Odontogene Fokaltoxikosen

Wechselbeziehungen zwischen Entzündungsherden

Fokalherde sind für unseren Körper eine der häufigsten und nachhaltigsten Belastungen. Sie können ursächlich am Krankheitsgeschehen beteiligt sein, gehören aber auch zu den versteckten Ursachen chronischer Krankheiten. Sie sind oft verantwortlich für die Aufrechterhaltung des Krankheitsbildes, für Diagnosehindernisse und Rückschläge im Therapieverlauf.


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Naturheilkundliche Therapeuten können fokaltoxische Bereiche, z.B. der Tonsillen oder der Nasennebenhöhlen, problemlos abdecken. Sie begeben sich auf die Suche nach gekoppelten Fokalherden und bereinigen diese. Gleichzeitig sind sie unverzichtbare Partner ganzheitlich orientierter Zahnmediziner, wenn odontogene Fokaltoxikosen der fachzahnärztlichen Sanierung bedürfen. Dies erfordert eine kooperative Zusammenarbeit zweier kompetenter Partner, die jeweils ein gutes Verstehen des anderen voraussetzt.
Zähne nie isoliert betrachten
Ist mit den Zähnen etwas nicht in Ordnung, geht man zum Zahnarzt. Das ist natürlich richtig. Gleichzeitig kann durch die Hinwendung zum Spezialisten leicht der Eindruck entstehen, dass die Zähne etwas Isoliertes seien und sie mit dem übrigen Körper nichts zu tun haben. In Wirklichkeit sind die Zähne wie jedes Gewebe oder Organ in den Gesamtorganismus eingebettet. Jeder Zahn steht mit dem umgebenden Gewebe (Odonton) sowie mit räumlich entfernteren Geweben und Organen in Verbindung und Wechselwirkung. Die acht Frontzähne stehen z.B. mit den Nieren, der Blase und den Keimdrüsen (dadurch auch mit dem Hormonsystem) in Verbindung, ebenso mit den Stirnhöhlen, den Keilbeinhöhlen und den Rachenmandeln, der Lymphe und Allergien. Ein toter (devitaler) Frontzahn kann beispielsweise durch Eiweißzerfallsprodukte auf die Nieren, die Blase oder das Genital wirken und dort akute oder chronische Entzündungen verursachen, die nur dann erfolgreich therapiert werden können, wenn die Ursache im Zahnbereich behoben wird. Ein anderes Beispiel sind die vier Weisheitszähne, die in Wechselbeziehungen stehen mit dem Herzen, dem Hormonsystem, den Zungenmandeln, dem Dünndarm und dem Kreislauf. So ist in Kreisen biologisch arbeitender Zahnärzte bekannt, dass ein Herzinfarkt sehr oft die langfristige Folge eines gestörten Weisheitszahns ist.
Zahnherde (odontogene Fokaltoxikosen)
Die Zahnmedizin hat in den letzten Jahrzehnten beachtliche Fortschritte hinsichtlich der Körperverträglichkeit (Biokompatibilität) ihrer Materialien und Methoden gemacht. Trotzdem können Zahnmaterialien beim Menschen nervliche, allergische oder toxisch bedingte Reaktionen hervorrufen. Deswegen ist es zweckmäßig, Zahnmaterialien auf ihre Verträglichkeit zu prüfen, und zwar sowohl bereits im Mund befindliche als auch für die Einbringung vorgesehene. Neben unverträglichen Zahnmaterialien können auch ein Zahn selbst und das ihn umgebende Gewebe eine Belastung für den Körper darstellen. Als Herde, die ihren Ursprung im Zahn-, Mund- und Kieferbereich haben, gelten beispielsweise tote oder verlagerte Zähne, Zysten, Knochenentzündungen, Fremdkörpereinschlüsse und Kiefergelenkserkrankungen. Ist der umgebende Abwehrwall eines solcher Herdes aufgrund einer Schwächung durchbrochen, streut er Substanzen und zumeist neuronale Reize in den Organismus aus.
