Befestigungstechnologien im Fokus
Welchen Einfluss haben aktuelle Entwicklungen wie die zunehmende Digitalisierung auf die Wahl des Befestigungsmaterials? Welche Vorteile hat es, auf eine abgestimmte Materialpalette zu setzen? Diese und weitere Fragen zum Thema Befestigung beleuchten Prof. Dr. Peter Pospiech und Dr. Dana Adyani-Fard im Interview.
Herr Prof. Dr. Pospiech, inwieweit beeinflussen moderne Entwicklungen wie CAD/CAM-gefertigter und implantatgetragener Zahnersatz den Bereich der Befestigungsmaterialien?
Pospiech: Auch wenn CAD/CAM-gefertigter Zahnersatz vonseiten der Industrie derzeit hoch angepriesen wird, stellt er aus meiner Sicht nicht in allen Fällen die ideale Lösung dar. Aber zu Ihrer Frage: Das Ausschleifen von Innenkonturen wie bei Kronen ist anspruchsvoller als das Schleifen von Außenkonturen wie beim reinen Inlay. Deshalb konnten die frühen CEREC-Restaurationen auch mit einer Scheibe herausgeschliffen werden. Zu Beginn des Kronenfräsens wurde sehr häufig argumentiert, dass schlechtere Passungen als beim Dentalguss durch frästechnische Probleme systemimmanent sind. Es ist aber keinesfalls akzeptabel, dass man bei moderneren Technologien schlechtere Passungen in Kauf nehmen soll als bei klassischer zahntechnischer Verarbeitung. Mit den Begriffen CAD/CAM-gestützter Zahnersatz wird im Unterbewusstsein gerne auch schneller, preiswerter und weniger Aufwand verknüpft. Dem ist aber nicht unbedingt so. Die notwendigen Anstrengungen liegen mittlerweile nicht bei den korrekten Wachsmodellationen und der Abstimmung der Einbettmassen sondern in der Generierung von Frässtrategien, die eine gute Passung gewährleisten.
Das Ziel muss eine möglichst geringe, homogene (Klebe-)Fuge sein, die durch geeignete Präparationsgeometrien mechanisch entlastet wird. Zemente klassischer Prägung haben durchaus weiterhin ihre Vorteile, da sie preiswerter sind, weniger techniksensitiv in der Verarbeitung und keine schädigenden Monomere aufweisen. Will man konventionell zementieren, ist die Präparationstechnik anzupassen, um eine Retentionssteigerung zu erreichen. Klassischerweise muss man sehr diszipliniert präparieren, um eine Retention zu erreichen, damit auch mit einem herkömmlichen Zement wie beispielsweise einem Phosphat- oder Glasionomerzement gearbeitet werden konnte. Diese dezidierte Präparation geht heute leider oft verloren, da man beim Kleben auf eine echte Retentionsform durchaus auch einmal verzichten kann.
Frau Dr. Adyani-Fard, wie beurteilen Sie den selbstadhäsiven, dualhärtenden Kunststoffzement G-CEM LinkForce z. B. in Bezug auf Verarbeitung, Handling etc.?
Adyani-Fard: Neben den ästhetischen Vorteilen arbeite ich mit G-CEM LinkForce auch deshalb gerne, weil er als System mit drei Grundelementen (G-Premio BOND Haftvermittler, G-Multi Primer sowie der eigentliche Kompositzement, alle GC) und Wahl des Härtungsmodus eine ganze Bandbreite von Indikationen abdeckt und es dennoch nur eines fast intuitiven Arbeitsablaufs bedarf. Zusätzlich bietet ein Aktivator (G-Premio BOND DCA) die Möglichkeit an, G-Premio BOND ohne Lichthärtung vor der Zementierung mit G-CEM LinkForce anzuwenden. So kann man sich sicher sein, dass auch bei einer Polymerisation erst im zweiten Schritt eine ausreichende Aushärtung des Befestigungsmate‧rials erfolgt – ein zweifellos beruhigendes Gefühl in der Anwendung. Positiv ist aus meiner Sicht auch, dass die sehr dünne Filmstärke mit 3 µm die Kronenpositionierung nicht beeinträchtigt und sich beim Zementieren überschüssiges Material nach 1–2 Sekunden Anhärten mit der Polymerisationslampe leicht mit der Sonde entfernen lässt.
Wofür verwendet man demgegenüber lichthärtende Komposite (wie G-ænial Universal Flo) bei der Befestigung?
