Implantologie

Digitale Implantologie gestern und heute

Zum 12. Experten Symposium an Karneval in Köln hatte der BDIZ EDI ins Dorint Hotel geladen. Aktuelle chirurgische und prothetische Aspekte der Implantologie standen dabei im Fokus. „Implantatplanung gestern und heute: Stand der digitalen Implantologie“ lautete das Thema, das Vizepräsident Univ.-Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller und PD Dr. Jörg Neugebauer als wissenschaftliche Leiter gewählt hatten.



Konkret ging es um die digitale Diagnostik und Aufklärung, die Umsetzung der Diagnostik mittels 3D-Bohrschablonen, die Chairside-Nutzung der CAD/CAM-Technologie sowie um komplexe CAD/CAM-Rekonstruktionen. Einen Einblick in die digitale Anwendung in einer Praxis in ländlicher Region gab der CEREC-Anwender Dr. Gerhard Werling aus Bellheim. Er berichtete von seinem Zugang zum digitalen Workflow, beginnend mit der intraoralen Abdrucknahme. Für ihn als Anwender steht die digitale Prozesskette für Präzision. Zwar brauche man weiterhin die Zahntechniker, die die ästhetischen Aspekte abdeckten. Aber die Kostensituation erfordere für eine rentable Praxis eben auch den Einsatz von Chairside-Systemen. Als Anwender müsse er aber auch betonen, dass es nur für drei bis vier Einheiten gemacht sei, mehr gehe nicht. Bei komplexeren Fällen müsse der Zahntechniker übernehmen.

3D-Führungsschablonen

Ein Plädoyer für den Einsatz von 3D-Führungsschablonen hielt Prof. Dr. Hans-Joachim Nickenig, Köln. Er verwies darauf, dass die Spanne der Abweichungswerte unter klinischen Bedingungen etwas höher sei als in vitro. Zudem müsse beachtet werden, dass die Mindestabstände auch bei 3D-Diagnostik einzuhalten seien. Wert legt Nickenig darauf, dass es zu großen Übereinstimmungen zwischen präoperativer Planung und dem Eingriff selbst kommt. Nickenig: „Die Planung muss der Behandler selbst machen. Das ist keine Leistung, die man delegieren kann.“ Er betonte zudem, dass die Indikationsbereiche für die Guided Surgery bei Führungsschablonen immer breiter werden: Inzwischen werde sie erfolgreich in den Bereichen Flapless Surgery, Beckenkammaugmentation, Sofortimplantation und minimalinvasive einzeitige Verfahren angewendet.

Auch in der KFO würden sie für Miniimplantate und auch zur präzisen Fixierung von Epithesen angewandt. Es brauche allerdings für die Anwendung von CAD/CAM-Führungsschablonen große Erfahrung bezüglich 3D-Diagnostik und virtueller Planung.

Digitaler Workflow nur ein Tool?

Prof. Dr. Peter Pospiech, Berlin, sprach über CAD/CAM-Technologien für Suprastrukturen. In seinem in Reimform gehaltenen Vortrag verwies Pospiech darauf, dass trotz aller Euphorie für den digitalen Workflow am Ende der Kette der Weg zurück ins Analoge der Mundhöhle erfolgen müsse. Letztlich sei der digitale Workflow nur ein Tool, um zum Ziel zu gelangen. Zahnarzt und Zahntechniker müssten gemeinsam überlegen, welche Schritte auf digitalem Wege Sinn machten und welche Situationen sich besser mit analoger Technik lösen ließen. Dem Ganzkiefer-Scan steht er beispielsweise eher skeptisch gegenüber, da gebe es noch „Inpräzisionen“. Probleme beim Scannen bereiteten zudem nicht einsehbare Präparationsgrenzen.

Europäische Konsensuskonferenz

Dass in weiten Teilen des digitalen Workflows durchaus noch Forschungsbedarf besteht, ist auch ein Ergebnis der Europäischen Konsensuskonferenz, die am Vortag des Symposiums stattfand. Die 24 Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Staaten kamen zu dem Schluss, dass bei komplexen Restaurationen noch Optimierungsbedarf herrsche. Die digitale Konstruktion umfassender Brücken sei beispielsweise noch nicht ausreichend wissenschaftlich abgesichert. Auch bei der Anwendung von CAD/CAM- Abutments gelte es zahlreiche unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Neugebauer: „Da haben wir die Datenlage intensiv diskutiert.“ Die Erfolge der Guided Surgery seien dagegen gut belegt und in puncto Evidenz sei sie den übrigen Bereichen des digitalen Workflows deutlich überlegen. Details liefert das finale Konsensuspapier, das noch im März unter www.bdizedi.org zum Download bereitsteht.

Noch kaum belegt, aber ausgesprochen spannend: die Insertion wurzelanaloger Hybrid-Implantate. Neue Optionen der Digitalisierung versprechen nun mehr Sicherheit und Vorhersagbarkeit. Inzwischen blickt man auf mehr als 1.000 Fälle weltweit zurück.

Replicate-Tooth-Konzept

Dr. Detlef Hildebrand, Zahnarzt und Zahntechniker aus Berlin und Generalsekretär des BDIZ EDI, stellte das Replicate-Tooth-Konzept der Firma Natural Dental Implants, Berlin, vor. Der Ansatz: das Kopieren der natürlichen Zahnwurzel vor Extraktion, basierend auf DVT-Datensätzen. Mithilfe der digitalen 3D-Diagnostik wird ein 3D-Abbild der Zahnwurzel erstellt, eine digitale Kopie konstruiert und dann aus Zirkon oder Titan plus Zirkon das wurzelanaloge Implantat gefertigt. Mit dem patientenindividuellen Replikat lässt sich die schonend und möglichst komplikationsfrei extrahierte Zahnwurzel sofort und absolut alveolenkonform ersetzen.

Die einzige Anforderung: Der Zahn muss sich noch an seinem Ursprungsort befinden. Denn der Replicate-Zahn ist ein Sofortimplantat und kann nicht für bereits extrahierte Zähne verwendet werden. Auch das Weichgewebe bleibe erhalten, betonte Hildebrand. Nach Vorbereitung der Extraktionsalveole – Entfernung der ligamentären Parodontalfasern plus Kürettage und Austestung der Alveolenkonfiguration – wird das anatomisch geformte Implantat in die richtige Position gesetzt und eingeklopft. Es ist zum unteren Teil des Zahnfachs hin etwas breiter und erhält nach dem Einsetzen seine Primärstabilität durch Kompression. Rund sechs Monate heilt es unter dem Schutz einer Art Marylandbrücke (Cover Shield) belastungsfrei ein. Die prothetische Versorgung läuft wie bei einem natürlichen Zahnstumpf: intraoraler Scan oder analoge Abformung zur labortechnischen Herstellung einer Zahnkrone. Die definitive Krone wird adhäsiv zementiert. Zu den Kontraindikationen zählen parodontale Entzündungen, apikale Zysten und nicht atraumatische Extraktionen.

Laut einer retrospektiven Multicenterstudie (38 Patienten) liegt die Überlebensrate für einwurzelige Replicate-Zähne bei 97, für zweiwurzelige bei 89 Prozent. Weitere wissenschaftliche Studien zur Bewertung des Verfahrens sollen bald vorliegen.