Irritationen und Therapie-Blockaden
Eine Fokaltoxikose ist eine örtliche Entzündung im Bindegewebe aus nicht abbaubaren organischen und anorganischen Stoffen. Das Entscheidende ist, dass bei Zusammenbruch der örtlichen Abwehrschranken diese lokale Entzündung in den Körper ausstreut und ausstrahlt. Sie wirkt also ganzheitlich und so auch auf andere fern gelegene Körperteile ein. Durch diese permanente Triggerung können in anderen Arealen entzündliche oder allergische Reaktionen sowie Irritationen der Regulationssysteme ausgelöst werden. Fokaltoxische Belastungen stellen mit die häufigsten Therapieblockaden dar. Die Auswirkungen können humoral, hämatogen, lymphogen, endokrin, neural oder vasal sein. Sie beruhen in der Regel auf toxischen (z. B. Schwermetalle etc.) oder infektiösen (z. B. Bakterien etc.) Hintergründen oder auf Folgebelastungen von Operationen, z. B. über mangelhaft strukturiertes Narbengewebe. Betroffen können alle Systeme unseres Körpers sein. Fokalherde können sich aufeinander aufbauen und so Wechselwirkungen hervorrufen. Eine Organbelastung kann z. B. eine Zahnbelastung hinterherziehen, die dann zum Fokalherd wird, so dass eine Zahn-Organ-Zahn-Beziehung entstanden ist. Auch untereinander können Fokalherde an verschiedenen Orten Wechselwirkungen miteinander haben – z. B. ein Herd im Frontzahngebiet mit dem Mastoid. Wir sprechen von einem gekoppelten Fokalherd. In jedem Fall ist die Abklärung von Ursache und Wirkung von großer Bedeutung.
Fliessgleichgewicht und Regulationsmechanismen
Der Mensch als ein funktionierendes Ganzes, als ein Fließgleichgewicht, ist ein reagierendes, regulierendes und kompensierendes System, welches jeden Baustein seines Systems zur Aufrechterhaltung seines Fließgleichgewichts benötigt. Die komplizierte Struktur des menschlichen Organismus macht es nötig, dass innerhalb dieses Systems bestimmte Gewebs- und Organstrukturen miteinander kommunizieren und sich gegenseitig in ihrer Funktion unterstützen und aufrechterhalten. Diese zusammenarbeitenden Regulationsmechanismen sind jedoch nicht nur lokal, sondern übergreifend über den gesamten Organismus verteilt. Zähne dienen nicht nur dem Kauvorgang, sondern sind ein integraler, unverzichtbarer Bestandteil eines genau definierten Regulationssystems, das zugleich als ein Kompensationsmechanismus (Sicherung) einer weiteren Regulationseinheit fungiert. Somit ist der Erhaltung eines Zahns, einer Tonsille etc. höchste Priorität einzuräumen, da jede Extraktion z. B. eines Zahns, immer gleichzusetzen ist mit einem massiv invasiven Eingriff in die Regulations- und Sicherungsstruktur des jeweilig gekoppelten Organsystems. Somit muss jeder Eingriff sorgfältig abgewogen, diagnostiziert und differenzialdiagnostisch abgesichert werden. Das jeweilige Regulationssystem muss intensiv auf diesen Eingriff vorbereitet werden. Es ist ein Faktum, dass z. B. nach jeder Zahnextraktion eine massive Irritation des an diesem Zahn gekoppelten Regulationssystems stattfindet. Somit ist eine intensive Nachbehandlung im Sinne einer Stabilisierung des Regulationssystems zwingend erforderlich.
