Adhäsivtechnik

Zwei Zementklassen, eine Spritze

Vor der Eingliederung jeder indirekten Restauration ist zu ermitteln, welches Befestigungsmaterial – konventioneller Zement, selbstadhäsives Befestigungskomposit oder adhäsives Befestigungssystem – die beste Wahl ist. Wer stets den bestmöglichen Weg gehen möchte, musste bislang drei Befestigungsmaterialien bereithalten. Nun reichen zwei Produkte aus, um alle drei Zementklassen abzudecken.


9 indirekte Restauration Applikation

Abbildung 9: Applikation von 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv © Benecke


Die folgenden Kernfragen sind zur Ermittlung des am besten geeigneten Befestigungsmaterials für eine indirekte Restauration zu beantworten: Wird durch das Präparationsdesign eine ausreichende Retention sichergestellt, um auf einen zusätzlichen adhäsiven Verbund verzichten zu können? Ist die Biegefestigkeit des gewählten Restaurationswerkstoffes hoch genug für eine konventionelle Zementierung? Welche ästhetischen Ansprüche sind zu erfüllen, und ist eine vollständige Trockenlegung des Arbeitsumfelds realisierbar?

Wahl des Befestigungsmaterials

Grundvoraussetzung für die – aufgrund der einfachen Vorgehensweise bei vielen Anwendern besonders beliebte – konventionelle Zementierung ist eine ausreichend große Retentionsfläche. Konventionelle Zemente haften nicht chemisch am Zahn bzw. dem Restaurationswerkstoff, zudem muss das Restaurationsmaterial für die konventionelle Zementierung eine Biegefestigkeit von mindestens 350 MPa aufweisen [1]. Dies bedeutet, dass beispielsweise bei Feldspat- und Hybridkeramik die adhäsive Befestigung die einzige Option ist. Werkstoffe mit einer Biegefestigkeit von mehr als 350 MPa, z. B. Zirkoniumoxid, können hingegen bei ausreichender Retention konventionell, selbstadhäsiv oder adhäsiv befestigt werden.

Weitere wichtige Kriterien für die Zementauswahl sind die Feuchtigkeitsbedingungen und der ästhetische Anspruch. In Sachen Feuchtigkeitstoleranz haben konventionelle Zemente die Nase vorn, was für ihre Anwendung in Situationen spricht, in denen die Trockenlegung unmöglich erscheint.

Das ästhetische Potenzial einer Restauration wird hingegen besser durch ein (selbst-)adhäsives Befestigungsmaterial unterstützt. Ob ein System aus Adhäsiv und Befestigungskomposit oder ein einfacher anwendbares selbstadhäsives Befestigungskomposit zu bevorzugen ist, hängt vor allem von der benötigten Haftung ab. Wird die maximale Haftfestigkeit gefordert, ist das adhäsive Befestigungssystem die bessere Wahl.

Wer stets den einfachsten Weg wählen möchte, der zu zuverlässigen Ergebnissen führt, musste bislang drei verschiedene Befestigungsmaterialien in seiner Praxis vorhalten. Dank der Einführung von 3M RelyX Universal Befestigungskomposit und 3M Scotchbond Universal Plus Adhäsiv lässt sich die Anzahl nun auf zwei reduzieren, wodurch der Lagerbestand übersichtlicher wird und der klinische Ablauf weniger Variablen enthält. Denn das universelle dualhärtende Befestigungskomposit funktioniert dank selbstätzender Eigenschaft alleine, zur Maximierung der Haftfestigkeit, aber auch in Kombination mit dem Adhäsiv. Weitere Vorteile ergeben sich aus dem innovativen Spritzendesign, das im Rahmen der Anwendung der Produktkombination im folgenden Fallbeispiel detailliert beschrieben wird.

Indirekte Restauration: Der klinische Fall

Bei dieser 65-jährigen Patientin war die Neuversorgung der Zähne 16 und 17 mit Restaurationen aus Lithiumdisilikat geplant (Abb. 1). Dafür wurden die bestehenden Restaurationen bis auf die suffiziente palatinale Versorgung an Zahn 16 entfernt und die Kavitäten nachpräpariert (Abb. 2). Die Festlegung des Restaurationswerkstoffs vor Beginn der Behandlung ermöglichte die Sicherstellung der erforderlichen Präparationstiefe (Mindestwandstärke von Lithiumdisilikat: 1,0 mm) ohne unnötigen Substanzverlust.


Abformung

Zur Kontrolle der Sulkusflüssigkeit im Bereich der leicht subgingival positionierten Präparationsgrenze mesial an Zahn 16 kam 3M Adstringierende Retraktionspaste zum Einsatz. Die Abformung erfolgte optoelektronisch mit dem Intraoralscanner TRIOS (3Shape, Abb. 3). Während die Zähne in der Praxis provisorisch versorgt wurden, erfolgten im zahntechnischen Labor die computergestützte Konstruktion und die Fertigung der Restaurationen.

Einprobe und Vorbehandlung

Abbildung 4 zeigt eines der Inlays nach der Ausarbeitung, Politur und Charakterisierung mit Malfarben. Um das Kontaminationsrisiko zu minimieren, sollte eine Versorgung in der Praxis niemals mit bloßen Händen berührt werden. Für die Passungskontrolle auf dem Modell, die Vorbehandlung etc. eignet sich ein Applikationsinstrument mit Haftklebespitze sehr gut.


