Prothetik mit biologisch verträglichen Materialien

Oxidkeramik indikationsgerecht befestigen

Verloren gegangene Zahnsubstanz mit biologisch verträglichen Materialien zu rekonstruieren und dabei hohe ästhetische Anforderungen zu erfüllen – das ist Grundlage des zahnärztlichen Handelns. Dabei ist es erforderlich, die werkstoffkundlichen Eigenschaften der verfügbaren Keramiken zu kennen und diese je nach Indikation sinnvoll einzusetzen.



Ein besonders breites Indikationsspektrum bietet die Hochleistungskeramik Zirkoniumoxid. Sie ist für die Herstellung von Kronen sowie Brücken im Front- und Seitenzahnbereich ebenso freigegeben wie für Implantatabutments, implantatgetragene Kronen, Primärkronen und Klebebrücken. Dabei kann – dank Verfügbarkeit hochtransluzenter Materialvarianten – je nach ästhetischem Anspruch zwischen monolithischen und voll- bzw. teilverblendeten Restaurationen gewählt werden.

Zu beachten ist, dass abhängig von der Indikation eine bestimmte Vorgehensweise bei der Befestigung einzuhalten ist. Restaurationen, bei denen klassisch retentiv präpariert wurde, lassen sich mit konventionellen oder selbstadhäsiven Materialien eingliedern. Bei Präparationen ohne makromechanische Retention ist die adhäsive Befestigung unerlässlich. Im Folgenden werden anhand von zwei klinischen Beispielen unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Befestigung von Restaurationen aus 3M ESPE Lava Plus hochtransluzentes Zirkoniumoxid vorgestellt.

Marylandbrücken

Bei einer 15-jährigen Patientin mit einer Nichtanlage der Zähne 12 und 22 galt es ein ästhetisches Erscheinungsbild zu erzeugen, ohne große Anteile gesunder Zahnhartsubstanz zu opfern. Nach erfolgreicher kieferorthopädischer Behandlung war deshalb geplant, die fehlenden Zähne durch Marylandbrücken aus individuell verblendetem Zirkoniumoxid zu ersetzen.

Um den langfristigen Erfolg von Marylandbrücken im Frontzahnbereich sicherzustellen, bedarf es zunächst einer sorgfältigen Planung. Unter Berücksichtigung biomechanischer Aspekte ist ein Verbinderquerschnitt von 6 bis 8 Quadratzentimeter zu gestalten. Zudem sollte die für die adhäsive Befestigung verfügbare Klebefläche je Pfeilerzahn rund 12 Quadratzentimeter betragen, und es ist darauf zu achten, dass die Kaubelastung bei Funktionsbewegungen niemals auf die Grenze zwischen Flügel und Zahn einwirkt, sondern stets auf dem Flügel liegt.

Die Entscheidung, ob eine Brücke mit einem Flügel realisierbar oder ein zweiter erforderlich ist, hängt von dem Schmelzangebot sowie der parodontalen Gesundheit des Pfeilerzahns ab. Zudem sind die statische und die dynamische Okklusion zu beurteilen [1]. Im vorliegenden Fall wurde entschieden, zweiflügelige Brücken herzustellen, da nur so eine gleichmäßige Frontzahnführung aufgebaut werden konnte.

Herstellung

Um einen spannungsfreien Sitz der Versorgungen sicherzustellen, wurde eine digitale Abformung mit dem hochpräzisen 3M True-Definition-Scanner durchgeführt. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die klinische Situation nach der Abformung mit Resten der hauchdünnen Puderschicht, die einfach mit Wasser zu entfernen ist. Anschließend erfolgte die Übermittlung der Scandaten an das zahntechnische Labor über das 3M Connection Center. Die Marylandbrücken wurden vollanatomisch konstruiert, um die gewünschte Schichtstärke reduziert und schließlich aus dem inzwischen in Ronden mit Standarddurchmesser erhält¬lichen Werkstoff Lava Plus gefertigt. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen die individuell verblendeten Klebebrücken im Labor. Um die Passung zu überprüfen, kann ein physisches Modell bestellt oder selbst gefertigt werden (Abb. 5).

Adhäsive Befestigung

Bei der Befestigung von Marylandbrücken ist besondere Sorgfalt geboten. So ist nicht nur der absolut spannungsfreie Sitz der Versorgungen sicherzustellen, sondern auch die Befestigung unter Kofferdam durchzuführen. Dadurch wird dafür gesorgt, dass die Klebeflächen trockengehalten und somit beste Voraussetzungen für den langfristigen Erfolg der Restaurationen geschaffen werden. Die Innenseite der Flügel wurden mit zwei bar Druck in einem Abstand von rund zwei Millimetern und einem Auftrittswinkel von 90 Grad mit 3M ESPE Rocatec Soft Retentionsfreies Haftverbundsystem silikatisiert. Danach wurde 3M ESPE Sil auf die silikatisierten Oberflächen appliziert. Durch die hohe Oberflächenenergie nach dem Silikatisieren diffundiert das Silan in die aufgeraute Keramik – eine Mehrfachbenetzung ist möglich.

