Lineares oder kreisförmiges Scaling?
Für die maschinelle Entfernung von supra- und subgingivalem Zahnstein und Belägen gibt es verschiedene Behandlungsoptionen. Die einen bevorzugen Schall-, die anderen Ultraschallinstrumente. Worin liegt der Unterschied?
Eine gesamte Zahnreihe von Hand zu instrumentieren ist nicht nur ermüdend für sämtliche Muskeln und Gelenke an Hand und Fingern, sondern strapaziert auch die Körperhaltung der Behandlerin. Natürlich hat sie in der Ausbildung gelernt, dass sie aus dem Ellbogen heraus arbeiten und den Patienten besonders bei anatomisch kritischen Stellen am Zahn in einer ihr ergonomisch angenehmen Position lagern soll. Doch allzu leicht verfällt man in alte Muster: Die Kraft allein aus der Hand heraus zu holen lässt die Muskeln verkrampfen und die Gelenke schmerzen. Außerdem will keiner dem Patienten eine waagerechte Position auf dem Behandlungsstuhl auf Dauer zumuten.
Durch oszillierende Lösungen kann den typischen Berufskrankheiten eines zahnärztlichen Teams sehr geholfen werden. Die Arbeitserleichterung wird durch die Wissenschaftliche Stellungnahme der DGZMK 1/2005 von GJ Petersilka und TF Flemmig zu „Schall- und Ultraschallscaler in der Parodontitistherapie“ unterstützt. Dort heißt es: „Gründliches Schall- und Ultraschallscaling reduziert die subgingivale Mikroflora in gleichem Maß wie subgingivales Scaling mit Handinstrumenten.“ Im Gegensatz zum manuellen Instrumentieren erlauben uns maschinelle Spitzen aber eine leichtere Zahnstein- und Konkremententfernung und ein ermüdungsfreies Arbeiten ohne Kraftaufwand. Der Zeitfaktor wird auch in der DZMK Stellungnahme erwähnt: „… Weiterhin hat sich die Anwendung oszillierender Scaler gegenüber Handinstrumenten in einigen Studien als zeitsparender erwiesen …“ Mit leicht überlappenden Bewegungen kann man sich also zügig und präzise vorarbeiten und dabei das umliegende Weichgewebe bzw. die Zahnhartsubstanz schonen. Grundsätzlich decken Schall- und Ultraschallscaling sämtliche parodontalprophylaktischen Indikationen supra- und subgingival ab. So weit die Gemeinsamkeiten. Doch worin liegen die Unterschiede und für welche Technik sollte sich eine Praxis entscheiden?
Welche Technik in einer Prophylaxesitzung umgesetzt wird, hängt vor allem von der Praxisausstattung ab: Schall benötigt ein luftbetriebenes Schallhandstück, Ultraschall hingegen funktioniert nur mithilfe eines piezoelektrischen Antriebs. Bei Komet, Lemgo, wo beide Instrumentenlinien im Prophylaxe-Sortiment erhältlich sind, stellen sich die Optionen z. B. folgendermaßen dar: Die SonicLine Schallspitzen arbeiten auf dem Schallhandstück SF1LM, die PiezoLine Ultraschallspitzen funktionieren mithilfe der Handstücke von EMS (Piezon Master 700, MiniMaster, MiniMaster LED und MiniPiezon), von Tekne Dental (Titanus E) oder den Handstücken der Behandlungseinheiten Teneo und Sinius von Sirona (PerioSonic für PerioScan und Sirosonic/L/TL). Das deckt jede Menge an Möglichkeiten ab, die in der Praxis vielleicht schon vorrätig sind, und erleichtert eine erste Entscheidung.
Unterschiedliche Wirkungsweise
In der DGZMK-Stellungnahme heißt es dazu: „Die Hauptwirkung von Schall- und Ultraschallscalern resultiert aus dem direkten Kontakt der Arbeitsspitze mit der zu bearbeitenden Zahnoberfläche. Die mechanische Entfernung von Plaque und Zahnstein findet, je nach verwendetem Instrumententyp, durch hämmernd-klopfende bis schabende Bewegung der Instrumentenspitze statt.“ Genau damit wird der Unterschied der Wirkungsweise beschrieben: Ultraschallsysteme funktionieren piezoelektrisch oder magnetorestriktiv. Bei piezoelektrischen Systemen wirkt eine Wechselspannung auf einen Quarzkristall ein, bei magnetorestriktiven Systemen wird die Schwingung durch die elektromagnetische Einwirkung auf ein im Gerätehandstück befindliches ferromagnetisches Material erzeugt. Beide Methoden produzieren lineare Bewegungen. Anders bei Schall: Dabei werden ungedämpfte, kreisrunde Bewegungen mit einem 360°-Ak‧tions‧radius erzeugt, sie sind also rundum aktiv.
