Implantatprothetik

Keramik auf Keramik

Metallfreie Restaurationen sind en vogue, nicht nur in der Restaurativen Zahnheilkunde, sondern auch in der Implantologie. Doch welches Restaurationsmaterial harmoniert am besten mit einem Zirkoniumdioxidimplantat: Glas- oder Oxidkeramik? Zwei Fallbeispiele helfen weiter.


5 Scanpulver

Trockengelegter und mit Scanpulver bestäubter Scanbereich © Olschowsky


Wir arbeiten in unserer Praxis seit 15 Jahren mit dem CEREC-System, um Einzelzähne und auch einzelne Implantate prothetisch zu versorgen. In diesem Zusammenhang ist häufig Lithiumdisilikat das Material der Wahl. Auch auf Keramikimplantaten lassen sich mit diesem Werkstoff sehr gute Ergebnisse erzielen, allerdings ist bei Anwendung dieser und anderer Glaskeramiken ein vergleichsweise komplexes adhäsives Befestigungsprotokoll einzuhalten [1], das zu einem höheren klinischen Aufwand führt.

Eine attraktive Alternative für die prothetische Versorgung von Keramikimplantaten wie natürlichen Zähnen mit vollkeramischen Restaurationen stellt die Verwendung von Zirkoniumdioxid als Material dar. Der Vorteil besteht darin, dass sich Kronen und Brücken aus diesem Werkstoff auch mit konventionellen Zementen bzw. selbstadhäsiven Materialien befestigen lassen, die ein vereinfachtes klinisches Vorgehen ermöglichen. Da Zirkoniumdioxid inzwischen in verschiedenen Varianten – unter anderem mit sehr hoher Transluzenz, natürlicher Farbgebung und Eigenfluoreszenz – erhältlich ist, lassen sich ohne eine zusätzliche Verblendung auch mit diesem Material hohe ästhetische Ansprüche erfüllen. Das hat dazu geführt, dass wir Zirkoniumdioxid inzwischen in unserer Praxis bevorzugt für die prothetische Versorgung von Keramikimplantaten einsetzen. Das Zahntechnik Zentrum Eisenach fertigt die Restaurationen monolithisch und computergestützt aus dem innovativen Werkstoff Lava Esthetic fluoreszierendes Vollzirkoniumoxid (3M). Von den Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise und ihren Vorteilen wird im Folgenden berichtet.


Fallbeispiel 1

In diesem Fall entfernten wir der Patientin den Zahn 26 und führten eine Socket Preservation mit Bio-Oss Collagen (Geistlich) durch. Nach einer Ausheilungszeit von sechs Monaten wurde ein DVT erstellt. Auf der Basis dieser Aufnahme erfolgte die digitale Planung der Implantatposition mit dem Programm Nobel Clinician (Nobel Biocare) (Abb. 1). Mithilfe einer zahngestützten Bohrschablone, die computergestützt konstruiert wurde (Abb. 2), erfolgten der minimalinvasive transgingivale chirurgische Eingriff und die Insertion eines Keramikimplantats RadixArt mit 4,3 mm Durchmesser und 12 mm Länge (ÖkoDENT).

Im Vergleich zu zweiteiligen Titanimplantaten traten mit diesem einteiligen Keramikimplantat im Zeitraum von fünf Jahren keine Anzeichen einer Mukositis oder Periimplantitis auf. Dies kann einerseits mit der Einteiligkeit des Systems und dem Fehlen eines Mikrospalts mit Mikrobewegungen des Abutments und der Suprakonstruktion zusammenhängen, andererseits weist Keramik gegenüber Titan eine wesentlich geringere Plaqueakkumulation auf. Somit können Vollkeramikimplantate und Vollkeramikkronen einen sicheren Beitrag zur funktionell langlebigen und ästhetischen Rehabilitation von Einzelzahnlücken leisten. Auf eine provisorische Versorgung der Einzelzahnlücke wurde auf Wunsch der Patientin verzichtet.

Abbildung 3 zeigt die klinische Situation nach einer Einheilzeit des Implantats von drei Monaten. Der zu diesem Zeitpunkt durchgeführte Periotest (Medizintechnik Gulden) ergab einen Wert von –6. Dies deutet auf eine erfolgreiche Osseointegration hin, sodass gleich die Herstellung der definitiven Versorgung beginnen konnte. Dafür wurde zunächst eine digitale Abformung mit dem 3M True Definition Scanner durchgeführt. Um die Implantatschulter präzise freizustellen, applizierten wir vor dem Legen der Retraktionsfäden adstringierende Retraktionspaste (3M) um die Implantatschulter. Nach einer Einwirkzeit von 60 Sekunden wurde die Paste gründlich abgespült. Für eine perfekte Darstellung der Implantatschulter kam nachfolgend die Doppelfadentechnik zum Einsatz (Abb. 4).

