Sicher sofort implantieren
Bereits in fünf Jahren werden 20 Prozent der Implantate sofort gesetzt, erwarten Experten – eine Domäne für die geführte Implantatinsertion. Mit dem exakt auf die PROGRESSIVE Line-Implantate abgestimmten Guide System lässt sich die geführte Chirurgie ganz einfach und exakt umsetzen. Worauf es bei der Sofortimplantation ankommt, bringen Christian Rähle, CAMLOG, und PD Dr. Sigmar Schnutenhaus auf den Punkt.
Halten Sie das geführte Vorgehen bei der Sofortimplantation plus Sofortversorgung für ein Muss?
Rähle: Die Sofortimplantation mit Sofortversorgung entspricht einem Behandlungskonzept, das häufig geäußerte Patientenwünsche berücksichtigt. Es ist nachvollziehbar, dass Patienten wenig Zeit bei ihrem Zahnarzt verbringen und das Leben möglichst schnell nicht nur mit einer funktionellen, sondern auch mit ästhetischen Lösung genießen möchten. Dies trifft insbesondere für den Frontzahnbereich, aber auch für Versorgungen des ganzen Kiefers beispielsweise mit dem COMFOUR Abutmentsystem zu. Deshalb ist es ein Muss, dass man als einer der führenden Anbieter in der dentalen Implantologie solche Konzepte anbietet, um dem Anwender in seinen Therapieoptionen zu unterstützen. Ob die Implantation nun geführt oder mit freier Hand erfolgen soll, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Wenn man konsequent den digitalen Workflow mit all seinen Möglichkeiten einsetzt, ist das geführte Vorgehen ein wesentlicher Bestandteil. So kommt das Implantat präzise an die geplante Stelle, und die präfabrizierte prothetische Versorgung passt. Das soll aber nicht heißen, dass herkömmliche Konzepte nicht auch ihre Berechtigung haben. Das ist gerade das Spannende: Es gibt unterschiedliche Wege, und es ist wichtig, die verschiedenen Möglichkeiten gut abzudecken.
Das Guide System für PROGRESSIVE-LINE kommt eineinhalb Jahre nach dem Launch der neuen Implantatlinie auf den Markt. Wie haben sich die Anwender bislang „beholfen“?
Rähle: Aufgrund der gleichen Dimensionen in Durchmesser und Länge wie die SCREW-LINE-Implantate konnte eine Planung mittels Planungssoftware seit Anbeginn durchgeführt werden. Je präziser die Vorbereitung, um so berechenbarer verläuft der Eingriff. Zusätzlich konnte die Pilotbohrung problemlos geführt vorgenommen werden. Zugegebenermaßen entspricht dies nicht unseren vollen Anforderungen, und deshalb haben wir das Guide-System für die PROGRESSIVE-LINE Implantate nachgelegt.
Alternativ hätten wir die PROGRESSIVE-LINE zurückhalten können, bis das Guide System verfügbar gewesen wäre. Wir wollten aber unseren Kunden und ihren Patienten dieses fortschrittliche Implantat mit dem neuen Makrodesign, das auf Sofortversorgungskonzepte abgestimmt ist, nicht vorenthalten.
Das neue PROGRESSIVE-LINE Guide-System basiert ja auf der aktuellen Guide-Lösung der SCREW-LINE-Implantate – ist auch einfach ein Aufstocken des SCREW-LINE-Systems möglich?
Rähle: Es wurden in der Tat die Basics des Systems der SCREW-LINE mit fest verankerten Hülsen in der Bohrschablone übernommen – es sind keine Bohrlöffel notwendig, da wir von unseren Anwendern unglaublich viel positives Feedback bezüglich des einfachen Handlings und der hervorragenden Präzision erhalten haben. Wir haben aber auch den Wunsch nach mehr Kosteneffizienz berücksichtigt und die Bohrer für den Mehrfachgebrauch ausgelegt.
Aufgrund der unterschiedlichen Implantatgeometrie der SCREW-LINE vs. PROGRESSIVE-LINE benötigt es unterschiedliche Formbohrer. Dies trifft auch auf die Führungshülsen zu. PROGRESSIVE-LINE-Implantate haben ein zusätzliches koronales Verankerungsgewinde, welchem Rechnung getragen werden muss. Alle weiteren Tools sind kompatibel. Eine Besonderheit ist die Flexibilität der Bohrprotokolle, damit ist eine vorhersagbare Primärstabilität bei unterschiedlichen Knochenqualitäten zu erzielen.
Stichwort Mehrpatientenbohrer: Warum haben Sie sich dafür entschieden? Nutzen die Bohrer sich nicht ab?