Die Restaurationen wurden gemeinsam mit einem mittels 3D-Druck gefertigten Kunststoffmodell geliefert, auf dem die Passung kontrolliert wurde (Abb. 5), bevor die Einprobe erfolgte. Um optimale Bedingungen für die Eingliederung zu schaffen, wurde die Keramik anschließend mit Flusssäure behandelt (Abb. 6). Einige Labore übernehmen diesen Arbeitsschritt und liefern bereits vorbehandelte Restaurationen an die Praxis. Dies hat jedoch zur Folge, dass dieser Arbeitsschritt bei etwaigen Anpassungen etc. zu wiederholen wäre. Das Resultat wäre eine Überkonditionierung, welche die Struktur der Keramik schwächen könnte. Die gewählte Vorgehensweise mit Flusssäurekonditionierung nach der Einprobe ist demnach zu bevorzugen.

Eingliederung

Aufgrund der geringen mechanischen Retention der gewählten Präparationsformen und der vergleichsweise geringen Festigkeit von Lithiumdisilikat (360 bis 400 MPa), dessen Hersteller eine adhäsive Befestigung empfiehlt, fiel die Wahl auf die neue Produktkombination. Um die Kavität optimal auf die Anwendung des Adhäsivs vorzubereiten, erfolgte zunächst die selektive Schmelzätzung mit Phosphorsäure (Abb. 7 und 8). Danach wurde Scotchbond Universal Plus Adhäsiv aufgetragen (Abb. 9), 20 Sekunden in Schmelz und Dentin einmassiert (aktive Applikation) und anschließend zur vollständigen Evaporation des Lösungsmittels mit Luft verblasen. Ein Lichthärten ist nicht erforderlich, wenn das Adhäsiv in Kombination mit RelyX Universal Befestigungskomposit zum Einsatz kommt. Zusätzlich wurde Scotchbond Universal Plus Adhäsiv in der Funktion eines Keramik-Primers (Silan) auf der Restaurationsoberfläche angewendet. Die Silan-Formulierung wurde im Vergleich zum Vorgänger (3M Scotchbond Universal Adhäsiv) optimiert, um eine noch bessere Haftung an Glaskeramik zu erzielen.


RelyX Universal Befestigungskomposit ist in einer neu entwickelten Spritze erhältlich, die zierlicher ist als herkömmliche Automix-Spritzen. Das Ergebnis ist eine Verringerung des Plastikabfalls um 50 Prozent und – dank Micro Mixing Tip – eine Reduktion des Materialverwurfs um 80 Prozent. Positiv ist außerdem, dass die neue Spritze über einen Verschluss verfügt, der es ermöglicht, die verwendete Mischkanüle gleich nach Gebrauch zu entfernen (Abb. 10).

Die neue Mischkanüle wird dann einfach vor dem Einsatz aufgesetzt, der Gleichlauf der beiden Pasten auf einem Mischblock überprüft und das Produkt auf die indirekte Restauration appliziert (Abb. 11). Für die Anwendung im Wurzelkanal sind spezielle Verlängerungskanülen (Endo Tip) verfügbar.


Fertigstellung

Die Versorgungen wurden nacheinander eingesetzt (Abb. 12). Die Materialüberschüsse lassen sich (einfacher als beim Vorgänger 3M RelyX Ultimate Adhäsives Befestigungskomposit) nach Kurzzeit-Lichtpolymerisation (2 Sekunden) mit einem Spatel entfernen (Tack Cure). Das Behandlungsergebnis ist in Abbildung 13 dargestellt.

Indirekte Restauration: Fazit

Befestigungskomposit in Kombination mit Adhäsiv, wenn maximale Haftung gewünscht ist, ohne Adhäsiv bei zahlreichen Standard-Indikationen: Mit RelyX Universal Befestigungskomposit haben Anwender das passende Befestigungsmaterial für eine indirekte Restauration stets zur Hand. Die universelle Einsetzbarkeit des Produktes erleichtert der Assistenz die Vorbereitung des Behandlungstrays und verschafft dem Zahnarzt zusätzliche Flexibilität. Dank neuer Automix-Spritze wird die Anwendung des Materials hygienischer und umweltfreundlicher. Dank verbesserter Konsistenz nach Kurzzeit-Lichthärtung (Tack-Cure) macht es zudem die Überschussentfernung einfacher. Damit hat RelyX Universal Befestigungskomposit das Potenzial, das Standardmaterial für die selbstadhäsive und adhäsive Befestigung aller Arten von Restaurationen in unserer Praxis zu werden.


Der Experte

Dr. Benecke

© privat

 

 

 

 

 

Dr. Andreas Benecke niedergelassen in eigener Praxis in Elmshorn, 2006 bis 2014 tätig im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Abteilung für Zahnärztliche Prothetik

Literatur
[1] Kern M, Beuer F, Frankenberger R, Kohal RJ, Kunzelmann KH, Mehl A, Pospiech P, Reis B. Vollkeramik auf einen Blick. Leitfaden zur Indikation, Werkstoffauswahl, Vorbereitung und Eingliederung von vollkeramischen Restaurationen. Arbeitsgemeinschaft für Keramik in der Zahnheilkunde. 6. Auflage, Mai 2015