Parodontologie

Lokale Antibiotikagabe versus systemische Antibiose

Bei richtiger Indikationsstellung können zusätzlich zur subgingivalen Kürettage eingesetzte Antibiotika bessere klinische Ergebnisse erzielen. In welchen Fällen stellt die lokale Antibiotikagabe dabei eine Alternative zur systemischen Antibiose dar? Das DENTAL MAGAZIN fragte Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger.



Seit wann und in welchen Fällen setzen Sie lokale Antibiotika bei PA-Patienten ein und wie messen Sie den Erfolg?

Ratka-Krüger: Der Einsatz lokaler Antibiotika stellt ein ergänzendes Therapiemittel dar, das vor allem im Rahmen der unterstützenden Parodontitistherapie seinen Einsatz hat. Deshalb wende ich vor allem bei Recallpatienten mit einzelnen therapierefraktären Taschen, bei denen aus bestimmten Gründen ein chirurgisches Verfahren nicht angezeigt ist oder nicht gewünscht wird, zusätzlich zur mechanischen Therapie ein lokales Antibiotikum an (Abb. 1 bis 3).

Den Erfolg kann ich an der Reduktion der Sondierungstiefe und am Rückgang der Entzündung (Abnahme der Blutung auf Sondierung) messen.

Die lokale Antibiotikagabe hat eine ganze Fülle von Vorteilen, dazu zählen: die geringere Gefahr einer Resistenzentwicklung, die bessere Wirksamkeit durch höhere lokale Konzentration, der anhaltend hohe Wirkspiegel oberhalb der minimalen Hemmkonzentration von 90 Prozent, die kontinuierliche Freisetzung über zwölf Tage, die einfache Applikation, die kontrollierte Compliance sowie die geringe systemische Belastung. Gibt es auch Nachteile?

Ratka-Krüger: Kaum, die lokale Applikation von Antibiotika bringt tatsächlich wenige Nebenwirkungen mit sich. Dennoch sollte man es nicht unreflektiert in jede tiefe Tasche einbringen. Vor allem gilt: zuerst den Biofilm entfernen, erst dann das lokale Antibiotikum applizieren.

Außer leichten Schleimhautirritationen habe ich bisher keine Nebenwirkungen feststellen können. Wichtig ist natürlich auch die Überprüfung der Anamnese, insbesondere muss kontrolliert werden, ob Allergien auf bestimmte Antibiotika oder deren Inhaltsstoffe vorliegen.

Gilt die systemische Antibiose in der Parodontologie inzwischen als „Therapie von gestern“? Welches Vorgehen empfehlen Sie für den Praxisalltag?

Ratka-Krüger: Nein! Auf keinen Fall gilt die systemische Antibiotikatherapie als veraltet. Sie deckt andere Indikationen als die lokale Therapie ab. Nach der gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) können Antibiotika unterstützend bei Vorliegen bestimmter parodontaler Erkrankungsformen wie z. B. der aggressiven Parodontitis und der schweren chronischen Parodontitis verordnet werden. Insbesondere bei diesen Erkrankungsformen können bestimmte Keime wie Aggregatibacter actinomycetemcomitans aus der Tasche ins Gewebe eindringen oder Regionen wie Zunge und Tonsillen besiedeln, die von mechanischer Parodontitistherapie oder auch von lokalen Antibiotika nicht erreicht werden.

Auch bei akuten Parodontalerkrankungen wie der Nekrotisierenden Ulzerierenden Gingivitis und Parodontitis (NUG, NUP) oder auch bei einem Parodontalabszess mit Ausbreitungstendenz in die benachbarten Logen, Fieber und/oder ausgeprägter Lymphadenopathie kommen systemische Antibiotika zum Einatz. Kollegen, die unsicher bei der Verordnung von Antibiotika sind, sollten sich nach den gültigen Empfehlungen der DGP und DGZMK richten.

Es heißt, je weniger Bedeutung Antibiotika in der Allgemeinmedizin haben, wie z. B. Tetracycline und Doxycycline, desto eher sind sie in der Parodontologie einsetzbar. Ist das korrekt? Wenn ja, warum?

Ratka-Krüger: Prinzipiell gilt auch in der Parodontologie, dass der Einsatz von Antibiotika möglichst sparsam und zurückhaltend erfolgen soll, um das Risiko von Resistenzen und Allergien möglichst gering zu halten. Im Rahmen der systemischen Antibiotikagabe spielen Tetracycline und Doxycyclin auch aufgrund ihres bakteriostatischen Effekts nur eine untergeordnete Rolle. In der lokalen Therapie wird heute unter anderem Doxycyclin verwendet, ein halb-synthetisches Derivat des Tetracyclins, das sich vor allem durch die erhöhte Resorptionsfähigkeit und verlängerte Halbwertszeit von diesem unterscheidet. Mit Doxycyclin kann eine verbesserte Hemmung der Kollagenase-Aktivität in parodontalen Taschen erzielt werden. Es zeigt zudem eine gute Substantivität auf Zahnwurzeloberflächen unter Erhalt seiner antibakteriellen Aktivität. (ab)[]

Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger leitet die Sektion Parodontologie an der Zahnklinik Freiburg sowie den Studiengang MasterOnline Parodontologie und Periimplantäre Therapie. Zu ihren Schwerpunkten zählen u. a.: Einfluss von Allgemeinerkrankungen auf das Parodont, regenerative und plastische Parodontalchirurgie. Kontakt:: petra.ratka-krueger@uniklinik-freiburg.de