Implantate

Prothetisch perfekt mit einteiligen Keramikimplantaten

Lange galten einteilige Keramikimplantate als prothetisch kompliziert, doch inzwischen stellen sie eine adäquate und unkomplizierte Ergänzung im implantologischen Portfolio dar. Mit einem durchdachten System gelingt auch die Abformung völlig problemlos. Die Ergebnisse überzeugen.



Die Osseointegration moderner Implantatsysteme wird heutzutage kaum noch infrage gestellt. Oberflächenqualität, Oberflächenstruktur sowie Implantatgeometrien sind weitestgehend erforscht und bieten sehr gute Erfolgsprognosen. Für Zahnärzte stehen zunehmend die prothetische Versorgung und das möglichst einfache Vorgehen im Fokus. Ob bei zweiteiligen Titanimplantatsystemen oder einteiligen keramischen Implantaten – das klinische Prozedere sollte unkompliziert erfolgen können und funktionell sowie ästhetisch hochwertige Ergebnisse ermöglichen. Bislang war bei einteiligen Implantaten die exakte Übertragung der Situation vom Mund auf das Modell oft kritisch beziehungsweise als nicht ausgereift zu bewerten. Die Abformung war unkomfortabel und barg viele Fehlerquellen.

Mit dem Keramikimplantat ceramic.implant CI (vitaclinical, VITA Zahnfabrik) ist diese Problematik bewältigt worden. Vom Hersteller werden zwei ausgeklügelte Abformmöglichkeiten angeboten. Die Abformung des Implantats mit unveränderter Geometrie ist ebenso möglich wie die Abformung nach Formkorrekturen am Implantatkopf. Das Prozedere ist gut durchdacht und unseres Wissens bislang einzigartig. In nachfolgender Dokumentation werden beide Methoden anhand eines Patientenfalls vorgestellt.

Weichgewebsmanagement

Wir arbeiten seit einigen Jahren mit Keramikimplantaten und haben entsprechend Erfahrungen sammeln können. Keramikimplantate gewähren ein gutes Weichgewebsmanagement. Aufgrund einer nachweislich reduzierten Plaqueanlagerung sind periimplantäre Entzündungszeichen kaum zu beobachten [1, 2]. Bei modernen Keramikimplantaten sind die Osseointegration respektive die Überlebens- und Erfolgsraten vergleichbar mit modernen Titanimplantaten mit rauen Oberflächen. Zumindest für kürzere Beobachtungszeiten existiert eine qualitativ gute Studienlage [6, 7]. Die prothetische Versorgung einteiliger Implantate war bisher schwierig, denn die exakte Übertragung der Situation von in der Höhe und/oder der Achsneigung individualisierten Implantaten auf das Modell war umständlich. Mit ceramic.implant haben wir ein Implantatsystem gefunden, das diese Problematik gelöst hat.

Das einteilige zylindrokonische Keramikimplantat zeigt gute Erfolgsraten bei Einzelzähnen und Brücken bis zu drei Gliedern [3]. Durch den zylindrischen Teil wird im Bereich der Kortikalis eine hohe Primärstabilität gewährleistet. Das Kopfdesign ist für eine mechanische und prothetische Beanspruchung optimiert [5]. Die Implantatoberfläche cer.face 14 [8] induziert die Ausbreitung von Osteoblasten und bewirkt eine verbesserte Zellreifung [3]. Durch die optimierte Oberfläche ergibt sich unter anderem ein hoher Bone Implant Contact (BIC) [9].

Ausgangssituation

Die 40-jährige Patientin konsultierte die Praxis mit einer verkürzten Zahnreihe im dritten Quadranten. Der Zahn 35 war mit einer insuffizienten Krone versorgt. Im Oberkieferseitenzahnbereich trug die Patientin eine auf Implantaten verankerte Brücke und war damit sehr zufrieden. Sie wünschte sich nun auch für die Freiendlücke im Unterkiefer eine implantatprothetische Lösung. Während des Beratungsgesprächs wurden ihr die unterschiedlichen Materialoptionen erläutert. Sie entschied sich für eine vollkeramische Lösung. Zwei Keramikimplantate (ceramic.implant) in regio 36 und 37 sowie der Zahn 35 sollten mit keramischen Kronen versorgt werden.