Rähle: Selbstverständlich unterliegen auch diese Bohrer, wie alle schneidenden Instrumente, einer Abnutzung und müssen nach zirka 20 Zyklen ersetzt werden. Ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung ist die Kosteneffizienz. Auch wenn Einpatientenbohrer abgerechnet werden dürfen, so kann dieser Betrag nicht vernachlässigt werden. Insbesondere, wenn unterschiedliche Implantatdimensionen notwendig sind. Deshalb sind wir dem großen Wunsch unserer Anwender nachgekommen und haben die neuen Bohrer als Mehrpatientenbohrer ausgelegt.
Herr Dr. Schnutenhaus, bevorzugen Sie Ein- oder Mehrpatientenbohrer?
Schnutenhaus: Den Schritt zu mehrfach nutzbaren Bohrern halte ich für sinnvoll. Bei einem gut organisierten Hygienekonzept ist die Aufbereitung und die Zählung, wie oft ein Instrument verwendet wurde, ohne großen Aufwand möglich. Die Kostenreduktion steht für mich im Vordergrund. Unser implantologisches Gesamtkonzept zielt darauf ab, durch einen konsequenten Workflow Implantatversorgungen möglichst vielen Patienten anbieten zu können.
Welche Voraussetzungen müssen generell in der Praxis gegeben sein, um die geführte Implantologie für eine Sofortimplantation anbieten zu können?
Rähle: Es ist möglich, die einzelnen Module bei Dienstleistern zuzukaufen: vom DVT über die Planung bis hin zur Schablonenfertigung. Deshalb denke ich, dass die Anschaffung von entsprechender Infrastruktur und Software in erster Linie von den persönlichen Präferenzen und allenfalls auch von der Häufigkeit der Anwendung abhängt. Wenn man z.B. ein DVT in der eigenen Klinik hat, kann dies auch für andere Zwecke eingesetzt werden, nicht nur für die Planung von schablonengeführten Implantaten. Eventuell bietet es auch einen zusätzlichen Komfort für die Patienten, da der Besuch eines zusätzlichen Institutes entfällt. Aber prinzipiell ist es durchaus möglich, initial mit minimalem eigenem Equipment in die Welt der Guide-Systeme einzutauchen.
Wie viele Ihrer Kunden nutzen bereits das geführte Vorgehen mit dem SCREW- LINE Guide System?
Rähle: Das ist gar nicht so einfach zu evaluieren. Es gibt Anwender, die benutzen eine Schablone nur für die Pilotbohrung, andere führen auch die Formbohrung guided durch, setzen das Implantat aber ohne Schablone.
„Für die schablonengeführte Insertion ist die feste Verbindung vorzuziehen.“ – PD Dr. Sigmar Schnutenhaus
Es ist aber auch möglich, alles über die Schablone zu machen. Aufgrund der Möglichkeiten und der Vorteile, die der digitale Workflow bietet, sowie aufgrund der stetig wachsenden Zahl an Sofortimplantation nutzen Anwender immer häufiger die geführte Chirurgie – mit dem Vorteil, anatomisch kritische Situationen zu berücksichtigen und sofort verfügbare, präfabrizierte temporäre Sofortversorgungen einzugliedern.
Herr Dr. Schnutenhaus, ist das Freihand-Inserieren „out“?
Schnutenhaus: Wir haben inzwischen einige Studien zur schablonengeführten Implantation publiziert und eine Untersuchung zur Freihand-Insertion durchgeführt. Dabei kommt klar heraus, dass die Vorhersagbarkeit der prothetischen Versorgung durch die Verwendung der Schablone deutlich erhöht wird. Das Problem der freihändigen Implantation ist, dass die Positionen eine hohe Streuung aufweisen. Dies kann mit der Schablone ausgeschlossen werden. Also eine klare Ansage: Die schablonengeführte Implantation ist das Werkzeug für eine vorhersagbare, optimale prothetische Versorgung.
Für den Workflow des geführten Vorgehens sind unterschiedliche Softwarelösungen erhältlich. Welche empfehlen Sie?
Rähle: Wir verfolgen bewusst den Ansatz der offenen Plattform. Wir wollen unseren Partnern nicht vorschreiben, welche Software sie verwenden, respektive anschaffen müssen. Sie sollen mit ihren gewohnten Tools arbeiten können. Deshalb sind unsere Implantatsysteme auch in unterschiedlichen Softwarelösungen integriert. Wir arbeiten aber auch mit einem Partner enger zusammen und haben gemeinsam schon ganz viele Projekte erfolgreich realisiert. Es handelt sich um die Swissmeda AG mit deren Implantatplanungssystem SMOP. Neben der partnerschaftlichen Zusammenarbeit sind für uns vor allem die optimierte Anwendung von Software und Schablone wichtig. Es fallen keine Initialkosten durch den Kauf der Software an – es ist ein Pay-per-Case-System mit einer Nutzungsgebühr.
