AUSTAUSCH VON AMALGAMFÜLLUNGEN

Ein Fall, zwei Perspektiven

Für den Behandlungserfolg in der Füllungstherapie sind neben einem gut eingespielten Behandlungsteam gefällige Handlingseigenschaften und eine natürlich wirkende Farbe des Füllungsmaterials von besonderer Bedeutung . Besonders interessant sind zurzeit Komposite, die mit nur wenigen Farben alle Vita-Farben abdecken. So ein Komposit verwendet Dr. Karin Seidler aus Illmenau in diesem Fall, bei dem es um den Austausch von Amalgamfüllungen und Restaurationen freiliegender Zahnhälse geht. Wie die Patientin Dr. Susanne Busch die Behandlung empfunden hat, erzählt sie aus ihrer Perspektive.


Abb. 13 Fertig ausgearbeitete und polierte Füllung.


Die Patientin stellte sich mit als unästhetisch und toxikologisch bedenklich empfundenen Amalgamfüllungen an den Zähnen 46 und 47 vor. Es bestand der Wunsch nach einer ästhetischen Restauration. Darüber hinaus war sie unzufrieden mit zwei unschönen, freiliegenden Zahnhälsen an den Zähnen 35 und 36. Dieser Patientenfall war für mich eine gute Gelegenheit, die im März 2023 auf den Markt gekommenen Nano-Hybrid-Füllungsmaterialien Visalys Fill und Visalys Flow der Firma Kettenbach Dental zu testen.

Anamnese und Farbnahme
Klinisch zeigten sich zwei Kavitäten der Klasse I in einem Abrasionsgebiss. Die Zähne 46 und 47 reagierten auf den Kältetest ohne Verzögerung sensibel und zeigten auf den Perkussionstest ebenfalls keine Auffälligkeiten (Abb. 1).
Es erfolgte eine Zahnfarbenbestimmung am feuchten Zahn. Mit Hilfe des Flex Shade Systems bei den neuen Füllungsmaterialien Visalys Fill und Visalys Flow konnte sehr einfach die passende Komposit-Farbe, hier die A3, gewählt werden.