Planungsphase

Bei einteiligen Implantatsystemen kommt der akribischen Planung ein hoher Stellenwert zu. Die prothetisch orientierte Ausrichtung der Implantate entscheidet über den funktionellen und ästhetischen Erfolg der Behandlung. Wir bevorzugen grundsätzlich das navigierte Inserieren von Implantaten und sind auch in diesem Fall nicht von diesem Protokoll abgewichen. Der Zahntechniker modellierte auf dem Gipsmodell ein Wax-up in der anzustrebenden prothetischen Position und digitalisierte die Situation mit dem Laborscanner (D700, 3Shape, DK-Kopenhagen). Um die anatomischen Gegebenheiten exakt evaluieren zu können, wurde eine Digitale Volumentomografie (DVT) erstellt. Die DICOM-Daten des DVT und die STL-Daten des Modells wurden in die Planungssoftware (smop, Swissmeda, CH-Zürich) importiert und die Implantatpositionen bestimmt (Abb. 1). Basierend auf den Planungsdaten ist im Fertigungszentrum die Bohrschablone angefertigt worden (Abb. 2).

Implantatinsertion

Die Insertion der Implantate in regio 36 und 37 erfolgte entsprechend dem Bohrprotokoll. Die zum Chirurgie-Tray gehörenden Bohrer (pilot.drill, profile.drill, thread.cutter, alle vitaclinical) unterstützen mit gut sichtbaren Tiefenmarkierungen und einer hohen Schnittfreudigkeit das sichere Bohren. Die Implantate (5 × 10 mm) wurden mit dem Eindrehinstrument (insertion.mount) mit niedriger Drehzahl in den Knochen eingebracht. Durch die spezielle Gewindegeometrie des Implantats kommt es laut Herstellerangaben zu einer partiellen Knochenverdichtung in der Spongiosa. Aufgrund der okklusalen Platzverhältnisse musste das Implantat in regio 37 geringfügig beschliffen werden. Mit einem neuwertigen Feinkorndiamanten (rote Farbkodierung) wurde der Implantatkopf mit wenig Druck und unter Wasserkühlung in der Höhe leicht reduziert.

Es wird empfohlen, den reduzierten Bereich abschließend mit einem extra feinen Diamantschleifkörper (gelbe oder weiße Farbkodierung) zu überschleifen. Achtung: Die marginale Stufe des Implantats muss unberührt bleiben. Das Implantat in regio 36 konnte in der Originalgeometrie erhalten bleiben.

Temporäre Versorgung

Die Implantate wurden zunächst temporär versorgt. Mit einem provisorischen Kronen- und Brückenmaterial (Protemp, 3M ESPE) wurden über ein Formteil zwei Kronen gefertigt. Für die Eingliederung der Kronen bedurfte es nur einer geringen Menge an Befestigungszement (Temp Bond clear, Kerr) im koronalen Bereich. Der Implantatkopf gewährt mit seinem kleeblattförmigen Design einen guten Halt. Die Kronen wurden okklusal und approximal außer Kontakt geschliffen und die Patientin aus der Praxis entlassen.

Nach der Einheilphase

Sieben Wochen später zeigte sich eine ideale periimplantäre Weichgewebssituation. Die Gingiva hatte sich ausgezeichnet an dem hochglanzpolierten Anteil des Implantathalses angelagert. Im distalen Bereich des Implantats in regio 37 hatte sich das Weichgewebe leicht über die marginale Schulter gelegt (Abb. 3 und 4). Klinische Studien zu ceramic.implant zeigen eine Weichgewebsadaption, die vergleichbar mit natürlichen Zähnen ist [4]. Das können wir nach unseren bisherigen Praxiserfahrungen bestätigen.

Abformung

Die Überabformung für die Herstellung der definitiven prothetischen Versorgung ist eine Besonderheit bei dem Keramikimplantat. Bislang war es uns bei einem leicht individualisierten Implantatkopf nur über Umwege möglich, eine präzise Abformung vorzunehmen. Um die marginale Stufe exakt darzustellen, musste entweder mit dem Elektrotom gearbeitet oder ein Retraktionsfaden gelegt werden. Neben dem erhöhten Arbeitsaufwand wird dadurch die Gingiva traumatisiert und der Schulterbereich häufig undeutlich wiedergegeben. Die Abformung und Modellherstellung erfolgte adäquat zu einem natürlichen Pfeilerzahn – ohne Abformkappe und Laboranalog. Das birgt unserer Ansicht nach ein hohes Fehlerpotenzial.

