Weltweit erste S3-Leitlinie zu Platelet-Rich-Fibrin

Zwei Empfehlungen und sechs Statements für PRF

Platelet-Rich-Fibrin (PRF) dient in der oralen Implantologie als bioaktives Hilfsmittel bei der Therapie unterschiedlicher Defekte und ermöglicht verschiedene augmentative und prothetisch-implantologische Versorgungskonzepte. Fachleute von 18 Fachgesellschaften und Organisationen haben unter Federführung der DGI und der DGZMK nun in der weltweit ersten S3-Leitlinie auf diesem Gebiet Empfehlungen für den Einsatz von PRF formuliert. Prof. Dr. Dr. Sharam Ghanaati und Prof. Dr. Dr. Robert Sader, beide Frankfurt am Main, stellten diese während einer Online-Pressekonferenz der DGI vor.


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Platelet-Rich-Fibrin (PRF) ist eine Matrix des Blutgerinnungsfaktors Fibrin, die durch Zentrifugieren bei einer bestimmten Umdrehungszahl aus Blut gewonnen werden kann. Die Matrix enthält Thrombozyten, Leukozyten sowie Wachstumsfaktoren. Darum kann PRF in fester und flüssiger Form die Wundheilung unterstützen. Aktuell wird es in der zahnärztlichen Praxis in fester Form als solide PRF-Plug-Matrix nach Extraktionen zum Auffüllen der Alveole eingesetzt. Alternativ kann auch eine flüssige PRF-Matrix hergestellt werden mit ähnlichen biologischen Eigenschaften wie das solide PRF.
Systematische Untersuchungen sind Mangelware. Obwohl PRF schon seit vielen Jahren in der (Zahn-)medizin eingesetzt wird und seine Bedeutung in der dentalen Implantologie in den letzten zehn Jahren kontinuierlich größer wurde, sind systematische Untersuchungen zu seiner Wirksamkeit in der Geweberegeneration Mangelware. Vorliegende Übersichtsarbeiten erschweren darüber hinaus konkrete und zielorientierte Schlussfolgerungen. Aus diesem Grund gibt es bislang weltweit keine einzige Leitlinie zur Verwendung des Blutkonzentrats in der oralen Implantologie.


Die erste Leitlinie weltweit kommt nun aus Deutschland. Die nun vorliegende Leitlinie der DGI soll Zahnärzten als Entscheidungshilfe dienen, wie PRF im Rahmen der dentalen Implantologie eingesetzt werden kann. Es gilt, Vor- und Nachteile sowie Risiken der Therapie einzuschätzen und Patienten über Behandlungsalternativen im Rahmen eines informierten Konsenses zu informieren.

Sieben Indikationen auf dem Prüfstand
Bei der Entwicklung der Leitlinie wurde die Wirksamkeit von PRF in insgesamt sieben Indikationen überprüft:
• Socket/Ridge Preservation
• Sinusboden-Elevation
• laterale, vertikale und der dreidimensionale Augmentation
• periimplantäre Erkrankungen
• Sofortimplantation
Ebenfalls analysierten die Fachleute die Datenlage zur Auswirkung der PRF-Therapie auf das Schmerzempfinden der Patienten.
Die Fachleute achteten bei der Auswertung der Fachliteratur darauf, dass die PRF-Therapie jeweils mit einer „vernünftigen Kontrollgruppe” verglichen worden war.
Da das Konzentrat aus dem Blut des Patienten gewonnen wird, kann es durch viele patientenbezogene Parameter, etwa Alter oder Gesundheitszustand beeinflusst werden. Aus diesen Gründen wurde bei dieser Leitlinie die spontane Wundheilung als Kontrollgruppe bei der Verwendung von PRF als alleiniger Therapie berücksichtigt. Kam PRF in Kombination mit Knochenersatzmaterialien oder Membranen zum Einsatz, galt als akzeptable Kontrollgruppe die Behandlung mit diesen Materialien ohne PRF. „Durch dieses Vorgehen kann die klinische Wirksamkeit von PRF unter Minimierung weiterer Störfaktoren untersucht werden”, betonen die Fachleute.

Zwei Empfehlungen und sechs Statements
Der Alveolenverschluss durch die Regeneration und Epithelialisierung des Weichgewebes ist neben der Knochenregeneration für den Therapieerfolg bei einer Implantation entscheidend wichtig.
Die vorliegenden Studien haben Schwächen, etwa die fehlende Verblindung der Untersucher, die das „Bias Risiko” erhöhen. Ebenso fehlt der Vergleich zwischen der PRF-Therapie und weiteren mittlerweile etablierten Behandlungskonzepten. „Dennoch kann unter Berücksichtigung dieser Limitationen der vorliegenden Literatur die Überlegenheit der PRF-Behandlung in der Verbesserung der Alveolenheilung gegenüber der spontanen Wundheilung belegt werden”, schreiben die Autoren. Mit starkem Konsens wurde eine offene Empfehlung beschlossen. Offen bedeutet eine Kann-Formulierung: ein Verfahren oder eine Therapiemaßnahme kann erwogen oder einem Patienten empfohlen werden. Möglich ist aber auch der Verzicht darauf.
Zu einem identischen Urteil kamen die Fachleute auch bei der Empfehlung zum Thema Socket/Ridge Preservation zum Volumenerhalt des Kieferkammes. Auch hier lautet die evidenzbasierte Empfehlung, dass die alleinige Anwendung von solider PRF-Plug-Matrix zum Auffüllen der Alveole zum Volumenerhalt beitragen und darum als alternative Therapieoption erwogen und empfohlen werden kann.
Statements: keine Aussagen möglich
Empfehlungen der Leitliniengruppe reflektieren deren Einschätzung, sollen Orientierung bieten und auch handlungsleitend sein (kann/sollte/soll eingesetzt oder nicht eingesetzt werden). Demgegenüber sind Statements Aussagen, die man auch als Tatsachenbehauptung verstehen kann: ein Verfahren ist wirksam/unwirksam.
Aufgrund der derzeitigen Datenlage zu den verbliebenen sechs Indikationen sowie im Hinblick auf die Minderung des Schmerzempfindens durch die Anwendung einer soliden PRF-Plug-Matrix zum Auffüllen der Alveole konnten die Fachleute keine Empfehlung bezüglich der Therapie aussprechen.

Forschungsfragen
• Entsprechend haben die Fachleute ihre Forschungsfragen formuliert, auf die in der Zukunft Antworten auf Basis neuer Untersuchungen gefunden werden müssen:
• Wie ist die klinische Wirksamkeit von PRF bei der Sinusboden-Elevation?
• Wie ist die klinische Wirksamkeit von PRF bei der dreidimensionalen Augmentation?
• Kann die Osseointegration von sofortinserierten Implantaten durch PRF verbessert oder beschleunigt werden?
• Wie ist die klinische Wirksamkeit von PRF bei der Behandlung periimplantärer Erkrankungen?
• Bei welchen Indikationen kann die Verwendung von PRF in Kombination mit Biomaterialien von Vorteil sein?

Leitlinien der DGI
Leitlinien – DGINET
www.dginet.de/leitlinien/