Minimalinvasive Präparation
Vor der Entfernung der Amalgamfüllungen und der Präparation der Kavität erfolgte die Applikation des Kofferdams. Die Isolation der Zähne 46 und 47 gewährleistete ein trockenes und störungsfreies Arbeitsumfeld und schützte die Patientin vor Einatmen oder Verschlucken von quecksilberhaltigen Amalgampartikeln bei der Entfernung der Füllungen (Abb. 2).
Zur Entfernung der Amalgamfüllungen kamen diamantierte Schleifkörper zum Einsatz. Es erfolgte die Präparation der Kavität. Verfärbtes, aber festes Dentin wurde im Sinne der minimalinvasiven Aufgabenstellung belassen. Die Kavität zeigte eine vollständige Kariesfreiheit und eine Kavitätentiefe von 2 mm. Eine dezente Anschrägung des Schmelzes mittels feinkörnigen Diamanten sorgte für einen fließenden Übergang zwischen Zahn und Restauration hinsichtlich Form und Farbe. Scharfe Kanten wurden abgerundet (Abb. 3).
Nach der Präparation wurde die Ätzung durchgeführt. Zuerst erfolgte die Applikation des Ätzgels (Omnident, 37 % Phosphorsäurebasis) auf Schmelz, anschließend auf Dentin. Nach der empfohlenen Einwirkzeit für Schmelz von 20 Sekunden und für Dentin von 10 Sekunden konnte die Kavität gründlich mit Wasserspray abgespült und die Zahnoberfläche mit ölfreier Luft trockengeblasen werden, ohne das Dentin zu übertrocknen (Abb. 4 und Abb. 5).
Da Kettenbach Dental kein spezielles Bonding für die neuen Komposite empfiehlt, konnte ich mein gewohntes iBond Universal (Kulzer) einsetzen. Das universelle, lichthärtende Adhäsiv wurde mittels Applikationstip in einer Schicht auf die gesamte Kavitätenoberfläche aufgetragen und für 20 Sekunden leicht einmassiert. Anschließend wurde es leicht verblasen, um Bondingüberschüsse am Kavitätenboden zu vermeiden. Die Lichtpolymerisation erfolgte mit der LED-Polymerisationslampe Bluephase PowerCure (Ivoclar) für 10 Sekunden (Lichtintensität 1200 mW/cm2) (Abb. 6).
Zum Abdecken des stark verfärbten Dentins wurde für die erste Schicht das opake Visalys Fill OA2 genutzt. Obwohl aufgrund der geringen Tiefe der Kavität die OA2 nur in einer sehr dünnen Schicht aufgetragen wurde, zeigte sich nach der Aushärtung mit der Bluephase PowerCure für 10 Sekunden (Lichtintensität 1200 mW/cm2) bereits eine schöne Kaschierung der Verfärbung (Abb. 7).
Nun folgte die Applikation einer dünnen Schicht Visalys Flow in der Farbe A3 mit anschließender Lichtpolymerisation. ­Diese Schicht diente als Liner auf dem gesamten Kavitätenboden (Abb. 8).
Im Anschluss wurden die einzelnen Inkremente mit Visalys Fill, Farbe A3 eingebracht und jeweils für 10 Sekunden lichtpolymerisiert. Gerade bei den kleinen Mengen Komposit, die für jede Schicht verwendet wurden, machte sich die geringe Klebrigkeit des Materials angenehm bemerkbar: Die Adaption in der Kavität gestaltete sich sehr einfach, das Material blieb sofort in der Kavität haften, nicht aber am Instrument. Die gute Standfestigkeit erlaubte einen natürlich wirkenden Höckeraufbau. Das Material ließ sich geschmeidig verarbeiten (Abb. 9). Überstehende Restaurationsränder und die Makrotextur wurden noch unter Kofferdam mit einem groben Diamanten bearbeitet (Abb. 10).
Nach der Abnahme des Kofferdams wurde die Füllung mit rotierenden Instrumenten vorsichtig abgetragen, bis die statische und dynamische Okklusion adjustiert war. Danach wurde mit Gummipolierern (Venus Supra Polisher, Kulzer) und Polierbürstchen (Occlubrush, Kerr) eine glatte und glänzende Oberfläche mit anatomisch funktioneller Kaufläche und ästhetischer Erscheinung ausgearbeitet (Abb. 11).

Abb. 1 Amalgamfüllungen in Situ
(Dr. Karin Seidler)

Abb. 2 Anlegen des Kofferdams

Abb. 3 Minimalinvasive Entfernung der insuffizienten Amalgam­füllungen

Abb. 4 Anätzen des Schmelzes mit Ätzgel auf 37 % Phosphorsäurebasis

Abb. 5 Anätzen des Dentins mit Ätzgel auf 37 % Phosphorsäurebasis

Abb. 6 Bonding mit iBond Universal

Abb. 7 Abdecken der Verfärbungen mit opakem Komposit, Farbe OA2

Abb. 8 Einbringen der ersten SchichtKomposit Visalys Flow, Farbe A3

Abb. 9 Einzelne Inkremente nach Lichthärtung, Visalys Fill, Farbe A3

Abb. 10 Grobe Ausarbeitung der Füllung unter Kofferdam

Abb. 11 Endergebnis: Fertig ausgearbeitete und polierte Füllung. Die Füllung ist harmonisch integriert. Durch die behandlungsbedingte Austrocknung des Schmelzes ist die Füllung zunächst noch leicht sichtbar.