Intelligenter Ausweg

ceramic.implant bietet die Lösung. Bei einem geringfügig veränderten Implantatkopf wird eine speziell für diese Indikation konzipierte Übertragungskappe (set.cap, vitaclinical) verwendet. Die Modellherstellung erfolgt mit einem Hilfsteil (lab.shoulder, vitaclinical), das im Halsbereich dem ceramic.implant gleicht. Der Schulterbereich wird sauber abgeformt und die marginale Stufe auf dem Meistermodell akkurat abgebildet.

Spezial-Abformkappe

Nach der Abnahme der provisorischen Implantatkronen wurden die Implantatpfosten mit einer herkömmlichen Polierpaste gereinigt. Auf den in der Höhe reduzierten Implantatkopf wurde die spezielle Abformkappe (set.cap, vitaclinical) aufgesetzt. Die Kappe erinnert in ihrem Aussehen an einen Basketballkorb. Beim Aufsetzen der Kappe signalisiert ein kleiner Klick die korrekte Passung. Die untere Kante passt exakt auf die marginale Stufe des Implantats.

Für den unbeschliffenen Implantatkopf regio 36 wurde die herkömmliche Übertragungskappe (impression.transfer CI, vitaclinical) verwendet (Abb. 5 und 6). Die set.cap wurde zunächst mit Abformmaterial gefüllt und danach auf herkömmlichem Weg eine geschlossene Abformung (Permadyne Garant, 3M ESPE, D-Seefeld) vorgenommen. Das Gegenstück zum Implantat regio 37 umfasste nicht den kompletten Implantatkopf, sondern nur den marginalen Bereich (Abb. 7).

Vor der Modellherstellung wurden die Laborreplika in die Abformung gesetzt. Für das Implantat in regio 36 verwendete der Zahntechniker das „normale“ Laborimplantat (lab.replica, vitaclinical). Für das Implantat regio 37 wurde die entsprechende Kappe (lab.shoulder, vitaclinical) verwendet (Abb. 8).

Definitive Restauration

Als Material für die Implantatkronen und die Krone 35 wurde VITA ENAMIC (VITA Zahnfabrik) gewählt. Diese Hybridkeramik verfügt über eine duale Keramik-Polymer-Netzwerkstruktur. Der Keramikanteil besteht zu 86 Prozent aus einem gitterähnlichen, dreidimensionalen Gerüst. In die offene Keramikstruktur wird Polymer infiltriert, das mit der Keramik einen adhäsiven, interpenetrierenden Verbund bildet. Aufgrund der besonderen Mikrostruktur vereint die Hybridkeramik die Vorteile von Kunststoff und Keramik. Der Elastizitätsmodul liegt bei 30 GPa und kommt so dem natürlichen Dentin nahe. Die vergleichsweise hohe Elastizität macht VITA ENAMIC für die Implantatprothetik interessant. Kaubelastungen werden durch die inerte Elastizität bis zu einem gewissen Maße absorbiert. In Kombination mit dem Keramikimplantat lässt sich somit eine physiologisch belastbare, vollkeramische Implantatlösung realisieren.

Herstellung und Eingliederung

Das Meistermodell mit Gingivamaske (Abb. 9) wurde über den Laborscanner digitalisiert. Nach der virtuellen Konstruktion (CEREC Software, Sirona, D-Bensheim) konnten die drei vollanatomischen Kronen aus dem VITA ENAMIC-Rohling herausgeschliffen werden (inLab MC XL, Sirona, D-Bensheim) (Abb. 10a/b). Das Ausarbeiten der Kronen beschränkte sich auf wenige Arbeitsschritte. Entsprechend den Herstellerangaben hat der Zahntechniker die Kronen individuell charakterisiert und anschließend fertiggestellt (Abb. 11 und 12).

