Additionsvernetzendes Silikon versus Alginat
Ob Gegenkieferabformung, Erstellung von provisorischen Kronen und Brücken oder Situationsabformung, Silikone erweisen sich als wirtschaftliche, zweckmäßige Alternative zu Alginat, wie Vergleiche aus der Praxis belegen.
Herkömmliches Alginat und additionsvernetzendes Silikon-Abformmaterial stellen alternative Werkstoffe speziell für die Indikationen Situationsabformung, Gegenkieferabformung sowie Abformung zur enoralen Erstellung eines Kronen- und/oder Brücken-Provisoriums dar. Diesen Abdruckverfahren bzw. Indikationen kommt noch immer nicht die ihnen gebührende Beachtung zu. Denn Abformungen dieser Art galten lange nicht als Präzisionsabformungen.
Doch das ist heute obsolet. Die inzwischen auf wenige Mikrometer dreidimensional (negativ-)formgetreue Wiedergabe von Zahn-, Kiefer- und Mundschleimhautbereichen in Abdrücken lässt bei den derzeit geltenden Qualitätsansprüchen an die daraus resultierenden zahntechnischen Versorgungen von Patienten keine Kompromisse mehr zu. Dazu kommt die Vorgabe, dass sich auch vermeintlich einfache Maßnahmen von allen Beteiligten rasch und mühelos durchführen lassen müssen.
An diesem Punkt kommt Silginat (Kettenbach) als sinnvolle und zweckmäßige Alternative zu Alginat ins Spiel. Das direkte Befüllen eines Abformmassenträgers aus der Großkartusche mithilfe eines maschinellen Dispensers stellt gegenüber der traditionellen Auffüllung eines Abdrucklöffels mit Alginat ohne Hilfe eines Anmischgerätes (Abb. 2) einen nicht zu unterschätzenden Vorteil dar. Die benötigte Materialmenge lässt sich während des Beschickens des Abformmassenträgers exakt dosieren (Abb. 1).
Ein korrektes Vermischen der im Abformmassenträger endgültig eingebrachten Füllmenge ist problemlos möglich. Die händische Auffüllung mittels Anmischspatel bei Alginat birgt dagegen stets die Gefahr, dass im Volumen der in den Abdrucklöffel eingebrachten Abformmasse Hohlräume und Fehlstellen bestehen.
Vergleiche aus der Praxis
In unserer Praxis durchgeführte Vergleiche haben gezeigt:
- Vorrüstzeit Silginat
Die Vorrüstzeit für einen Unterkiefer-Situationsabdruck mit Silginat beträgt weniger als eine Minute: ausgewählter Abdrucklöffel liegt bereit, Einspannen der Großkartusche in maschinellen Dispenser, Aufsetzen des dynamischen Mischers, Vorlaufenlassen der Kolben bis zur bestehenden Füllmenge der 380-ml-Kartusche, komplettes Befüllen des Abformmassenträgers. - Vorrüstzeit Alginat
Die Vorrüstzeit eines identischen Unterkiefer- Situationsabdruckes mit herkömmlichem Alginat ergab dagegen eine Gesamtzeit von circa zwei Minuten – bereit-liegender Abdrucklöffel, Vermischen der vorgeschätzten Alginat-Pulvermenge mit der entsprechend zu dosierenden Wassermenge, Anmischen, Befüllen des Abformmassenträgers.
Noch schlechter schnitt Alginat beim Nachrüsten ab. Da bei Silginat nur der dynamische Mischer von der Großkartusche zu entnehmen ist, muss nach Zurückfahren der Ausbringkolben lediglich die 380-ml-Kartusche aus dem maschinellen Dispenser entnommen und – wie bei uns in der Praxis – in der darunter liegenden Schublade wieder verstaut werden (Abb. 3 und Abb. 4). Das dauert gerade einmal 20 Sekunden.
