Diskussion mit ausgewählten Zahnärzten bei Heraeus Kulzer

Lokalantibiotikum – Fertig oder selbst gemixt?

Wie wirken selbst hergestellte Doxycyclinpräparate, sogenannte Rezeptur- oder Defekturarzneimittel, bei der unterstützenden Parodontitistherapie? Diese Frage stand im Fokus einer von Heraeus Kulzer initiierten Diskussion mit ausgewählten Zahnärzten. Ergebnis: Fertigpräparate wie das lokal anwendbare 14-prozentige Doxycyclin-Gel Ligosan Slow Release werden deutlich höher geschätzt.



Was ist zu beachten, um Parodontitis erfolgreich zu behandeln?
Zielasko: Der Behandlungserfolg steht und fällt mit der Compliance des Patienten. Wir sind auf eine effektive häusliche Mundhygiene und auf die Teilnahme des Patienten an der unterstützenden Parodontaltherapie angewiesen.
Kapogianni: Ich sehe nicht nur Mängel bei der generellen Recall-Teilnahme, sondern auch in den häufig zu langen Recall-Intervallen. Aktive Taschen müssen zeitnah behandelt werden, da ab einer gewissen Tiefe eine chirurgische Intervention unumgänglich ist. Aus meiner Sicht ist eine Furkationsbeteiligung die größte Krux in der Parodontitistherapie. Behandlungsfehler sehe ich in einer verspäteten Extraktion nicht mehr erfolgreich therapierbarer Zähne sowie in einem fehlerhaften Kürettieren, das die Wurzel schädigen kann.

Wann setzen Sie in diesem Zusammenhang Fertiglokalantibiotika wie Ligosan ein?
Zielasko:
Letztlich sollte immer patientenindividuell entschieden werden, ob in ausgewählten Fällen eine systemische Antibiose oder eine adjunktive Gabe von Lokalantibiotika zusätzlich zur Instrumentierung bereits bei der Ersttherapie sinnvoll ist.
Kapogianni: Bei schweren oder aggressiven Verlaufsformen und auch bei der juvenilen Form der Parodontitis setze ich Lokalantibiotika nach individueller Prüfung bereits bei der Primärbehandlung – zusätzlich zum mechanischen Debridement – ein.

Ligosan kombiniert die klinisch belegte Wirkung von Doxycyclin mit einer gelartigen Darreichungsform. Wie beurteilen Sie das Material im Hinblick auf seine Anwendungssicherheit?
Kühne:
Bei lokaler Antibiotikagabe existiert dank der hohen intrasulkulären Konzentration des Wirkstoffs ein geringes Resistenzrisiko. Auch wenn in der Literatur in äußerst seltenen Fällen von einer Rötung der marginalen Gingiva die Rede ist, konnte ich in fünf Jahren Anwendung noch keinerlei Nebenwirkungen beobachten.
Kapogianni: Der Wirkstoff wird kontinuierlich aus einer Hydrogel-Matrix freigesetzt, die biologisch unbedenklich zu Milchsäure und Glykolsäure abgebaut wird. Meines Erachtens ist die Sicherheit aufgrund der in Studien nachgewiesenen Wirksamkeit und der kontrollierten Abgabeform gewährleistet.

Damit sprechen Sie die Relevanz klinischer Studien an. Welche Rolle spielt die wissenschaftliche Datenlage für Sie bei der Materialwahl?
Zielasko:
Die wissenschaftliche Absicherung ist ein wichtiges Kriterium bei der Produktentscheidung, da gerade bei neuen Materialien keine Erfahrungswerte von Kollegen vorliegen.
KAPOGIANNI: Ich finde, dass die Auswahl eines Materials auch voraussetzt, den eigenen Kenntnisstand über neue Studien in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren.
Heffenträger: Wir informieren uns kontinuierlich in unserem Fachgebiet und lesen die entsprechende Literatur. Fakt ist aber, dass bei der Auswahl eines Materials auch der persönliche Bezug zum Betreuer und die positive Erfahrung mit dem Hersteller ausschlaggebend sind.

Welche Anforderungen an Fertigarzneimittel wie Ligosan stellen Sie insbesondere im täglichen Praxiseinsatz?
Zielasko:
Die Applikation muss hygienisch einwandfrei, schnell und einfach erfolgen. Darüber hinaus sollte die therapeutische Wirkstoffkonzentration bei ordnungsgemäßer Anwendung gesichert sein. In diesem Zusammenhang sehe ich auch die Hersteller in der Pflicht, denn die persönliche Betreuung seitens des Herstellers ist wichtig, beispielsweise bei Rückfragen zur Anwendung. Nebenbei schafft das Vertrauen in ein zuverlässiges Arzneimittel wie Ligosan auch eine positive Einstellung gegenüber Neuprodukten.

Wie schätzen Sie das Potenzial sogenannter Rezeptur- oder Defekturarzneimittel gegenüber Fertigpräparaten ein?
Kapogianni:
Ich vertraue in meiner Praxis ausschließlich auf Fertigpräparate, da bei selbst hergestellten Doxycyclin-Präparaten die pharmakologische Wirkung durch unbekannte Mischungsverhältnisse nicht kontrolliert werden kann. Zudem gewährleistet ein Fertigpräparat wie Ligosan über die Trägersubstanz des Materials eine therapeutische Wirkstoffkonzentration über einen ausreichenden Zeitraum von mindestens zwölf Tagen. Bei einem selbst hergestellten Präparat ist gegebenenfalls keine Depotwirkung möglich – auf einen derart experimentellen Einsatz verzichte ich.
Heffenträger: In diesem Kontext möchte ich auf das Vertrauen des Anwenders in das Arzneimittel – und des Patienten zum Zahnarzt – aufmerksam machen. Mit Rezepturarzneimitteln wird die Verantwortung in die Hände des Zahnarztes gegeben, weshalb ich unter anderem aus Gründen der Qualitätssicherung lieber auf ein Fertigpräparat zurückgreife.

Werfen wir in puncto Planungssicherheit einen Blick voraus: Was macht Lokalantibiotika wie Ligosan „zukunftssicher“?
Kapogianni:
Im Bereich der Lokalantibiotika wäre aus meiner Sicht zukünftig eine Art „Ligosan 2.0“ vorstellbar – oder zumindest ein breiteres Portfolio für einen patientenindividuelleren Einsatz. Ich denke da an Varianten mit variablen Applikationsspitzen sowie unterschiedlicher Wirkdauer und Konsistenzen, die auf die unterschiedlichen Anforderungen abgestimmt sind.
Kühne: Während Parodontitis bereits heute als Volkskrankheit gilt, wird eine der künftigen Herausforderungen die Periimplantitis sein – und Ligosan bietet sich unseren Erfahrungen nach als geeignete Therapieoption an (Anm. d. Red.: Ligosan Slow Release ist vom Hersteller momentan nur für die Indikation Parodontitis zugelassen, alle Anwendungen außerhalb dieser Indikation fallen unter einen sogenannten „Off-Label-Use“).
Zielasko: Dem kann ich beipflichten: Klinisch erprobt, durch Studien belegt und in der Praxis bestätigt – der bisherige Erfolg verspricht Ligosan ein hohes Zukunftspotenzial.

Dr. Dr. Johannes Zielasko, Berlin

Oralchirurgin Eleni Kapogianni MSc, Berlin