Die Vorbereitung der Zahnsubstanz und die Eingliederung erfolgten für jede Restauration einzeln. Zunächst wurden die für die Befestigung zu konditionierenden Schmelzareale für 40 bis 60 Sekunden mit Phosphorsäure geätzt und anschließend gründlich gespült. Dann wurde 3M ESPE Scotchbond Universal Adhäsiv sowohl auf die geätzten Schmelzflächen als auch auf die Flügel aufgetragen, einmassiert und bis zur vollständigen Evaporation des Lösungsmittels verblasen. Die Schmelzareale wurden zusätzlich für 20 Sekunden polymerisiert.

Danach folgte die Applikation von 3M ESPE RelyX Ultimate Adhäsives Befestigungskomposite auf die präparierten Zahnareale. Für die Positionierung und Fixierung der Versorgungen empfiehlt sich der Einsatz von Silikonapplikatoren für die Veneertechnik. Überschüssiges Befestigungsmaterial wurde mit einem Brush entfernt und der Randbereich jeweils mit Glyceringel abgedeckt, um der Entstehung einer Sauerstoffinhibitionsschicht am Übergang zwischen Zahn und Restauration vorzubeugen. Nachfolgend wurden die Klebeareale jeweils für 40 Sekunden lichtgehärtet. Zusätzlich härtet RelyX Ultimate chemisch aus. Nach der Kofferdam-Entfernung wurden die Klebefugenareale auf Hochglanz poliert und schließlich Okklusion und Artikulation überprüft. Abbildung 6 zeigt das Behandlungsergebnis.

Krone auf Keramikimplantat

Immer häufiger äußern Patienten den Wunsch nach vollständig metallfreien Versorgungen. Zu dieser Patientengruppe gehörte ein 42-Jähriger mit einer Schaltlücke in regio 46, der sich gegen ein Beschleifen der gesunden Nachbarzähne und für die Insertion eines Implantats entschied. Die Wahl fiel auf ein einteiliges Keramikimplantat (RadixArt, ökoDENT Tautenhain) mit 4,3 mm Durchmesser und einer Länge von 12 mm und eine individuell verblendete Krone aus Lava Plus Zirkoniumoxid. Nach Implantatinsertion und einer zweimonatigen belastungsfreien Einheilphase wurde eine Abformung mit dem 3M True Definition Scanner durchgeführt. Um die Implantatschulter präzise abformen zu können, wurde 3M ESPE Adstringierende Retraktionspaste um diese herum appliziert und nach 40 Sekunden Einwirkzeit gründlich abgespült (Abb. 7). Es folgten die Applikation von Scanpuder und die Aufnahme mit dem Intraoralscanner.

Im zahntechnischen Labor wurde ein Kronengerüst aus Lava Plus Zirkoniumoxid hergestellt und individuell verblendet. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Hygienefähigkeit des Zahnersatzes gelegt. Ein auf der Grundlage der digitalen Abformdaten gefertigtes SLA-Modell diente der Überprüfung der Passung, der Kontaktpunktgestaltung und der Kontrolle des Übergangs zwischen Krone und Implantat (Abb. 8 und 9).

Zementierung

Nach der Einprobe wurde die Lava Plus Krone mit 3M ESPE RelyX Unicem Selbstadhäsiver Komposit-Befestigungszement auf dem Implantat befestigt. Das Befestigungskomposit bietet gegenüber konventionellen Zementen ästhetische Vorteile, während die Anwendung sehr einfach ist. Die Vorgehensweise ist ähnlich der bei Eingliederung von Kronen und Brücken auf natürlichen Pfeilern.

Im vorliegenden Fall wurde die Innenseite der Krone mit dem Mikro-Strahlgerät 3M ESPE CoJet Prep und CoJet Sand 15 Sekunden silikatisiert. Danach wurde ESPE Sil aufgetragen und nach einer Einwirkzeit von zwei Minuten das Befestigungskomposit appliziert. Der Implantatkopf verfügt bereits über industriell eingefräste Mikroretentionen, die eine Vorbehandlung mit einem Mikro-Strahlgerät überflüssig machen. Nach einer initialen Lichthärtung (zwei Sekunden) erfolgte die sorgfältige Entfernung der Zementüberschüsse mit einem Scaler. Im Anschluss wurde erneut für 40 Sekunden polymerisiert. Alternativ führt dank chemischer Aushärtung eine dreiminütige Wartezeit zum gewünschten Ergebnis. In der Abschlussaufnahme sind deutlich gesunde Weichgewebeverhältnisse zu erkennen, die mit keramischen Restaurationen einfach erzielbar sind (Abb. 10 und 11).

Fazit

Lava Zirkoniumoxid wird in unserer Praxis seit 13 Jahren erfolgreich eingesetzt. Dabei hat sich das Konzept der adhäsiven Befestigung bei Verzicht auf Makroretention und der Verwendung eines selbstadhäsiven Materials bei klassischen Präparationsformen bewährt.

Dr. Wolfram Olschowsky
studierte nach abgeschlossener Ausbildung zum Zahntechniker Zahnmedizin in Jena und Erfurt. Seit 1994 ist er niedergelassen in eigener Praxis in Hörselberg-Hainich.
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