Leitlinien zu implantologischen Indikationen

KFO vor Implantation

Das Sommersymposium der DGI in Kassel stellte aktuelle Leitlinien zu implantologischen Indikationen vor. Für die Therapie von multiplen Nichtanlagen – sie gelten als häufigste Fehlbildung bei Menschen – empfahl Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, vor einer Implantation eine KFO-Therapie durchzuführen.


PD Dr. Dietmar Weng

PD Dr. Dietmar Weng sprach über den Strukturerhalt des Alveolarfortsatzes nach Extraktion. © Schunk


Nach der Beachtung der nichtchirurgischen Therapie wandte sich DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz der chirurgischen Intervention zu. Ist diese indiziert, soll zunächst das Granulationsgewebe vollständig entfernt werden. Besonders die Dekontamination der Implantatoberfläche sei zu beachten, betonte Schwarz in Kassel. Derzeit werden dazu mechanische und chemische Verfahren kombiniert. Begleitet werden sollte die chirurgische Therapie durch eine unterstützende One-Shot-Gabe zur Antibiotikaprophylaxe. Nach der Dekontamination sollten augmentative Verfahren zu einer radiologisch nachweisbaren Auffüllung intraossärer Defektkomponenten führen. Zu beachten ist, dass bei allen chirurgischen Therapieansätzen ein hohes Risiko für postoperative mukosale Rezessionen besteht.

Antiresorptiva: Strikte Risikobewertung

Prof. Dr. Dr. Knut A. Grötz beschrieb die Problematik bei Implantatpatienten mit medikamentöser Behandlung mit Knochenantiresorptiva. Hierzu verwies Grötz auf eine konsentierte S2k-Leitlinie. Patienten unter oder nach einer antiresorptiven Therapie müssen demnach bei Implantatindikation zunächst hinsichtlich ihres individuellen Osteonekroserisikos evaluiert werden. Diese Osteonekrose kann als Folge einer Implantatkomplikation auftreten. Führt die Betrachtung des Risikos zu einer positiven Bewertung und besteht zudem eine gute onkologische Prognose, gibt es ferner keine Infektionsherde und klinisch keine scharfen Knochenkanten sowie radiologisch keine persistierenden Alveolen und ist zudem die Compliance gut, spreche alles für ein Implantat.

Gegen ein Implantat spricht, wenn diese Fragen gegenteilig beantwortet werden müssen und wenn zudem gleichwertiger konventioneller prothetischer Ersatz geschaffen werden kann. Auch die Notwendigkeit zur Augmentation sei ein negativer Faktor.

Strukturerhalt des Alveolarfortsatzes

Über den Strukturerhalt des Alveolarfortsatzes nach Extraktion sprach PD Dr. Dietmar Weng. Dabei gehe es um die Verminderung der Kammresorption durch Einbringung von Augmentationsmaterial – und damit um eine Verbesserung der Implantationsbedingungen. Empfohlen wird die Alveolarauffüllung zur Resorptionsverminderung. Dabei seien, so betonte Weng, Material, Technik, Defektart, Entzündungsgrad und Lokalisation nur schwierig differenzierbar. Weng ordnete sich dabei selbst nicht in die Reihe der Skeptiker ein, die befürchten, dass es zu einer Materialeinbringung in eine infizierte Alveole kommt. Dies lasse sich durch eine professionelle Bearbeitung und Behandlung der Alveole verhindern, wie Weng betonte.

Zahnaplasie – häufigste Fehlbildung

Abschließend stellte der Organisator des Sommersymposiums, Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, das Thema der Nichtanlagen vor. Es handelt sich um die häufigste Fehlbildung bei Menschen: Fünf Prozent der Bevölkerung hätten eine Zahnaplasie. Und gerade bei Kindern werfe dies eine Menge Fragen auf. So wird bei multiplen Nichtanlagen geraten, vor einer Implantation eine KFO-Therapie vorzuschalten. Damit kann die Zahl der später prothetisch zu ersetzenden Zähne reduziert werden.

Implantation im Wechselgebiss möglich

Ein weiterer Weg, etwa den Alveolarfortsatz zu erhalten, ist die Erhaltung des Milchzahns. Diese kann zu einer langen Verweildauer führen und zuweilen bis ins implantationsfähige Alter halten, so dass eine temporäre Erhaltung bis zur Implantationsfähigkeit möglich ist. Bei Milchzahnankylosen kann eine rechtzeitige Entfernung des persistierenden Milchzahns deshalb sinnvoll sein, um eine Wachstumshemmung zu verhindern. Die Implantation, so betonte Terheyden, könne bereits im Wachstum und in Wechselgebissen durchgeführt werden. Dennoch rät Terheyden, bei Kindern, bei denen die Möglichkeit der Steuerung des Zahnwechsels besteht, auch einen kieferorthopädischen Lückenschluss zu erwägen.

Implantationsversorgungen vor dem 12. Lebensjahr sollten nur in Ausnahmefällen erfolgen. Der Grund: Dabei gibt es im Vergleich zur Erwachsenenversorgung eine deutlich schlechtere Prognose. Wird doch implantiert, sollte nur eine begrenzte Zahl an Implantaten unter Berücksichtigung der physiologischen Kiefer- und Gebissentwicklung inseriert werden.