ZAHNHALSDEFEKTE
Auch für die Restauration der Zahnhalsdefekte erfolgte zunächst eine Zahnfarbenbestimmung am feuchten Zahn und eine Bestimmung der Kompositfarbe des Füllungsmaterials mittels des Flex Shade Systems. Anschließend wurde die Kavität nach zervikal beurteilt (Abb. 12).
Der Defekt lag in diesem Fall äquigingival und wurde mit einem Retraktionsfaden Größe 000 dargestellt. Nach der dezenten Schmelzanschrägung und Reinigung der Kavität erfolgte die Schmelzätzung (20 Sekunden), dann die Dentinätzung für 10 Sekunden und im Anschluss die Entfernung des Ätzgels mit Wasserspray. Die Zahnoberfläche wurde mit ölfreier Luft trockengeblasen, ohne das Dentin zu übertrocknen.
Als Adhäsiv wurde wiederum iBond Universal gewählt mit einer Lichthärtung von 10 Sekunden. Wie zuvor wurde die dunkle Verfärbung mit dem Opaker Visalys Flow OA2 in sehr dünner Schicht auf der verfärbten Dentinoberfläche platziert und polymerisiert. Aufgrund der guten Fließfähigkeit des Materials stellte die Applikation der sehr dünnen Schicht keine Schwierigkeit dar. Im Anschluss wurde das fließfähige Komposit Visalys Flow A3 zervikal appliziert und mit einer Sonde perfekt an den Rand der Kavität modelliert, sodass sich bereits ohne Ausarbeitung ein perfekter Randschluss bildete. Hier kam mir die ausgezeichnete Adaptionsfähigkeit des Flow-Materials sehr entgegen. Das Material wurde zeitnah polymerisiert und im nächsten Schritt folgte ein Inkrement stopfbaren Materials (Visalys Fill A3, Kettenbach Dental) für die Gestaltung der Zahnkontur in Richtung koronal.
Nach der Lichtpolymerisation wurden überstehende Füllungsränder und Überreste des Bondings mittels Feinkorndiamanten entfernt und schlussendlich mit Polierkelchen auf Hochglanz poliert. Mit einer Sonde wurden alle Füllungsränder auf einen glatten Übergang geprüft (Abb. 13).

Abb. 12 Ausgangssituation: generalisierte Zahnhalsdefekte im Unterkiefer

Abb. 13 Fertig ausgearbeitete und polierte Füllung.

Fazit
Der Fall zeigt, dass bei einfacher Farbauswahl ästhetisch zuverlässige Ergebnisse mit den neuen Kompositen Visalys Fill und Visalys Flow erzielt werden können. Die Langzeitprog-
nose einer Kompositfüllung hängt unter anderem von einer glatten und homogenen Oberfläche ab, welche mit dem Material Visalys Fill aufgrund seiner leichten Polierbarkeit vollumfänglich erreicht wurde. Die Applikation, Standfestigkeit, 
Homogenität und Adaptation des Materials entsprachen den Erwartungen an ein modernes Komposit.
Noch ein Hinweis: Bei geringer Tiefe von verfärbten Kavitäten (wie auch in unserem Fall) sollte darauf geachtet werden, nur sehr dünne Schichten mit der opaken OA2 aufzubauen, da sonst aufgrund der gewissen Transparenz der Hauptfarben von Visalys Fill und Visalys Flow bei dunkleren Zahnfarben zu helle, bei sehr hellen Zähnen zu dunkle Restaurationen entstehen könnten.

Dr. Karin Seidler
ist seit 2018 in Illmenau niedergelassen mit der Praxis Zahnärzte Seidler & Pflaum. Ihre Hauptaufgabenfelder sind die Endodontie, ästhetische Zahnheilkunde und prothetische Restaurationen.
www.weissblick-zahnaerzte.de
Foto: privat

Die Patientenperspektive: Wie hat die Patientin Dr. Susanne Busch die Behandlung empfunden?

