Forschung

Studentin entwickelt künstlichen Zahnbelag

Internationales Aufsehen erregte die Arbeit der Studentin Ann-Kathrin Flad, die den ersten, aus organischen Stoffen synthetisch hergestellten Zahnbelag entwickelte. Ihre innovative Forschung stellte sie im Juni auf dem Weltforschungskongress im südkoreanischen Seoul vor.


Links: Zahn 47, bukkale Ansicht: Es ist zu sehen wie und wo die künstliche Plaque entfernt wurde, rechts: Die dazugehörige Auswertung mithilfe der Automatisierten Plaque-Planimetrie. Das Bild zeigt die totale Plaqueentfernung der bukkalen Fläche mit 52,10 Prozent. © Flad


Mit gerade mal 23 Jahren stellte sich die Zahnmedizinstudentin Ann-Kathrin Flad dem fachlichen Urteil von internationalen Experten ihres Fachs. Im Juni durfte sie, als erste Zahnmedizinstudentin der Universität Witten-Herdecke, auf dem renommierten Weltforschungskongress in Seoul die Ergebnisse ihrer Forschungen vorstellen: Die erste synthetisch hergestellte Plaque aus organischen Materialien. „Bisher musste man Probanden finden, die sich drei, vier Tage lang nicht die Zähne putzen durften“, so Flad. Oder man verwendete künstliche Plaque, die im Gegensatz zu dem von ihr entwickelten Zahnbelag aus anorganischen Stoffen synthetisiert wird.

2012 begann die heute 23-Jährige ihr Studium. Kurze Zeit später, 2013, begann sie ihre wissenschaftlichen Arbeiten am ORMED Institute for Oral Medicine an der Universität Witten-Herdecke. Seitdem forschte die ehrgeizige Studentin im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Wirksamkeit verschiedener Mundhygieneartikel wie Interdentalbürstchen oder Zahnbürsten. Elementarer Bestandteil dieser Forschung ist es, die Putzeffektivität des jeweiligen Produkts zu kontrollieren.

Forschung am besten in vitro

Dazu benötigen die Forscher Plaque. Bisher ergaben sich dazu zwei Möglichkeiten: Entweder die Probanden putzten sich über einen längeren Zeitraum nicht die Zähne, sodass eine messbare Menge an Biofilm entstehen konnte. Oder die Forscher verwendeten synthetisch hergestellte Plaque aus anorganischen Stoffen. Beide Möglichkeiten bargen Nachteile für Probanden, Forscher und die Ergebnisse der Studien. So durften sich Probanden oft tagelang nicht die Zähne putzen, was für diese natürlich unangenehm war. „Darüber hinaus ist es viel einfacher für den Wissenschaftler, Forschungen in vitro, also an genormten Zähnen und komplett standardisiert, vorzunehmen“, erläutert Flad. Das habe damit zu tun, dass der Grad der Reinigung mithilfe einer Automatisierten Plaque-Planimetrie ausgewertet wird.

Dabei werden die Zähne einzeln begutachtet und die Zahnoberfläche wird in insgesamt 30 planimetrische Felder unterteilt, um den Säuberungsgrad jedes einzelnen Zahns optimal zu bestimmen. Flad: „In vitro sind solche umfassenden Messungen viel einfacher durchzuführen.“ Um der Forschung am Patienten zu entgehen entwickelten Forscher schon vor einiger Zeit künstliche Plaque. Diese wurde jedoch aus anorganischen Stoffen synthetisiert.

Doch die Wirksamkeit dieser Plaque konnte Flad bei ihrer Forschung nicht überzeugen: „Meiner Meinung nach sind die Ergebnisse, die man unter Verwendung der anorganischen Plaque erzielt, nicht so aussagekräftig. So wurde die Idee geboren, eine Plaque herzustellen, der aus den gleichen (organischen) Stoffen wie ihr natürliches Vorbild besteht. Neun Monate lang arbeite die Zahnmedizinstudentin an der richtigen Rezeptur. „Die größte Herausforderung stellte für mich die Viskosität des Zahnbelags dar“, erklärt Flad. Diese variiere auch beim Menschen sehr stark, da sie von der Speichelzusammensetzung abhängig ist. Die genaue Rezeptur ihres künstlichen Zahnbelags ist aber noch geheim.

Durch ihre Entwicklung beeindruckte Flad ihre Professoren so sehr, dass sie Ende vergangenen Jahres dazu eingeladen wurde, bei der 94. Jahrestagung der International Association for Dental Research ihre Forschungsergebnisse mit einer Posterpräsentation vorzustellen. Der Kongress fand im Juni mit über 2000 Teilnehmern in Seoul statt. „Das große Interesse an meiner Forschung hat mich wirklich gefreut. Es war sehr hilfreich, einen so schönen Austausch und viel konstruktive Kritik zu erfahren.“ Schon so früh in ihrer wissenschaftlichen Karriere ihre Ergebnisse vor einem internationalen Publikum präsentieren zu dürfen empfand die junge Studentin als große Chance. Ihren ursprünglichen Plan, sich nach dem Studium der Zahnmedizin in einer Praxis niederzulassen, will sie aber angesichts ihrer Forschungserfolge nicht revidieren. „Das Forschen ist für mich schon eine Art Leidenschaft“, sagt sie. „Ich möchte mir aber beide Optionen offenhalten.“