Prophylaxe in der Zahnarztpraxis mit System - was müssen Sie beachten?

So sieht ein durchdachtes Prophylaxekonzept aus

Prophylaxe in der Zahnmedizin gilt heute als Fundament der Zahn- und Mundgesundheit. Das Bewusstsein der Bevölkerung für die Bedeutung präventiver Maßnahmen steigt kontinuierlich. Ein durchdachtes Prophylaxekonzept unter Einsatz innovativer Produkte – zum Beispiel zur Behandlung von Überempfindlichkeiten – schafft die Basis für eine erfolgreiche Patientenbindung.



Wer ein hochwertiges Gesundheitskonzept zur Vermeidung von Karies und Parodontitis in seiner Praxis implementiert, hebt sich von anderen Praxen ab und schafft Argumente für die Neukundengewinnung sowie die Bindung bestehender Patienten. Dafür ist es jedoch erforderlich, die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Prophylaxe zu verfolgen und bei Bedarf neue Materialien und Therapieverfahren zu integrieren, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen und den Patientenkomfort zu maximieren.

Anhand des folgenden Patientenfalls wird ein Erfolgskonzept für die Prophylaxe vorgestellt.

Zu Beginn der Sitzung werden die Patienten über die geplante Vorgehensweise bei der professionellen Zahnreinigung aufgeklärt. Nach einer antibakteriellen Mundspülung folgen die Befunderhebung und die Erstellung eines Risikoprofils: Dafür wird der Patient zum Rauchverhalten, zu bekannten systemischen Erkrankungen und der Einnahme von Medikamenten befragt. Bei der klinischen Untersuchung werden u. a. die Blutung nach Sondierung (BOP), die Tiefe der Zahnfleischtaschen, der gesamte Parodontalstatus und der Plaque-Index überprüft sowie die Zahnhartsubstanz und das Weichgewebe kontrolliert. Zur Diagnose einer parodontalen bzw. periimplantären Gewebedestruktion eignet sich z. B. ein aMMP-8-Test. Alle Ergebnisse und Befunde werden mit der Software ParoStatus (ParoStatus.de) dokumentiert.

Je nach ermitteltem Risiko werden dann für ein Jahr die Recall-Intervalle festgelegt. Nach zwölf Monaten erfolgt stets eine erneute Überprüfung des Risikostatus.

Individuelles Risikoprofil

Im vorliegenden Fall wurde bei der 35-jährigen Patientin ein geringes Parodontitis- und Kariesrisiko festgestellt. Sie gab zwar an zu rauchen, und es waren einige Verfärbungen sowie Beläge zu entfernen (Abb. 1), sie verfügte aber über eine gute Allgemeingesundheit, gesunde Weichgewebeverhältnisse und keine neu aufgetretenen kariösen Läsionen. Dementsprechend wurde empfohlen, zweimal jährlich eine professionelle Zahnreinigung durchführen zu lassen. Um die Beläge sichtbar zu machen, wurden die Zähne zunächst angefärbt.

Überempfindlichkeiten im Griff

Die Patientin hatte in vorangegangenen Prophylaxesitzungen mehrfach über Überempfindlichkeiten im Seitenzahnbereich geklagt, die insbesondere bei der Zahnreinigung mittels Pulver-Wasser-Strahlgerät aufgetreten waren. Aus diesem Grund wurde entschieden, ein neues glycinbasiertes Prophylaxepulver von 3M ESPE einzusetzen, das für die Behandlung von Hypersensitivitäten geeignet ist.

Bei der Applikation von Clinpro Glycine Prophy Powder mit TCP wird laut Hersteller eine sofortige Linderung von Überempfindlichkeiten erzielt, da Partikel des in dem Pulver enthaltenen funktionalisierten Tri-Calcium-Phosphats (fTCP) die offenen Dentintubuli verschließen. Zudem wird durch die Lösung des fTCP im Speichel die Remineralisierung der betroffenen Zahnsubstanz angeregt und somit die natürliche Widerstandsfähigkeit der Zahnsubstanz nachhaltig gestärkt.

Angewendet wurde das Pulver bereits vor dem Einsatz von Handinstrumenten, um auch bei diesem Behandlungsschritt den Patientenkomfort zu erhöhen. Dazu wurde das Pulver in das Pulver-Wasser-Strahlgerät PROPHYflex (KaVo) gefüllt. Vor der Anwendung im Patientenmund erfolgte zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Ausgabe des Pulver-Wasser-Gemischs die Aktivierung des Geräts für zehn Sekunden über dem Waschbecken (Abb. 2).