Die Nachrüstzeit für einen identischen Alginat-Abdruck nimmt mit fünf Minuten 15 Mal mehr Zeit als die direkte Nachbereitung einer Abformung mit Silikon in Anspruch: Reinigung des Anmischbechers und des Spatels mit Wasser und Seife, Entsorgung der Alginatreste, Säubern des Waschbeckens, Zurückbringen des Anmischbechers, des Spatels und der Alginat-Vorratsbox plus Anmischwasser-Dosierdispenser-Flasche in die Vorratsschublade des benutzten Behandlungszimmers.
Schneller säubern
Auch beim Nachbereiten eines Abdruckes hat das Arbeiten mit Silginat Vorteile. Das Säubern eines gebrauchten Abformmassenträgers funktioniert deutlich zügiger als mit Alginat. Das Entfernen der noch frischen Abdruckmasse aus einem Abformmassenträger, beispielsweise Rim-Lock- oder Border-Lock-Abdrucklöffel, ist bei Alginat schwieriger sowie langwieriger. Denn Silginat besitzt als reversibel gummielastisches A-Silikon eine sehr hohe Reißfestigkeit. Hierdurch kann es „im Stück“ als kompletter Silikon-Block aus Abformmassenträgern gelöst werden (Abb. 5).
Dies gelingt mit abgebundenem, aber dennoch mit großer Vorsicht zu bearbeitendem Alginat, so gut wie nie. Schon gar nicht bei hart eingetrockneten Alginat-Abdrücken (Abb. 6), da Alginate im Gegensatz zu A-Silikonen bekannterweise nicht lagerstabil sind.
Nicht zuletzt sei hier auch noch darauf hingewiesen, dass sich bei der enoralen Abformung unvermeidlich verschleppte Abdruckmaterialreste von Silginat wesentlich besser für Behandler und angenehmer für Patienten von der Zungen- bzw. Lippenoberfläche entfernen lassen, als dies bei Alginat der Fall ist.
Handling und Verwendung
Auch im Rahmen von Kronen- und/oder Brückenversorgungen bietet die Verwendung von Silginat Erleichterungen. Denn für die Herstellung des Provisoriums benötigt der Behandler nur das eine Abformmaterial. Auf weitere Materialien kann im Sinne der Materialoptimierung verzichtet werden.
Als A-Silikon mit allen diesbezüglich werkstoffkundlich positiven Eigenschaften für eine Abformung kommt Silginat ohne generelle oder spezielle Einschränkungen zum Einsatz (Abb. 7). Zu diesen positiven Eigenschaften gehören unter anderem Zeichnungsschärfe, Formtreue, Gummielastizität, Reißfestigkeit, Lagerstabilität und Unempfindlichkeit gegenüber mehrfachem Gebrauch sowie Desinfektion. So kann ein Provisoriumsabdruck aus Silginat aufgrund der genannten Materialeigenschaften im Gegensatz zu Alginat über einen längeren Zeitraum auch mehrfach verwendet und nachfolgend desinfiziert werden. Darüber hinaus lassen sich Kronen-/Brücken-Kunststoff-Provisorien-Rohlinge aus einem weichen A-Silikon-Material-Abdruck deutlich einfacher herauslösen als aus einem Alginat-Abdruck. Sie zerbrechen dabei so gut wie nie (Abb. 8). Denn A-Silikone weisen eine erheblich höhere Manipulationstoleranz bei gleichzeitig größerer Materialflexibilität auf.
Fazit
Bei der Bewertung eines modernen A-Silikons (hier Silginat, Kettenbach) für die Situationsabformung führen dessen handlingsspezifischen Vorteile zu einem positiven Ergebnis gegen Alginate, das war vorhersehbar. Dass sich diese Vorteile bei detaillierter Kalkulation auch wirtschaftlich deutlich pro A-Silikon auswirken, war sehr überraschend, aber ebenso überzeugend. Was liegt da näher, als sich von dem Ergebnis bei der Wahl seines Materials für die Situationsabformung leiten zu lassen und die weiteren materialimmanenten chemischen und produktspezifischen Vorteile für die Praxis zu nutzen? Diese sollen in weiteren Beiträgen am Beispiel von Silginat, Kettenbach bewertet werden.