung startet oder nachinjiziert wird:
- Intraligamentäre Anästhesie: 30 Sekunden bis 1 Minute
- Infiltrationsanästhesie: 3 bis 5 Minuten, ggf. bei Articain ohne Adrenalin kürzer
- Leitungsanästhesie: 7 bis 10 Minuten; wird Articain ohne Adrenalin verwendet, kann sich die Zeit bis zum Wirkbeginn im Vergleich zu der adrenalinhaltigen Lösung verlängern.
Die therapeutische Nutzzeit kann durch Verwendung vasokonstriktorischer Zusätze verlängert werden. Der Vasokonstriktor besitzt eine antagonistische Wirkung zur Vasodilatation des Lokalanästhetikums. Die Blutgefäße im Wirkbereich verengen, sich und die Durchblutung wird gesenkt. Dadurch wird der Abtransport des Lokalanästhetikums selbst verlangsamt und seine Wirkungsdauer verlängert. Der Nutzen einer längeren Wirkzeit besteht neben einer sicheren Schmerzausschaltung für die Behandlungsdauer in einer suffizienten postoperativen Schmerzausschaltung. Auch der Vorteil einer relativen Blutleere im operativen Gebiet geht mit einem Vasokonstriktoreinsatz einher und dient bei chirurgischen Eingriffen der besseren Übersicht. Je nach klinischer Indikation und Patientenkonstitution eignen sich unterschiedliche Konzentrationen des Vasokonstriktors.
Adrenalinkonzentration senken
Da Vasokonstriktoren häufiger zu kardiovaskulären Komplikationen führen als der lokalanästhetische Wirkstoff selbst, sollte die Adrenalinkonzentration möglichst gering gehalten oder ganz vermieden werden (9). Vor allem das Vorhandensein von komorbiden Störungen, aber auch eine versehentliche intravasale Injektion erhöhen die Risiken.
Für die Leitungsanästhesie wird teilweise kein Adrenalinzusatz benötigt. Auch bei der intraligamentären Anästhesie ist die Verwendung von adrenalinfreiem Articain möglich; dazu steht allerdings die finale Bestätigung durch die entsprechenden Studien noch aus. Es gibt bei der Leitungsanästhesie mit und ohne Andrenalinzusatz keine Unterschiede hinsichtlich der benötigten Menge der Lokalanästhesielösung, hinsichtlich der Notwendigkeit einer zweiten Injektion und hinsichtlich des Injektionsschmerzes (10). Die Unterschiede sowohl in der Latenz- als auch in der Wirkzeit sind für die Praxis und den Patienten bedeutend (siehe Tabelle 2).
Bei der Infiltrationsanästhesie ist adrenalinfreies Articain für die Durchführung von schmerzarmen Routineeingriffen ausreichend. Bei benötigter Pulpenanästhesie sollte Articain 1:200.000 verwendet werden, um zu verhindern, dass der Wirkstoff zu schnell im stark durchbluteten Bereich abfließt. Für sehr lange dauernde Eingriffe ist auch Articain 1:100.000 geeignet. Bei der intraligamentären Anästhesie und der Leitungsanästhesie ist hingegen die Verwendung von 1:100.000 selbst bei langen Eingriffen nicht notwendig. Bei der Leitungsanästhesie besteht das geringe, bisher hypothetische und durch Studien nicht gesicherte Risiko, dass eine hohe Konzentration des Vasokonstriktors zu einer ischämischen Nervenschädigung beitragen kann (11). Auch könnte die Diffusion des Lokalanästhetikums zum Nerven durch die hohe Konzentration des Vasokonstriktors behindert werden (12).
Neben diesen allgemeinen Hinweisen, die für alle Patienten gelten, sollte bei relativen Adrenalinkontraindikationen auf Adrenalin verzichtet oder es sollten adrenalinreduzierte Lösungen wie zum Beispiel Articain 1:200.000 eingesetzt werden. Dazu zählen unter anderem koronare Herzkrankheit, Hypertonie, Diabetes mellitus, Glaukom und eine Schwangerschaft. Absolute Kontraindikationen für die Verwendung von Adrenalin sind beispielsweise Tachykardie, unkontrollierter Hyperthyreoidismus, pathologisch erhöhte endogene Adrenalinspiegel sowie eine Allergie gegen das Antioxidans Sulfit.
Vollständige Angaben zu den produktspezifischen Kontraindikationen finden sich in den jeweiligen Fachinformationen. Bei allen Eingriffen sind daher sowohl das Lokalanästhetikum als auch die Vasokonstriktorkonzentration und die Injektionstechnik entsprechend der Patientenkonstitution und der Indikation zu wählen (siehe Tabelle 4). Sind mehrere Injektionen notwendig, so ist auf die Grenzmenge beziehungsweise Maximaldosis zu achten. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn bei einem Eingriff an mehreren Quadranten behandelt wird oder nachinjiziert werden muss (siehe Tabelle 3).