Zum Schutz der Augen erhielten alle beteiligten Personen eine Schutzbrille, das Gesicht der Patientin wurde zusätzlich mit einem Tuch abgedeckt. Außerdem wurden ihre Lippen eingecremt. Dann erfolgte die kurze Applikation von Clinpro Glycine Prophy Powder mit TCP an den überempfindlichen Zähnen. Der Abstand zwischen der Düse des Geräts und der Zahnsubstanz beträgt dabei rund 4 mm bei einem Auftrittswinkel von circa 90 Grad (Abb. 3).

Dank des direkten Eintretens eines schmerzlindernden Effekts konnten nachfolgend die Beläge mit einem Cavitron-Ultraschallgerät (Hager & Werken) sowie Handinstrumenten entfernt werden (Abb. 4 und 5). Es folgte die supra- und subgingivale Entfernung von Plaque sowie Verfärbungen mit dem Glycinpulver (Abb. 6). Dieses ist nicht nur aufgrund des schmerzlindernden und den Mineralisationsprozess anregenden Effekts, sondern auch aufgrund seiner geringen Korngröße zu empfehlen, die eine Biofilmentfernung bei minimaler Abrasion an Zahn- und Wurzeloberflächen ermöglicht [1, 2].

Bei der supragingivalen Reinigung ist die Düse in sehr geringem Abstand mit kreisförmigen Bewegungen über die Zähne zu führen, der Winkel beträgt 30 bis 90 Grad. Bei der subgingivalen Anwendung wird die Düse in einem maximalen Abstand von 4 mm und einem Auftragswinkel von 30 bis 60 Grad gleichmäßig entlang des Gingivalsaums geführt.

Nach der Reinigung wurden die Zahnoberflächen mit Clinpro Prophy Paste zusätzlich poliert (Abb. 7). Dieser Behandlungsschritt ist nicht unbedingt erforderlich, wird aber von vielen Patienten gewünscht. Nach der Zahnzwischenraumreinigung mit Polierstreifen (Abb. 8) zeigte sich ein hervorragendes Ergebnis: Die Beläge und Verfärbungen waren vollständig entfernt (Abb. 9). Zudem berichtete die Patientin, dass während der gesamten Behandlung keinerlei Überempfindlichkeiten aufgetreten seien.

Schutzschicht

Für die finale Fluoridierung und den Schutz vor äußeren Einflüssen wurde eine dünne Schicht Clinpro White Varnish mit TCP (insgesamt circa 0,5 ml) auf die gereinigten, noch feuchten Zahnoberflächen aufgetragen (Abb. 10). Der Fluorid und Kalzium freisetzende Klarlack fließt auch in enge Interdentalräume und sorgt so für einen optimalen Schutz der Zahnsubstanz.

Empfehlungen

Abschließend erhielt die Patientin Tipps zur häuslichen Zahn- und Zwischenraumpflege, der Mundhygiene und einer gesunden Ernährung. Aufgrund der Überempfindlichkeiten wurde empfohlen, Clinpro Tooth Creme mit TCP täglich anzuwenden. Dann trägt diese neue Zahncreme nicht nur zum langfristigen Schutz empfindlicher Zähne bei, sondern kann zusätzlich das Auftreten kariöser Läsionen verhindern und diese im frühen Stadium (‧White Spots) sogar reparieren. Die Patientin verließ die Praxis mit einem neuen Termin für eine professionelle Zahnreinigung in sechs Monaten.

Fazit

Wer ein ausgeklügeltes Prophylaxekonzept in seiner Praxis implementiert, legt den Grundstein für die erfolgreiche Patientenbindung. Durch regelmäßige Kontrollen und präventive Maßnahmen gelingt es, die Mundgesundheit kontinuierlich zu verbessern und damit einen Beitrag zu einer guten Allgemeingesundheit zu leisten. Ein interdisziplinärer Ansatz lässt sich durch die Durchführung von Schnelltests verfolgen.

Um Patienten optimale Leistungen zu bieten, ist es wichtig, sich regelmäßig über neue Verfahren und Materialien für die Prophylaxe zu informieren, diese zu testen und ggf. in den Behandlungsablauf zu integrieren. So hat sich beispielsweise herausgestellt, dass die Verwendung der seit März 2015 verfügbaren Clinpro-Produkte mit TCP von 3M ESPE nicht nur eine schmerzfreie Zahnreinigung bei Patienten mit Hypersensitivitäten ermöglicht, sondern auch langfristig zu einer Linderung der Beschwerden führt. Auf diesen Vorteil möchten meine Patienten nicht mehr verzichten.

Weitere Informationen über Prophylaxekonzepte sowie die von mir empfohlenen Produkte erhalten Interessenten bei den Fortbildungen der Reihe „Team im Fokus“, die im Herbst 2015 an unterschiedlichen Orten in Deutschland stattfinden.

DH Sylvia Fresmann
ist Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Dentalhygieniker/innen und leitet die Prophylaxeabteilung der Praxis Dres. Strenger in Dortmund.
Kontakt: fresmann@t-online.de