Kreisrund oder linear? Das hat Auswirkungen auf die jeweilige Vorgehensweise in einer Prophylaxesitzung! Bei Schall sollte die Adaption seitlich und mit Rückenfläche erfolgen und der Anstellwinkel 0° bis 15° zur Zahnoberfläche betragen. Bei Ultraschall wird gerne das Bild eines Presslufthammers herangezogen, der in seiner hämmernden Arbeitsweise immer in Bewegung bleiben sollte. Das klingt nach viel Abtrag, der kontrolliert werden sollte. Dazu meint die DGZM: „Effizienz und Sicherheit oszillierender Scaler werden hauptsächlich durch die Instrumentierzeit, angewandte Auflagekräfte und den Anstellwinkel der Scalerspitze zur Wurzeloberfläche beeinflusst.“ Das heißt im Umkehrschluss, dass das Ausüben von Druck oder die Erhöhung der Leistungseinstellung an der Geräteeinheit nur eine geringe Steigerung der Effizienz bewirkt. Im Gegenteil: Sobald mit mehr Druck gearbeitet wird, geht die Leistung bei beiden Spitzen-Linien verloren.
Wer die Instrumente zum ersten Mal einsetzt, wird das Abbremsen sofort spüren und am geringeren Abtrag erkennen. Bei beiden Techniken ist auf ausreichend Kühlung (besonders im subgingivalen Bereich) zu achten, was mit einer Durchflussmenge von 50 ml/min sichergestellt wird. Und zu Fragen der Taktilität sei erwähnt: Manche meinen, dass Handinstrumente mehr Gefühl zulassen. Diese Aussage lässt sich angesichts des grazilen Instrumentendesigns moderner Spitzensysteme wie der SonicLine bzw. Piezo‧Line so nicht mehr halten.
„Unser Königsweg“
Nun habe ich das Glück, in einer Praxis zu arbeiten, die alle maschinellen Optionen vorhält. Unser Königsweg ist inzwischen eine Mixtur aus beiden Technik-Varianten: Bei einer normalen PZR für die supra- und subgingivale Reinigung bzw. Zahnsteinentfernung arbeiten wir mit der SonicLine Schallspitze SF 1 (Scaler Universal, Komet). Der Effekt ist bei einer Taschentiefe bis zu 4 mm ausgezeichnet. Bei einer Parodontitisbehandlung hingegen, wenn wir also eine Taschentiefe von ca. 4 mm und mehr feststellen, setzen wir die Ultraschalltechnik mit der Spitze PE 1.SI1 (Komet) ein. Diese Spitze ist auch in tiefen Taschen bis 9 mm indiziert und weil sich das Instrument auch zum Spülen eignet, halte ich im Rahmen einer Parodontitisbehandlung ein besonders effektives Bakterienmanagement für umsetzbar. Hervorzuheben ist auch die lange Paro-Schallspitze SF4 (Komet) in ihren stark gebogenen Ausführungen nach rechts (SF4R) und links (SF4L). Mit diesen Instrumentengruppen wird das Weichgewebe insgesamt deutlich weniger traumatisiert. Zusätzlicher Attachmentverlust wird verhindert und das subgingivale De‧bride‧ment auch in tiefen Taschen wunderbar umgesetzt. Sie passen sich optimal der Zahnform an.
Beim Einsatz von Schallinstrumenten und piezoelektrischen Ultraschallscalern konnte keine Beeinflussung von Herzschrittmachern festgestellt werden. Bei magnetostriktiven Ultraschallscalern konnten jedoch Interferenzen mit Schrittmachern nachgewiesen werden.
Auf diese Risikogruppe muss in einer Prophylaxesitzung geachtet werden. Die meisten Hersteller am Markt arbeiten jedoch mit piezoelektrischen Antrieben.
DH Irene Fischer
ist seit 1999 in der Praxis Dr. Dortmann & Partner tätig. Kontinuierliche Weiterbildung erlaubte ihr 2013 den Werdegang von der ZMP zur Dentalhygienikerin.
Kontakt: info@dr-dortmann.de