Die digitale Zahntechnik

Der digitale Weg ist das Ziel

Zum zweiten Mal lud Henry Schein zu seinem Kongress „360 Grad – Digitale Zahntechnik gestalten“ nach Frankfurt ein. In den Laboren sei digital bereits angekommen, in den Kliniken wachse es nur langsam, konstatierte Andreas Meldau, Europa- und Deutschland-Chef von Henry Schein, bei seiner Begrüßung. Funktionierten der Prozess und die Zusammenarbeit im Team, optimiere der digitale Workflow auch die Praxisorganisation.



Als einen „Monoberuf“ bezeichnete Moderator Ralf Suckert, selbst Zahntechniker und ehemaliger Verleger des teamwork media-Verlags, den Zahntechnikerberuf. Suckert verwies auf die von ihm initiierte Fachgesellschaft für Digitale Zahntechnik, die sich den Themen Fortbildung, Nachwuchs und Selbstverständnis der Berufsgruppe verschrieben hat und bereits 523 Mitglieder aus dem deutschsprachigen Raum hat. Suckert: „Die Zahntechniker mit ihrer Expertise sind Teil jeder zeitgemäßen zahnärztlich-prothetischen Behandlung.“ Allerdings mit der Einschränkung, dass man keine Patienten behandele. Die Zahntechnik sei wichtig im Zusammenspiel mit den Zahnmedizinern, und deshalb habe man allen Grund, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein zu entwickeln.

CAD/CAM-Materialien in Klinik und Praxis

Prof. Dr. Gerwin Arnetzl, Graz, der für seinen erkrankten Sohn eingesprungen war, berichtete über Erfahrungen mit CAD/CAM-Materialien in Klinik und Praxis. Dabei sei ein erfolgversprechender Ansatz der biomimetische Denkansatz. Produktentwicklungen aus der Natur abzuleiten sei ein sinnvoller Ansatz, der sich schon in der Technik und in der Architektur bewährt habe. So sei etwa bei einem Implantatwerkstoff nicht die Materialhärte, sondern dessen Elastizität ein entscheidender Faktor. Allerdings könne auch ein biomimetischer Denkansatz an praktischen Dingen scheitern, wie Arnetzl an Beispielen nachwies. Daher habe er sich für die Materialwahl einen Entscheidungsbaum aufgestellt: Er hinterfragt die Risikofaktoren von Materialien (und Verfahren), und sobald die Antworten ihn und damit den Patienten in einen bestimmten Risikobereich führen, entfalle diese Option.

Digitale Abforumg ist die Lösung

PD Dr. Jan-Frederik Güth, München, begann sein Update des digitalen Workflows aus universitärer Sicht mit einem augenzwinkernden schlechten „Selbstzeugnis“ über die konventionelle Abformung: „Wir Zahnärzte präparieren schlecht und formen auch schlecht ab.“ In das zustimmende Gemurmel aus dem Saal allerdings platzierte Güth den Versuch einer Entschuldigung: Zahnärzte arbeiteten nun mal in ungünstigen Verhältnissen, mit einem kleinen oralen Spiegel und gestört vom Speichelfluss der Patienten. Die Lösung aber sei bereits da: die digitale Abformung. Die digitale Technologie biete eine hohe Vorhersagbarkeit. Mit Blick auf die Genauigkeit der digitalen Abformung bei einem Quadranten-Scan sei eine in vitro höhere Genauigkeit als beim herkömmlichen Workflow belegt. Und die Fertigungsstrategie und Materialwahl habe einen wesentlichen Einfluss.

In Echtzeit durchführbare Kontrollen

Beim Gesamtkiefer sei der digitale Weg in vitro bei Längen- und Winkelmessung vergleichbar mit dem herkömmlichen Workflow, jedoch sei er abhängig vom verwendeten System, dem Aufnahmemodus und der Scanstrategie (Quadrant: ++, Gesamtkiefer: +-). Weitere Vorteile sei die in Echtzeit durchführbaren Kontrollen und Korrekturen. Auch fördere und fordere der digitale Workflow eine intensivere Zusammenarbeit im restaurativen Team. Allerdings müsse konstatiert werden, dass es zu vielen Systemen und Technologien nur wenige oder auch gar keine wissenschaftlichen Daten gebe. Anschließend stellte Güth das Münchener Implantatkonzept vor, in dem temporäre oder definitive Versorgungen möglich sind, ebenso wie zementierte oder verschraubte Lösungen. CAD/CAM-Abutments sind dabei Voraussetzung, gearbeitet wird zudem nur mit puderfreien Scansystemen. Vorzug dieses Modells sei zudem, dass Implantat und prothetische Versorgung „aus einer Hand“ kämen.

Anschließend präsentierten Peter Fornoff und Hans-Georg Bauer aus Sicht der Firmenforschung und des Firmen-Marketings bei Sirona Dental: CAD/CAM-Perspektiven für das zahntechnische Labor. Optionen von (CAI) Scannen, Software (CAD), dem Schleifen, Fräsen und Sintern stellten die beiden Führungskräfte vor. Und Bauer erläuterte vor dem Auditorium noch einmal die Eckpunkt des Zusammengehens von Dentsply und Sirona, die als zwei gleichwertige Firmen diese Fusion gestaltet hätten.

Digitale Abformung unaufhaltsam auf dem Vormarsch

Dass die digitale Abformung unaufhaltsam auf dem Vormarsch sei, belegte Bauer mit eindrucksvollen Zahlen aus dem firmeneigenen Online-Portal. Hier verzeichnete man im März insgesamt 28 000 digitale Abformungen, im März 2015 habe man nur die Hälfte an Anfragen gehabt. Die Hälfte der Aufträge aus dem März käme aus den USA, Europa und auch Deutschland zeigten aber erhebliche Zuwachsraten. Bauer: „Achten Sie darauf, dass Sie den digitalen Workflow nicht verpassen.“

Digitale abgeformt würden vor allem Brücken, gefolgt von Inlays, dann folge die KFO. Insgesamt sind 65 Prozent der Aufträge aus dem CEREC-Full-System und 35 Prozent mit CEREC DI-only.

Dr. Peter Gehrke und ZTM Carsten Fischer (Frankfurt) präsentierten in einer spannenden Dialogform eine Reihe von Fällen, in denen das Zusammenspiel von Zahnarzt und Zahntechniker mit allen Chancen, aber auch mit seinen Grenzen plakativ dargestellt wurde.

Kongress-Exkurs ermöglichte Blick über den Gipfel hinaus

Dass zu einer Fortbildung dieser Art auch ein Blick über den Tellerrand – diesmal eher über den Gipfel – gehören kann, zeigte der Bergsteiger und Coach Steve Kroeger. Kroeger, der die sieben höchsten Berggipfel in der Welt bestiegen hat, beschrieb Erfolgsfaktoren, die insbesondere in Zeiten von Veränderungen greifen und die er bei der Begleitung von Gipfelexkursionen im Lauf der Jahre gesammelt hat. Zum Abschluss gab er den Teilnehmern dieses Henry Schein-Zahntechnikertreffens drei Dinge mit: „Mut, Kraft, Ausdauer, um die Dinge tun zu können, die Sie gerne machen möchten!“