Keine Chance für Säuren und Bakterien
Mechanisch und chemisch bedingte Schädigungen der Zahnhartsubstanz, verursacht durch exzessives Zähneputzen, säurehaltige Lebensmittel & Co., zählen zum Praxisalltag. Doch was ist zu tun, wenn erste Anzeichen eines Substanzverlustes sichtbar werden?
Zunächst sind die Patienten ohne Zweifel über die Veränderungen in ihrem Mund aufzuklären. Die Umstellung der Zahnputztechniken sowie der Ernährungsgewohnheiten kann schließlich das rasche Fortschreiten der erosiven und abrasiven Prozesse verhindern. Zu den gängigen Maßnahmen gehört zudem die Behandlung mit fluoridhaltigen Produkten, die den Zahnschmelz stärken. Wünschenswert wäre es allerdings, die betroffenen, für weiteren Substanzverlust und Karies anfälligeren Bereiche dauerhaft vor äußeren Einflüssen zu schützen.
Langfristiger Schutz
Gefragt ist demnach ein Material, das sich wie ein Schutzfilm auf die Zähne legt und dort langfristig haftet. Säurehaltigen Drinks sollte es widerstehen können, während es gleichzeitig die Zahnsubstanz mit wichtigen Mineralien versorgt. Exakt diese Eigenschaften bietet laut Herstellerangaben das fluoridhaltige kunststoffmodifizierte Glasionomer-Versiegelungsmaterial 3M ESPE Clinpro XT Varnish. Einmal auf geschwächte Stellen aufgetragen und regelmäßig mit fluoridhaltiger Zahncreme aufgeladen, gibt das Material über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten kontinuierlich Fluorid und Calcium frei, regt die Remineralisierung an und schützt vor schädlichen Einflüssen. Für eine sofortige Linderung von Überempfindlichkeiten ist ebenfalls gesorgt. Demnach eignet sich Clinpro XT Varnish für alle schutzbedürftigen Zahnoberflächen. Dazu gehören freiliegende Dentin- und Wurzeloberflächen bei der Behandlung von Hypersensitivitäten ebenso wie besonders kariesanfällige Bereiche (Schmelzläsionen, erodierte Zahnsubstanz, Bereiche rund um kieferorthopädische Brackets).
Praxistest von Clinpro XT Varnish
Wir erhielten Clinpro XT Varnish bereits vor der Markteinführung für den Praxistest und setzen es vornehmlich bei Patienten mit beginnenden Schmelzdefekten sowie überempfindlichen Zahnhälsen ein. Zudem verwenden wir das Material bei Kindern kurz nach dem Durchbruch der bleibenden Molaren, um den noch unreifen Zahnschmelz zu schützen. Das in zwei Komponenten (Paste und Flüssigkeit) erhältliche Material ist einfach anzuwenden. Ein Ätzschritt ist optional und nur dann kontraindiziert, wenn eine Empfindlichkeit aufgrund freiliegender Wurzeloberflächen vorliegt. Im nachfolgend vorgestellten Fall lagen diesbezüglich keine Beschwerden vor.
Der konkrete Fall
Bei der 34-jährigen Patientin bestand Grund zur Annahme, dass nicht exzessives Zähneputzen, sondern ein Piercing im Bereich der Unterlippe eine Abrasion des Zahnschmelzes im Frontzahnbereich des Unterkiefers verursacht hatte (Abb. 1 und 2). Die Patientin berichtete, dass sie regelmäßig Säfte und zuckerhaltige Getränke zu sich nehme. Dieser Faktor könnte somit ursächlich für ein Fortschreiten der Defekte verantwortlich sein.
Vorbehandlung
Um die Zähne langfristig vor Säureangriffen etc. zu schützen, wurde entschieden, Clinpro XT Varnish zu applizieren. Dafür erfolgte zunächst die Reinigung der Zähne mit einem Gummipolierer und ölfreier Polierpaste (Abb. 3), die anschließend sorgfältig mit Wasser entfernt wurde. Ansammlungen von Wasser und Speichel wurden im folgenden Schritt mit Luft verblasen (Abb. 4). Dabei ist darauf zu achten, dass die zu behandelnden Zahnoberflächen leicht feucht bleiben, um eine optimale Anwendung des Ätzgels sicherzustellen. Das 35 Prozent Phosphorsäure enthaltende Gel wurde anschließend direkt auf die Schmelzdefekte appliziert (Abb. 5). Nach einer Einwirkzeit von rund 30 Sekunden erfolgte die Entfernung mit einem Luft-Wasser-Gemisch. Nach dieser Vorbehandlung sollten die geätzten Zahnoberflächen leicht weißlich erscheinen.
Schutzschicht
Zur Vorbereitung wurde zunächst eine geringe Menge des kunststoffmodifizierten Glasionomer-Versiegelungsmaterials auf den Anmischblock ausgebracht und verworfen. Danach wurde der Vorgang wiederholt und die gewünschte Menge des Materials auf den Block gegeben – dank Clicker Dispenser wird stets das korrekte Mischverhältnis eingehalten. Paste und Flüssigkeit wurden mit einem Spatel auf einer möglichst kleinen Fläche vermischt, bis eine homogene Masse mit glänzender Oberfläche entstand. Die Mischzeit sollte maximal 15 Sekunden betragen. Danach erfolgte die Applikation des schützenden Varnish auf die Zahnoberflächen (Abb. 6). Dabei ist darauf zu achten, dass lediglich eine sehr dünne Schicht des Materials aufgetragen wird (bis zu 0,5 mm), da bei dickeren Schichten spürbare Kanten im Mund entstehen könnten.
Es folgten die Lichthärtung jeder Schicht für 20 Sekunden (Abb. 7) sowie die Entfernung scharfer Kanten und die Politur mit einer herkömmlichen Polierbürste (Abb. 8). Dieser letzte Schritt ist entscheidend für den Patientenkomfort, da die Oberfläche aufgrund der gebildeten Schmierschicht sonst rau erschiene. Die Verwendung von Polierpaste ist dabei nicht erforderlich. Abbildung 9 zeigt das Behandlungsergebnis.
Fazit
Patienten mit Hypersensitivitäten sind in der Regel besonders begeistert von der Wirkung des Versiegelungsmaterials Clinpro XT Varnish, da sich sofort nach der Applikation eine spürbare Schmerzlinderung einstellt. Auch langfristig sind sie in der Regel mit den erzielten Ergebnissen sehr zufrieden – bislang berichteten alle Patienten im Recall über einen mehrere Monate anhaltenden Effekt. Dieser wird unter anderem dank der Möglichkeit erzielt, die Schutzschicht durch regelmäßigen Einsatz fluoridhaltiger Zahncreme immer wieder aufzuladen. Aufgrund dieser positiven Resonanz steht für uns fest: Wir werden das Produkt weiter in unserer Praxis einsetzen.
DH Doortje Kiefer
ist seit 2011 in der Zahnarztpraxis Dr. Erik Vetter in Herrsching angestellt. Nach Abschluss der ZFA-Ausbildung absolvierte sie die ZMF- und DH-Weiterbildungen.
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