Zur Kompression des Gewebes einen Comprecup Kompressionshütchen (Coltène Whaledent) für fünf Minuten auf den Fäden platzieren. Danach wurden das Hütchen und der obere Retraktionsfaden entfernt. Zur weiteren Vorbereitung auf die digitale Abformung wurde schließlich dünn Scanpulver appliziert (Abb. 5). Entsprechend den durch den Hersteller empfohlenen Scanpfaden wurden beide Kiefer mit dem True Definition Scanner aufgenommen, gefolgt von einem Scan der funktionellen Kieferrelation in HIKP. Am Touchscreen des Intraoralscanners ließ sich nun der gesamte Verlauf der Implantatschulter in Standard- und 3D-Ansicht kontrollieren (Abb. 6 und 7). Zudem hat der Zahnarzt die Möglichkeit, mit der 3M Laborsoftware selbst die Präparationsgrenze beziehungsweise die Grenze der Implantatschulter einzuzeichnen (Abb. 8).

Perfekte Gestaltung

Der Zahntechniker erhielt die gewonnenen Daten über ein geschütztes Portal (3M Connection Center). Dieser konnte mit dem digitalen Kronendesign beginnen. Für eine optimale Ästhetik und den Ausschluss von Chipping wurde die Krone vollanatomisch konstruiert und monolithisch aus Lava Esthetic Zirkoniumoxid gefertigt. Dieses Material bietet den Vorteil, dass es nicht nur transluzent und mit dem natürlichen Farbverlauf des Zahns eingefärbt ist, sondern zusätzlich auch fluoresziert. Restaurationen aus anderen Zirkoniumdioxidwerkstoffen, die an die Praxis geliefert werden, bieten diesen Vorteil zwar auf den ersten Blick auch, bei genauerer Betrachtung ist aber ein Unterschied feststellbar: Bei Lava Esthetic Zirkoniumoxid kommt der Effekt aus der Tiefe, da die Fluoreszenz in die Materialstruktur integriert wurde. Bei anderen Oxidkeramiken ist es hingegen meist eine Glasurmasse, die nachträglich aufgetragen wird und einen fluoreszierenden Effekt erzeugt. Dieser ist sehr oberflächlich, oft weniger intensiv als der an natürlichen Nachbarzähnen und er verschwindet häufig mit der Zeit durch abrasive Prozesse.

Entscheidend für den Erfolg von Vollkeramikkronen auf Keramikimplantaten ist eine funktionell perfekte Gestaltung der Okklusionsfläche. Es muss darauf geachtet werden, dass die Vollkeramikkrone keinerlei Vorkontakte und Gleithindernisse aufweist. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Höckerneigung und der okklusalen Freiheit in den Grenzbereichen der Artikulation (Abb. 9 und 10).

Zudem sollte der Zahntechniker bei der Herstellung der Krone auf ein perfektes Emergenzprofil achten – beginnend am Übergang der Implantatschulter bis zum Kontaktpunkt. Dabei ist anzustreben, dass die approximalen Kontaktpunkte nicht höher als 3,5 mm zur krestalen Knochenfläche positioniert werden. Dies garantiert die Ausbildung von perfekten Papillen im mesialen und distalen Approximalraum. Die Abbildungen 11 und 12 zeigen die gefräste Krone nach Ausarbeitung, Politur, Charakterisierung mit Malfarben und Glasur.

Einsetzen der Keramik-Krone

Die Eingliederung erfolgte nach der sorgfältigen Retraktion der Gingiva mit RelyX Unicem 2 Selbstadhäsiver Composite-Befestigungszement (3M) in der Farbe Transluzent (TR). Um eine in der Literatur häufig beschriebene zementassoziierte Periimplantitis zu vermeiden, ist speziell im Rahmen der Befestigung von Implantat‧suprakonstruktionen mit selbstadhäsiven Materialien eine präzise Überschussentfernung von großer Bedeutung.

In unserer Praxis gehen wir in der Regel wie folgt vor: Direkt vor dem Einsetzen der Kronen mit selbstadhäsivem Zement benetzt man die Keramikschulter mit Adstringierender Retraktionspaste (3M). Die Paste nach einer Einwirkzeit von 60 Sekunden gründlich mit Wasser abspülen und nachfolgend einen ungetränkten Retraktionsfaden in den leicht aufgeweiteten Sulkus legen. Somit sind Zementreste einfach und effektiv entfernbar und es wird sicher verhindert, dass Befestigungsmaterial an der Implantatschulter verbleibt. Im vorliegenden Fall erfolgte die Überschussentfernung nach Kurzzeitlichtpolymerisation mit einem Spatel. Nach entsprechender Lichtpolymerisation von mindestens 60 Sekunden können die Kronenränder noch mit einem diamantierten Mikrogummi (ÖkoDENT) poliert werden.