Der Planungsvorgang folgt einer nachvollziehbaren Logik und das patentierte Design der Schablonen bietet für den Implantologen im Handling angenehme Features. Durch das „Drahtgitter-Design“ ist die Übersicht auf das OP-Feld so wenig einschränkend wie möglich. Die Festigkeit der Schablone ist enorm und das bei geringerem Materialeinsatz. Viel wichtiger ist aber die eindeutige Positionierbarkeit durch einen punktuell gelagerten einrastenden Mechanismus, der im Design festgelegt wird. Aufgrund dieser und anderer Vorteile haben wir uns auch im DEDICAM- Implantat-Planungsservice für dieses System entschieden und viel Erfahrung in den Austausch einbringen können.
Herr Dr. Schnutenhaus, welches Implantatplanungssystem favorisieren Sie?
Schnutenhaus: Wir arbeiten mit verschiedenen Planungssoftwareprogrammen, allerdings aus wissenschaftlicher Neugierde. Unsere Untersuchungen zu der oben genannten Software SMOP ergaben sehr gute Ergebnisse. Die praktische Umsetzung ist einfach und die Arbeitsschritte können je nach Interesse des Behandlers selbst durchgeführt oder auch zu weiten Teilen delegiert werden.
Alle verschraubten PROGRESSIVE-LINE Implantate sind „guide-fähig“ und müssen nicht explizit als Guide-Implantat bestellt werden. Was genau heißt das?
Rähle: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir Kunden haben, die einen gesteckten Einbringpfosten bevorzugen, da bei dieser Variante das Lösen der Befestigungsschraube entfällt. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Kunden, die genau diese Verschraubung bevorzugen. Bei der Insertion eines Implantates durch eine Schablone ist aus unserer Sicht ein verschraubter Einbringpfosten sinnvoll, da nur so die geplante Position des Implantates präzise realisiert werden kann. Dies ist insbesondere bei sofortiger Versorgung wichtig. Deshalb wurde der Einbringpfosten so ausgelegt, dass er einen Anschlag für das Guide-System beinhaltet. Aber selbstverständlich ist die Schablone kein Muss, um ein solches Implantat zu inserieren. Vorteilhaft ist, dass keine speziellen guide-fähigen Implantate bevorratet oder bestellt werden müssen.
„Mit einem verschraubten Einbringpfosten lässt sich die geplante Position des Implantates präzise realisieren.“ – Christian Rähle
Inzwischen bieten wir auch die SCREW-LINE Implantate mit gesteckten oder verschraubten Einbringpfosten an. Somit haben wir bei beiden Implantatlinien die gleiche Logik.
Bevorzugen Sie verschraubte Einbringpfosten?
Schnutenhaus: Gesteckte Systeme sind bei der freihändigen Implantation sehr praktisch. Die Operationszeit lässt sich hier nochmals reduzieren. Für die schablonengeführte Insertion ist die feste Verbindung jedoch vorzuziehen. Dadurch, dass es keine gesonderte „Guide-Linie“ mehr gibt, haben wir in unserer Lagerhaltung vollständig auf verschraubte PROGRESSIV-LINE Implantate umgestellt. Sie sind universell einsetzbar.
Wie verbreitet ist die Progressive Line derzeit? Nutzt jeder CAMLOG-Anwender die neue Implantatlinie für die Sofortimplantation? Sind sie gar komplett umgestiegen?
Rähle: Es war nicht unsere Intention, dass Anwender auf die neue Linie umsteigen. Wir sehen die PROGRESSIVE-LINE als Zusatzoption, um Behandlungskonzepte wie die Sofortversorgung schnell und vorhersagbar umsetzen zu können. Mit dem progressiven Implantat und weiteren Designmerkmalen, wie dem konischen apikalen Bereich sowie dem krestalen Verankerungsgewinde, konnten wir viele Anwender weiterer Systeme vom Mehrwert der PROGRESSIVE-LINE- Implantate zur Bereicherung ihres Therapieangebots überzeugen.
Die Experten
PD Dr. Sigmar Schnutenhaus ist seit 1998 niedergelassen in eigener Praxis in Hilzingen. Schwerpunkte: Implantologie, Parodontologie, wissenschaftlicher Kooperationspartner der Klinik für Zahnärztliche Prothetik der Universität Ulm. info@schnutenhaus.de
Christian Rähle studierte Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Medizintechnik in Zürich und ist seit 2012 Mitglied der Geschäftsleitung der CAMLOG Biotechnologie GmbH in Basel. christian.raehle@camlog.com