DGI-Tagung 2015 in Wien: Querschnittsfach Implantologie
Wien bot den Implantologen der DGI, ÖGI und SGI ein perfektes Podium für die 7. Gemeinschaftstagung vom 26. bis 28. November des vergangenen Jahres. Wie immer war das Forum Wissenschaft und Praxis eines der Highlights. Aber auch die Workshops der Goldsponsoren und die Implant Expo mit knapp 100 Ausstellern auf mehr als 3000 Quadratmetern Ausstellungsfläche überzeugten.
Ungewöhnlich, aber gewollt: Nicht Implantologen, sondern Internisten eröffneten das Hauptprogramm: Prof. Dr. Gerald Seinost, Wien, und PD Dr. Gernot Wimmer, Stainz, beleuchteten den Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und der Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen. Als etablierte kardiovaskuläre Risikofaktoren nannten sie unter anderem das Rauchen, Lipide, erhöhten Blutdruck, Diabetes und Adipositas. Da die Inzidenz bei den beiden zuletzt genannten Erkrankungen hoch und die Kosten für das Gesundheitssystem enorm seien, halten beide therapeutische Möglichkeiten zur Risikominderung für einen „echten Public Health Benefit“. Eine Verbesserung der endothelialen Dysfunktion sowie Marker der Inflammation durch eine entsprechende Parodontaltherapie seien belegt, unterstrich Seinost. Ob sich aber Herzinfarkte durch PA-Therapien vermeiden ließen, sei fraglich.
Auch rheumatische Erkrankungen gelten als Risikofaktor für orale, bakteriell bedingte Entzündungen. Diesem Thema widmete sich PD Dr. Nicole Pischon von der Abteilung Parodontologie und Synoptische Zahnmedizin, Berlin. Rheumatische Erkrankungen, etwa die rheumatoide Arthritis (RA), könnten das PA-Risiko nachweislich um das 1,8- bis 8-Fache erhöhen, berichtete sie. Eine PA-Therapie verbessere die RA-Erkrankungsparameter deutlich, umgekehrt mindere die RA-Medikation auch das PA-Risiko. Die RA-Ätiologie sei nach wie vor unklar, führte sie aus. Infektionen spielten aber eine Rolle. Neben einer dysregulierten Immunität würden auch direkte Gewebeschädigungen durch bakterielle Virulenzfaktoren diskutiert. Die PA-Therapie dürfe erst rund zwei Wochen nach der letzten RA-Medikation erfolgen. Ihr Tipp für die Praxis lautet deshalb: RA-Erkrankung und Medikation sollten im Anamnesebogen abgeklärt werden, auch ein RA-Schnelltest könne helfen.
Parodontitis und Diabetes
Prof. Dr. Thomas Kocher, Greifswald, widmet sich seit Jahren der Wechselwirkung von Parodontitis und Diabetes und rückte auch in Wien dieses Thema in den Fokus. Bei gut eingestellten Diabetikern hält er eine Implantatversorgung für unproblematisch. Das gelte aber nicht für schlecht bzw. gar nicht eingestellte Patienten, sagte er. Um Diabetes ganz zu vermeiden, regte Kocher eine „breiter aufgestellte“ Prävention an. Patienten müssten mehr als bisher von der Notwendigkeit körperlicher Aktivität überzeugt werden. Gelinge das, ließen sich viele Erkrankungen vermeiden.
Weiter ging es mit den Risikofaktoren Weichgewebe, Funktion, Prothetik und Alter. Referent Dr. Rino Burkhardt, Zürich, sieht das Weichgewebe selbst allerdings gar nicht als Risikofaktor, eher den Behandler. A und O des Weichgewebsmanagements seien manuelles Geschick und das nötige Know-how – formales Wissen müsse in die Entscheidungsfindung einfließen. So misslinge eine Rezessionsdeckung mit einem zu dicken und schlecht positionierten Lappen.
Prof. Dr. Walther Wegschneider, Graz, widmete sich funktionsdiagnostischen Fragestellungen. Er empfiehlt vor einer Implantation einen modifizierten Neun-Fragen-Test nach Krogh-Poulsen durchzuführen. Damit lasse sich einfach abklären, ob bei einem Patienten funktionsdiagnostischer Behandlungsbedarf bestehe oder nicht.