Gesamtbelastung beachten
Umfang und Ausmaß der einleitenden Therapiemaßnahmen sind abhängig von der zuvor festgestellten Gesamtbelastung. Hierbei ist zunächst die Priorität eines Fokalherds festzustellen und in die Basisbelastung des Patienten einzugliedern. Ist also z. B. eine allergische, mykotische, virale oder intoxikative Belastung vorrangig, so ist die Zahnsanierung auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Bei einem nur mittelgradigen Zahnherd, insbesondere dann, wenn er sich erst durch eine Organ-Zahn-Beziehung entwickelt hat, ist es durchaus möglich, dass sich durch Stabilisierung der Gesamtsituation und der Hauptbelastungen auch das Zahnfach wieder stabilisiert und somit eine Sanierung umgangen werden kann. Je stabiler die Ausgangssituation des Organismus von seiner Stoffwechsel-, Immun- und lymphatischen Ausgangssituation ist, und je stabiler das an dem Zahn hängende Organsystem ist, umso problemloser ist eine Zahnsanierung durchzuführen, umso stärker ist der Heilreiz und umso stabilisierender wirkt sich diese Sanierung auf das gesamte Regulationssystem aus.
Die biologische Zahnmedizin auf zwei Säulen
1. Die Verhinderung von Störfeldern durch auf Verträglichkeit ausgetestete Materialien und die Entfernung von nichtverträglichen Materialien. Die Bedeutung der Ausschaltung von Störfeldern ist in der heutigen Zeit um ein Vielfaches größer geworden. Die Gründe liegen in der mesenchymalen Intoxikation durch Umweltnoxen, beispielsweise in der Zunahme der Schwermetallbelastung.
2. Die Entlarvung eines fokalen Herdgeschehens und dessen Eliminierung.
Die Herderkennung/-sanierung hat einen gravierenden Wandel erfahren. Noch vor 25 Jahren war häufig zu beobachten, dass nach der Sanierung eines Zahns selbst komplexe Symptomenbilder plötzlich wie von selbst verschwanden. Dies ist zunehmend seltener geworden. Warum ist dies so? Die Antwort ist einfach. Die immer komplexere Belastung des Pischinger’schen Grundsystems und dessen Regulationsstarre zwingt uns zunehmend zu einer kooperativen Zusammenarbeit. Wir müssen wegkommen von der reinen Betrachtung der Zahn-Organ-Beziehung und hinkommen zu der Frage der Organ-Zahn-Beziehung bzw. der Organ-Zahn-Organ-Beziehung.
Ein gravierendes Beispiel hierfür ist die Karies. Selbst Patienten, die exzessiv zu Karies neigen, haben nach einer ganzheitlichen Therapie kaum noch Kariesbelastungen. Damit ist belegt, dass Karies nicht ein Problem der Zähne ist, sondern ein Problem der Mundflora. Die Mundflora wiederum ist abhängig speziell von der Magen-Darm-Schleimhaut, von der Enzymsituation des Darms, von der Säurebelastung des Körpers und von der immunologischen Ausgangssituation des Körpers.
Ein weiteres Beispiel ist der Nachweis von zum Teil unterschiedlichen Keimbesiedelungen in unterschiedlichen Zahnfleischtaschen. Wir finden diese dann auch entsprechend der Akupunkturphysiologie in der Organzuordnung. Die physiologischen und histologischen Verwandtschaften der Schleimhaut zeigen sich auch in den Tonsillen und Kieferhöhlen. Die Therapieresistenz bei einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen ist aus diesem Grunde logisch – ebenso wie die tonsilläre Belastung, weil hier der Reaktionsort mit dem Verursacherort verwechselt wird.
Erst die kooperative Zusammenarbeit zwischen biologisch arbeitendem Zahnarzt und naturheilkundlichem Therapeuten schafft eine Lösung aus dieser Sackgasse. Wichtig ist, dass jede Herd- oder Störfelddiagnostik mit der Analyse des Regulationsverhaltens beginnt und ihren Anfang in der Ingangsetzung der reagiblen Situation nimmt. Nur in diesem Fall kann die anschließende Ausschaltung des Herdes einen Erfolg zeitigen, ob nun durch Sanierung oder Ausheilung.