Pospiech: Generell sehe ich den Einsatzbereich von Kompositen als Befestigungsmaterialien vor allem im Frontzahnbereich oder bei Metall- sowie Teilkronen, also da, wo genügend Schmelz und damit auch ausreichend Platz vorhanden ist, um Kofferdam anzulegen. Im Grunde genommen ist die Chemie von Restaurations- und Befestigungsmaterialien auf Kompositbasis dieselbe, nur fehlt den Füllungswerkstoffen in der Regel die autopolymerisierende Komponente. Bei den lichthärtenden Materialien benötigt man daher ein glasbasiertes System wie Glaskeramiken, damit das Polymerisationslicht auch die entsprechenden Regionen erreicht. Rein lichthärtende Komposite sehe ich unter anderem bei Veneers indiziert, da dort nur hauchdünne Keramikschalen befestigt werden und man vorher auch testen kann, wie die Farbwirkung des Befestigungswerkstoffs ist. Bei komplexeren Einsatzgebieten wie im hinteren Seitenzahnbereich braucht es diese Materialien aus meiner Sicht allerdings nicht.
Adyani-Fard: Ich verwende lichthärtende Komposite für die Befestigung von Veneers, für Restaurationen aus Lithiumdisilikat und Hybridmaterialien sowie für Inlays und Onlays aus Komposit.
GC verfügt über eine 95-jährige Kompetenz im Bereich von Befestigungsmaterialien. Inwiefern profitiert der Anwender davon, auf ein abgestimmtes Materialsortiment eines einzelnen Herstellers zu setzen?
Adyani-Fard: Die persönliche Anwendungs‧erfahrung ist ein wesentlicher Parameter für den Erfolg der Zementierung. Da in den letzten Jahren eine Vielzahl an Materialien eingeführt wurde und dabei gleichzeitig ähnliche Terminologien bei doch sehr unterschiedlichen Materialien positioniert wurden, vereinfacht es den internen Praxisablauf, wenn man bei einem Hersteller bleibt. Ich von meiner Seite aus kann nur davor warnen, die unterschiedlichen Materialien miteinander zu vermischen. Dazu liegen keine Daten und Kenntnisse vor. Verwenden Sie beispielsweise GC G-CEM LinkForce, dann sollten Sie nicht einfach ein anderes Universaladhäsiv als das dazugehörige G-Premio BOND verwenden. Die Ergebnisse dieses Zements beruhen auf der kombinierten Anwendung mit dem GC Multiprimer und GC G-Premio BOND; nur so kann ein Hersteller auch eine Gewährleistung geben.
Pospiech: Der Dentalmarkt ist sehr speziell, und wenn ein Unternehmen dort und insbesondere im Bereich der Befestigungsmaterialien über einen so langen Zeitraum erfolgreich agiert, hat es sehr viel Erfahrung gesammelt. Da Zahnmedizin ja in gewissem Sinne auch immer noch eine „Erfahrungswissenschaft“ ist, kennt ein Anbieter, je länger er sich auf diesem Feld bewegt, die Bedürfnisse der Anwender umso besser. Was die Vorteile von Lösungen aus einer Hand angeht, halte ich es für sinnvoll, vor allem bei Werkstoffen wie den Kompositen – bei denen mehrere Komponenten wie beispielsweise Silane oder Primer zur Anwendung kommen – auf einen Hersteller zurückzugreifen. Ich gehe davon aus, und das hat Frau Dr. Adyani-Fard ja gerade bestätigt, dass deren Chemie aufeinander abgestimmt ist, das heißt, ich würde diese Komponenten im Idealfall nicht mit Produkten anderer Anbieter „vermischen“ und das auch dann nicht, wenn es scheinbar nur Marginalien wären. Gerade wenn sich bestimmte Werkstoffe in der eigenen Praxis bewährt haben, stellt sich die Frage, warum man zu anderen Materialien greifen sollte. Letztlich kommt es aber immer auf den einzelnen Anwender und die Frage an, mit welchen Systemen oder Verfahren er die besten Erfahrungen gemacht hat – es gibt nicht „den einen Hersteller“ oder „das eine Material“, zu dem jeder greifen sollte.
Die Experten:
Prof. Dr. Peter Pospiech ist seit 2015 Stellvertretender Direktor der Abteilung Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre sowie Leiter der Vorklinik an der Charité Universitätsmedizin Berlin.
Dr. Dana Adyani-Fard ist als Zahnärztin in einer Gemeinschaftspraxis in Issum und im Bereich Clinical Research tätig. Zudem arbeitet sie als Beraterin für GC Germany.