Eine weitere Möglichkeit der sicheren Überschussentfernung besteht in der Einsetztechnik nach Dr. Paul Weigl, Frankfurt. Dabei wird ein Duplikatstumpf hergestellt und die mit Befestigungsmaterial befüllte Krone auf den Stumpf gedrückt. Alle Überschüsse werden vorsichtig mit einem Brush entfernt und der Kronenrand wird zügig gesäubert. Danach wird die Krone vom Duplikatstumpf abgenommen und intraoral verklebt. Somit sind alle Überschüsse von vorherein eliminiert. Abbildung 13 zeigt das Behandlungsergebnis. Es ist eine sehr gute optische Integration der Versorgung in das Gesamtbild zu erkennen.

Fallbeispiel 2

Im zweiten Fall kam eine junge Kollegin zu uns mit einem Wurzellängsriss an Zahn 15. Der Zahn wurde extrahiert und die Alveole mit Bio-Oss Collagen (Geistlich) aufgefüllt. Am Nachbarzahn 16 war die vorhandene Goldteilkrone insuffizient und wurde entfernt. Zur Versorgung der Zahnlücke stellten wir ein drahtgestütztes Langzeitprovisorium von Zahn 16 mit mesialem Anhänger 15 aus Protemp 4 Temporäres Kronen- und Brückenmaterial individualisiert mit Sinfony Magic Intensivfarben (beides 3M) her. Um eine störungsfreie Ossifikation der Extraktionswunde zu gewährleisten und eine Dezementierung des Langzeitprovisoriums zu vermeiden, wurde dieses mit dem kunststoffmodifizierten Glasionomerzement Ketac Cem Plus (3M) definitiv befestigt.

Nach einer kompletten Remission von sechs Monaten erstellten wir eine Röntgenkontrolle. Wir konnten das einteilige Keramikimplantat RadixArt mit einem Durchmesser von 4,3 mm und einer Länge von 11 mm minimalinvasiv transgingival inserieren. Postoperativ wurde ein neues Langzeitprovisorium von Zahn 16 mit Anhänger 15 drahtgestützt hergestellt. Besonderes Augenmerk lag auf einem ausreichenden Platzhalter rund um das Abutment des Keramikimplantats. Das Langzeitprovisorium wurde erneut definitiv befestigt, um eine Mikrobewegung des Anhängers auf dem Abutment des Keramikimplantats zu vermeiden.

Nach dreimonatiger Einheilzeit (Abb. 14 und 15) erfolgte die Kontrolle der Osseointegration mittels Periotest (Medizintechnik Gulden). Die definitive Versorgung erfolgte in diesem Fall auf der Grundlage einer konventionellen Abformung und einer Kieferrelationsbestimmung in HIKP mit thermoplastischem Kunststoff (Bite Compound, GC). Für die arbiträre Scharnierachsenbestimmung wurde ein Artex Gesichtsbogen (Amann Girrbach) eingesetzt und für die perfekte Okklusionskontrolle im Artikulator ein Okklusionsprotokoll mit Shimstockfolie erstellt. Es folgten das digitale Kronendesign und die Fertigung der monolithischen Kronen aus Lava Esthetic Zirkoniumoxid. Abbildung 16 zeigt die Kronen direkt nach der Eingliederung mit RelyX Unicem 2 Befestigungszement.

Fazit

Einteilige Keramikimplantate vereinfachen das prothetische Vorgehen erheblich, da man keine zusätzlichen verschraubten Zwischenelemente herstellen beziehungsweise in Implantatanaloge inserieren muss. Somit verringert sich die Fehlerquote signifikant. Die Versorgung dieser Implantate mit monolithischen Kronen aus dem neuen Werkstoff Lava Esthetic ist einfach und ermöglicht die Erzielung eines hohen ästhetischen Niveaus. Durch ihre Voreinfärbung mit gradiertem Farbverlauf haben diese Kronen lichtoptisch zahnähnliche Eigenschaften. Damit können einfach und effizient die Erwartungen unserer Patienten übertroffen werden – mit integrierter Chippingprophylaxe. Klinisch imponiert bei der Einprobe von digital hergestelltem Zahnersatz die spannungsfreie perfekte Passung der Restaurationen. Gleichfalls sind die anatomischen okklusalen Kontaktpunkte und Führungsflächen so gestaltet, dass eine intraorale zeitaufwendige Nachbearbeitung von Vorkontakten oder Gleithindernissen entfällt. Dies vereinfacht die gesamte Zeitplanung im Praxisalltag und sorgt für begeisterte Patienten.