Aktivieren geht über nur spülen
Eine gründliche Spülung aufbereiteter Wurzelkanäle zählt zu den Selbstverständlichkeiten in der heutigen Endodontie. In diesem Artikel werden die unterschiedlichen Verfahren angesprochen. Ein größerer Erfolg ist durch die Aktivierung der Spülflüssigkeit möglich. Daher ist dieses Verfahren als zusätzliche Maßnahme zur sogenannten chemometrischen Präparation empfehlenswert.
Zur Befreiung eröffneter Wurzelkanäle von Debris und Krankheitskeimen wird nach konventionellen Verfahren Natriumhypochlorit oder EDTA über Spritzen mit dünnen endodontischen Kanülen eingebracht („CI“, conventional needle irrigation). Damit wird jedoch üblicherweise nur ein Teil des Kanals gereinigt, in etwa das obere Drittel.
Die eigentliche Aufgabe besteht jedoch darin, Debris und Smear Layer (Schmierschicht), Biofilm und alle bakteriellen Mikroorganismen aus dem ganzen Wurzelkanalsystem bis zum Apex und aus den Dentintubuli zu entfernen. Dabei bedarf es einer Aktivierung der Flüssigkeit.
Hierzu stehen heute verschiedene Verfahren zur Verfügung. Im Wesentlichen sind das
- laseraktivierte Spülverfahren,
- Ultraschall- und
- Schallaktivierung.
Grundsätzlich werden bei allen drei Verfahren Energieimpulse in physikalische Energie innerhalb des Spülmediums umgewandelt. Unter anderem sorgen Kavitationseffekte (= Implosionen) und starke Strömungen in der Spülflüssigkeit (= „Hochdruckreiniger-Prinzip“) für die Ablösung von Belägen an den Kanalwänden. Daneben gibt es aber auch wesentliche Unterschiede.
Aktiv mit dem Laser
Lasergestützte Verfahren zur Aktivierung der Spüllösung heißen PIPS (photon-induced photoacoustic streaming) oder SWEEPS (shock-wave-enhanced emission photoacoustic streaming). Die Unterschiede liegen hier lediglich in den Pulsdauern des Er:YAG-Lasers. Dabei handelt es sich um einen Festkörperlaser mit einem Erbium-dotierten Yttrium-Aluminium-Granat-Kristall. Er sendet im Infrarotbereich nicht-thermische photoakustische Schockwellen aus.
Freilich muss die Praxis dazu erst einmal einen solchen Laser angeschafft haben, und dann will das Verfahren auch beherrscht sein. Im nicht einsehbaren Kanal zu arbeiten (Stichwort: „Working in the Dark“ [1]), dabei alle Kanaloberflächen vom Apex bis zum Kanaleingang möglichst gleichmäßig zu bestrahlen, aber nicht zu lange auf einer Stelle zu verweilen (Achtung: Hitzeentwicklung) – das braucht Schulung und Übung.
Aktiv mit Ultraschall
Bei der Aktivierung der Spüllösung durch Ultraschall werden zunächst Feilen in den Wurzelkanal eingebracht und dann (meist piezoelektrisch) in Schwingungen versetzt (ca. 25–40 kHz). So kommt es entlang der Längsachse des Instruments zu Verwirbelungen (hydrodynamische Spülung). Ein Nachteil wird in dem Risiko gesehen, in gekrümmten Kanälen eine mechanische Schädigung von Zahnhartsubstanz zu induzieren. Auch können die unvermeidlichen Schwingungsknoten die Flüssigkeitsströmung in der Umgebung des Instruments limitieren und so den Spüleffekt begrenzen.
Aktiv mit Schall
Eine zweite Form der hydrodynamischen Spülung: Schall unterscheidet sich von Ultraschall durch die niedrigere Frequenz (<20 kHz). Das Instrument weist eine größere Bewegungsamplitude und nur einen einzigen Schwingungsknoten auf. Dieses Verfahren ist zum Beispiel in einem separaten Aktivator realisiert, der aus einem Handstück und einem Kunststoffinstrument besteht.
Unterschiedliche Ausführungsformen unterscheiden sich in ihrer Hydrodynamik: So kann der Flüssigkeitsfilm zwischen der Instrumentenspitze und der Wurzelkanalwand entweder relativ dünn sein, oder die Instrumentenspitze schwingt eher frei innerhalb der Spüllösung [2].
Diskussion: besser mit Aktivierung
Selbst wenn der Einsatz von Lasern behandlungstechnisch wie finanziell anspruchsvoll ist und bei der Hydrodynamik Schwingungsknoten die Flüssigkeitsströmung limitieren: Literaturübersichten zeigen, dass die Aktivierung der Spülflüssigkeit eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur konventionellen CI darstellt [2].
Einschränkend ist für alle Verfahren anzumerken, dass eine vollständige Desinfektion des gesamten Wurzelkanalsystems, inklusive Entfernung von Debris aus Irregularitäten und inklusive komplette Entfernung von Smear Layer und Biofilm, nach wie vor kaum zu erreichen bleibt. Damit wird der Erfolg einer endodontischen Behandlung letztlich immer auch von der Mitwirkung des Immunsystems des Patienten beeinflusst.
Tipp für die Praxis
Die Desinfektion des Wurzelkanalsystems mithilfe eines antibakteriellen und gewebeauflösenden Spülprotokolls ist der essenzielle Schritt während der endodontischen Therapie [2]. So lässt sich die Aktivierung endodontischer Spüllösungen als zusätzliche Maßnahme zur sogenannten chemometrischen Präparation empfehlen.
Eine komfortable Option ist in Form des SmartLite Pro EndoActivator Aufsatz für das modulare System der SmartLite Pro von Dentsply Sirona realisiert. Das bedeutet: Durch das modulare System der SmartLite Pro lassen sich Karies und Frakturierungen erkennen (Transillumationsaufsatz), die endodontische Spülflüssigkeit aktivieren (SmartLite Pro EndoActivator Aufsatz) und, bei der postendodontischen Versorgung, die Lichthärtung vornehmen (Polymerisationsaufsatz).
Dank der Erzeugung vieler offener Dentintubuli kann das Obturationsmaterial leicht in laterale und akzessorische Kanäle vordringen. Nicht zuletzt kommt es durch die Aktivierung der Spülflüssigkeit zu einer Verringerung postoperativer Sensibilitäten.
Literatur:
[1] Dahlström L, Lindwall O, RystedtH, Reit C: Working in the dark: Swedish general dental practitioners on the complexity of root-canal treatment. 2016 Int Endod J 50(7). Doi: 0.1111/iej.12675 [https://www.researchgate.net/publication/304808010_Working_in_the_dark_Swedish_general_dental_practitioners_on_the_complexity_of_root-canal_treatment]
[2] Brandt P, Sonntag D: Aktivierung von Spüllösungen. Endodontie 2016;25(1):7–19