Dr. Susanne Busch geht ehrlich gesagt nicht gerne zum Zahnarzt. Aber sie beschäftigt sich von Berufs wegen seit 30 Jahren mit Zähnen und Zahnfüllungsmaterialien. Erst in ihrer Promotion als Chemikerin, dann als Entwicklerin von Füllungsmaterialien und nun als Produktmanagerin für die Visalys-Linie bei Kettenbach Dental. Um mit voller Überzeugung für „ihre“ 
Produkte eintreten zu können, ließ sie ihre Amalgamfüllungen austauschen. Hier schildert sie, wie sie die Behandlung bei 
Dr. Karin Seidler aus ihrer Patientenperspektive empfunden hat: „Ich trage seit Kindheitstagen diverse Amalgamfüllungen in den Molaren mit mir herum. Das Erstaunliche an diesen Füllungen ist, dass sie teilweise bis heute intakt sind, aber ich 
ärgere mich seit gut 40 Jahren über ihre Hässlichkeit. Zudem finde ich die Vorstellung, eine kleine Sondermüllhalde im Mund zu haben, zunehmend unangenehm. Daher habe ich
Dr. Seidler gebeten, meine zwei Klasse I-Amalgamfüllungen gegen ein schönes Komposit auszutauschen.
Zum Einsatz kamen die im März dieses Jahres auf den Markt gekommenen Füllungsmaterialien Visalys Fill und Visalys Flow, beides Nano-Hybrid-Komposite mit herausragender Festigkeit und Langzeitstabilität, sowie einem innovativen Farbsystem. In meinem Fall fiel die Wahl auf die Farbe A3. Nachdem der notwendige Kofferdamm gelegt war (ich empfand das als sehr unangenehm, da er aufgrund meiner eng stehenden Zähne nur schwer zu befestigen war), wurden die Füllungen in den Zähnen 46 und 47 entfernt. Dieses typische sirrende Geräusch des Bohrers erinnerte mich wieder daran, warum ich Zahnarztpraxen am liebsten meide. Zum Glück waren die Füllungen mit 2 Millimetern flach genug, um mit einer geringen Anästhesie und einer gewissen Leidensbereitschaft auszukommen. Es sollte so minimalinvasiv wie möglich gearbeitet werden, was auch der Philosophie von Dr. Seidler entspricht.
Daher wurde das stark verfärbte, aber feste Dentin belassen und nach dem Ätzen und Bonden in einer ersten Schicht mit der opaken OA2 abgedeckt. Dr. Seidler hatte zunächst Zweifel, ob die schwärzliche Amalgamverfärbung bei einer so flachen Füllung überhaupt kaschiert werden könnte. Ich fragte mich, ob minimalinvasiv eventuell im Gegensatz zu ästhetisch stehen könnte. Die Sorgen waren jedoch unbegründet. Nachdem die Füllung fertig gelegt und ausgearbeitet war, stellte sich das Ergebnis als überraschend schön dar: Von der Verfärbung war keine Spur mehr zu erkennen. Da ich als Stress-Knirscher meine Molaren leider schon ziemlich abradiert hatte, konnten 
keine ausgeprägten Höcker modelliert werden, ohne dass der Biss zu hoch wurde. Trotzdem lässt sich das Ergebnis sehen und entspricht voll und ganz meinen Erwartungen.
Derart mutig geworden, vertraute ich Frau Dr. Seidler noch ein weiteres Problem an: Ich ärgerte mich schon länger über freiliegende Zahnhälse am 35er und 36er. Diese waren zwar schmerzunempfindlich, jedoch unästhetisch. Ob das eine Aufgabe für Visalys Flow sein könnte?
Es wurde eine A3.5 ausgewählt, wieder unterschichtet mit der OA2 und wie von Zauberhand waren die freiliegenden Zahnhälse verschwunden. Die Detailaufnahmen lassen zwar erkennen, wo die Füllungen gelegt wurden, im Spiegel sind sie aber unsichtbar und das zählt für mich. Einige Tage später hatte ich den Eindruck, dass die Füllungen noch schöner geworden waren. Ich vermute, dass der durch die Füllungslegung zunächst stark ausgetrocknete Zahnschmelz sich wieder erholt hat. Dadurch hat sich die Integration der Füllung weiterverbessert – mit „meinen“ Produkten behandelt worden zu sein, ist für mich eine Bereicherung.“