Implantatlinie BEGO Semados RS und RSX

Spannungsspitzen im krestalen Knochen reduziert

Mit einem neuartigen Implantatdesign lassen sich Spannungsspitzen im krestalen Knochen reduzieren. Die Knochenbeanspruchung findet dabei nicht mehr beim Implantateintritt in den Knochen, sondern nach apikal verlagert statt. Wie hat sich das in der Praxis bewährt? Ein Interview mit Dr. Stefan Günther.



Ende 2013 führte BEGO Implant Systems die konischen und selbstschneidenden „Zwillinge“ BEGO Semados RS und RSX ein. Herr Dr. Günther, Sie sind Anwender der ersten Stunde. Welche Erfahrungen machen Sie mit der neuen Implantatlinie?

Günther: Wir haben bei Markteinführung alle vorhandenen Semados-Implantate durch die neue RS-Linie ersetzt. Das System ist beim chirurgischen Vorgehen, insbesondere bei der Aufbereitung des Implantatbetts, wesentlich übersichtlicher, einfacher und schneller. Je nach Knochenqualität benötigt der Operateur beispielsweise zur Aufbereitung eines 4,5 mm breiten Implantats nach der Pilotbohrung nur ein bis zwei Bohrer. Am meisten begeistert mich diese chirurgische Einfachheit, mit der ich optimale Ergebnisse erziele – und das bei allen Indikationen.

Was ist der bei den selbstschneidenden „Zwillingen“ denn so anders als bei herkömmlichen Implantaten? Schließlich gibt es viele Systeme, die wurzelförmig und selbstschneidend sind und das Platform-Switching berücksichtigen.

Günther: Das ist richtig, die Raffinesse liegt allerdings im Detail. Alle Parameter entsprechen den aktuellsten wissenschaftlichen Empfehlungen.

Inwiefern?

Günther: Die „Zwillinge“ haben nicht nur irgendein Platform-Switching integriert, sondern die Formgebung und Größe des Switchings an der Implantatschulter ist im idealen Bereich von 0,5 mm Versatz.

Ist der Versatz bei anderen Systemen größer?

Günther: Häufig, aber das bringt nicht wirklich etwas. Denn die biologische Wirkung des Platform-Switching kann sich dann nicht entfalten. Auch die zusätzlichen Mikrorillen im Schulterbereich reduzieren scheinbar nochmals den Knochenabbau, gerade wenn ein initialer Abbau um die Schulter begonnen hat. Das Platform-Switching wird sozusagen jeweils eine Etage tiefer gelegt und kann neu wirken, denn auch dort ist die Rillentiefe wieder 0,5 mm. Ob das nun wirklich die letzte Wahrheit ist, sehen wir in den nächsten Jahren.

Wie wirkt sich das neue Design aus? Erzielen Sie zum Beispiel eine höhere Primärstabilität als mit vergleichbaren Implantaten?

Günther: Nein, die Primärstabilität ist vergleichbar mit anderen Systemen. Entscheidend für eine hohe Primärstabilität ist nicht nur das Implantatdesign, sondern vielmehr die individuelle Aufbereitung des Implantatbetts in Abhängigkeit von der Knochenqualität. Hier ist in erster Linie der Operateur und nicht das Implantat gefragt.

Häufig ist im Zusammenhang mit dem Implantatdesign von „selbstaugmentierend“ die Rede, was bedeutet das?

Günther: Das halte ich eher für verwirrend. Augmentationen erfolgen durch den Operateur. Kein Implantat ist selbstaugmentierend.

Welche Oberflächen favorisieren Sie?

Günther: Raue Oberflächen, eine völlig glatte maschinierte Oberfläche ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wissen inzwischen im Detail, wie die Osseointegration eines Implantats stattfindet. Dabei wird der rauen Oberfläche, insbesondere der von Titanimplantaten, eine entscheidende Rolle zugeordnet. Die bei der Implantatherstellung entstehende oberflächliche Titandioxidschicht ist Initiator einer dynamischen Knochenanlagerung an das Implantat. Es wird inzwischen sogar von einem permanenten Bone Remodelling gesprochen. Glatte maschinierte Oberflächen können das nicht leisten. Osseointegra‧tion funktioniert damit nicht.

Schützt die maschinierte Oberfläche PA-Patienten vor Periimplantitis?

Günther: Nein, die maschinierte Oberfläche ist erst dann von Vorteil, wenn durch Periimplantitis der Knochen bereits abgebaut wird, da dort weniger Plaque‧akkumulation erfolgt.

Würden Sie denn glattere Oberflächen bei PA-Patienten empfehlen?

Günther: Nein, der Trend liegt bei wurzelförmigen Implantaten mit rauen Oberflächen und integriertem Platform-Swichting. Und genau diese favorisiere ich.

Fairerweise muss man sagen, dass alle namhaften Systeme, die dieses Ziel verfolgen, ähnlich gut mit annähernd gleichen Erfolgsprognosen funktionieren. Letztlich entscheide ich nach chirurgischer Einfachheit und prothetischen Möglichkeiten. Systeme mit unüberschaubarer Anzahl an chirurgischen und prothetischen Komponenten sind out und logistisch zu aufwendig. Systeme, mit denen ich exzellente Erfahrungen habe, sind beispielsweise das Xive S Implantat von DENTSPLY Implants, das BEGO Semados RS/RSX Implantat und das Neoss Ta‧pered Implantat.

Gerade bei Risikopatienten, bei denen möglicherweise mit höheren Verlustraten zu rechnen ist, geben mir diese System Sicherheit. Wenn ich von einem erhöhten Verlustrisiko ausgehe, dann tendiere ich meistens zum BEGO-System, da mir bei ihm eine recht günstige Fünfjahresversicherung für Implantat und Prothetik zusätzlich ein gutes Gefühl gibt. Entscheidend ist jedoch auch bei Risikopatienten vielmehr der Behandler mit seinem implantologischen Konzept und seiner Indikationsstellung. Ein Implantat ist immer nur das Mittel zum Zweck.

Dr. Stefan Günther
studierte Zahnheilkunde in Münster und ist seit 2010 in der Zahnklinik Essen am Elisabethkrankenhaus tätig. Er ist Referenzanwender verschiedener Implantatsysteme.
stefan.guenther@zahnklinik-essen.de