Die radiologische Kontrolle sieben Wochen postoperativ zeigt eine gute Knochenanlagerung an die Implantate (Abb. 13). Nach dem Entfernen der temporären Kronen erfolgte die Reinigung der Implantatköpfe mit CHX-Gel (Abb. 14), die Innenflächen der VITA ENAMIC-Kronen konditioniert und die Kronen mit einem selbstadhäsiven Befestigungsmaterial (RelyX Unicem 2 Automix, 3M ESPE, D-Seefeld) eingegliedert. Da die Kronenränder im sichtbaren Bereich lagen, konnten alle Zementreste problemlos entfernt werden. Die Kronen fügten sich in Form und Farbe unauffällig in die Zahnreihe ein. Das Weichgewebe lagerte sich bereits unmittelbar nach dem Einsetzen direkt an die vollkeramischen Restaurationen an (Abb. 15 und 16).

Zusammenfassung

Bislang wurde die Einteiligkeit von Keramikimplantaten häufig als ein Nachteil bewertet. Bezüglich der prothetischen Versorgung können wir dies für bisher vorhandene Systeme bestätigen. Zwar war das Anpassen des Implantatkopfes bis zu einem gewissen Maße möglich, doch für die prothetische Versorgung waren uns keine praxisgerechten Methoden bekannt. Anders bei ceramic.implantat.

Hier hat der Hersteller die prothetischen Belange in die Entwicklung einbezogen und ein durchdachtes Komplettsystem entwickelt. Es ist möglich, geringfügige Formänderungen am Implantatkopf vorzunehmen und trotzdem konfektionierte Abformkappen zu verwenden. Wir haben die Vorzüge der Einteiligkeit zu schätzen gelernt. So ist kein Abutment notwendig. Daraus ergibt sich nicht nur ein wirtschaftlicher Vorteil.
Auch die kritische Implantat-Abutment-Verbindung wird umgangen. Am Interface zweiteiliger Implantate kann es durch biologische und mechanische Ursachen – bedingt durch den Microgap zwischen Implantat und Abutment – zur Ausbildung von Knocheneinbrüchen von zirka 2 mm apikal kommen [7–9]. Diese Problematik gibt es bei einteiligen Implantaten nicht.

Fazit

Keramikimplantate sind heute eine adäquate Ergänzung im implantologischen Portfolio. Je nach Indikation und Patientenbedürfnis verwenden wir entweder konventionelle zweiteilige Titanimplantatsysteme oder greifen auf Keramikimplantate zurück.

In ceramic.implant von vitaclinical haben wir ein chirurgisch und prothetisch gut durchdachtes System für die metallfreie implantatprothetische Therapie gefunden.

Unsere bisherigen Erfahrungen sind sehr gut. Für den praktizierenden Kollegen ist zusätzlich zur hervorragenden Weichgewebsadaption die vorgestellte Möglichkeit der einfachen und präzisen Abformung eines geringfügig individualisierten Implantatkopfes herauszustellen.

 

Literatur: [1] Blaschke C, Volz U. Soft and hard tissue response to zirconium dioxide dental implants – a clinical study in man. Neuro Endocrinol Lett 2006;27 (Suppl 1):69–72.
[2] Degidi M, Artese L, Franceschini N, Sulpizio S, Piattelli A, Piccirilli M, et al. Matrix metalloproteinases 2, 3, 8, 9, and 13 in the peri-implant soft tissues around titanium and zirconium oxide healing caps. Int J Oral Maxillofac Implants 2013;28:1546–1551.
[3] Grohmann P, Jung R, Steinhart YN, Strub JR, Hämmerle C, Kohal R. Evaluation of a one-piece ceramic.implant used for single tooth replacement and three-unit bridge restorations. A prospective cohort clinical trial. Conference Paper European Association for Osseointegration, 2013, October 17–19, Dublin, Ireland .
[4] Jung R, Grohmann P, Sailer I, Steinhart YN, Fehér A, Hämmerle C, Strub JR, Vach K, Kohal R. Evaluation of a one-piece ceramic.implant used for single tooth replacement and three-unit fixed partial dentures. A prospective cohort clinical trial. Clin Oral Implants Res2015. doi: 10.1111/clr.12670. [Epub ahead of print] [5] Just BA, Schöne A, Fischer J. Effect of the Design on the Strength of Ceramic Implants. Conference Paper International Association for Dental Research, 2014, June 25–28, Kapstadt, Südafrika
[6] Rothamel D, Ferrari D, Herten M, Schwarz F, Becker J. Biokompatibilität und Hartgewebsintegration einphasiger oberflächenstrukturierter Zirkonoxidimplantate. Eine kombinierte In-vitro- und In-vivo-Studie. Implantologie 2007;15:405–414.
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