Empfindliche Zahnhälse: Was hilft?
Die klinische Diagnose der DHS ist nicht einfach. Endodontische Komplikationen, Karies, aber auch Zahnfrakturen verursachen ähnliche Symptome, sind aber auf bestehende Erkrankungen der Zähne zurückzuführen.
Nach welchen Kriterien treffen Sie einen Therapieentscheid?
Siems: Im ersten Schritt erfolgt die klinische Untersuchung. Dazu zählen zunächst einmal die Vitalitätsprobe, der Perkus‧sionstest und die Okklusionskontrolle, statisch und dynamisch. Ob ein Zusammenhang mit funktionellen Aspekten vorliegt, klärt die Stressanamnese. Bei bestehenden Restaurationen sollte eine Röntgenkontrolle durchgeführt werden, um mögliche endodontische Komplikationen auszuschließen. Dazu zählt auch die Kontrolle auf apikale Druckpunkte.
Mögliche DHS-Ursachen sind:
- Erosionen als Anzeichen zu säurehaltiger Lebensmittel wie saure Bonbons, Limonade in zu großer Häufigkeit, falsches Putzen.
- Mukogingivale Faktoren für Rezessionen wie hohe Bandansätze (Abb. 3), zu wenig befestigte Gingiva.
Es bietet sich ein ganzes Spektrum an Maßnahmen an, wann empfehlen Sie was?
Siems: Zunächst rate ich zur Desensibilisierung zum Beispiel mit Teethmate Desensitizer, eine Schulung in puncto korrekter Putztechnik sollte sich anschließen. Weitere Maßnahmen können das Einschleifen der Okklusion sein, das betrifft allerdings nur Restaurationen wie Füllungen, Kronen, etc. Dauern die Schmerzen nach der Desensibilisierung und Okklusions-Korrektur an, besteht der Verdacht auf Endo-Läsionen. Darüber muss der Patient aufgeklärt werden.
Können Betroffene den Schmerz klar lokalisieren?
Siems: Nein, meist liegen mehrere Zahnhälse frei, daher entsteht ein diffuses Schmerzbild. Lokalisieren Patienten den Schmerz doch ganz konkret, ist dies meist auf andere Ursachen zurückzuführen, etwa auf eine Pulpitis oder eine okklusale Überlastung.
Hat man eine DHS diagnostiziert und den Schmerz mit Pasten, Gelen oder Lösungen in den Griff bekommen, gilt es, die Ursachen der DHS zu ermitteln und zu eliminieren.
Wie finden und therapieren Sie prädisponierende Faktoren?
Siems: Durch klinisches Funktions-Screening. Mittel wie Teethmate Desensitizer lindern dann zunächst einmal den Schmerz. Darüber hinaus braucht es aber unbedingt auch eine Beratung in puncto Putzgewohnheiten. DHS-Patienten putzen auch häufig zu aggressiv mit manuellen Bürsten. Knirschern helfen wir durch Aufbissschienen. Bei anderen Patienten können auch prothetische Rehabilitationen nach funktionellen Kriterien indiziert sein oder Rezessionsdeckungen. Sämtliche Maßnahmen sollten aber erst nach Umstellung falscher Putzgewohnheiten erfolgen.
Im Gegensatz zur Gingivitis, bei der Chlorhexidin der international anerkannte Goldstandard ist, existiert für die DHS kein Produkt als positive Kontrolle.
Nach welchen Kriterien soll der niedergelassene Zahnarzt zwischen den vielen Gelen, Lösungen und Lacken auswählen?
Siems: Die Gingiva-Verträglichkeit ist aus meiner Sicht ein ganz entscheidendes Kriterium. Aldehydhaltige Produkte können zu Gingivairritationen führen und haben ein höheres allergenes Potenzial.
Welche Produkte favorisieren Sie in Ihrer Praxis?
Siems: Wir nutzen zum Beispiel den Teethmate Desensitizer zur Schließung von freiliegendem oder präpariertem Dentin. Je nach Indikation tragen wir die Paste auf einen oder mehrere Zähne auf. Die Applikation bewirkt, dass sich Hydroxylapatit (HAp) bildet, und zwar genau dort, wo es gebraucht wird. Dentintubuli und Schmelzrisse werden geschlossen. Die Patienten sind nach der Behandlung beschwerdefrei.
Gibt es weitere Einsatzgebiete?
Siems: Wir verwenden das Produkt unter anderem auch vor der Anwendung von Adhäsivsystemen oder Zementen. Dank der Bildung von HAp ist die Behandlung empfindlicher Zähne dauerhafter als bei Lacken oder Gelen, da der Wirkstoff tiefer in die Kanäle eindringt. Der Wirkstoff ist aktiv und wirkt auch nach dem Abspülen weiter.
Dr. Nils Elger Siems
studierte Zahnheilkunde in Göttingen und ist niedergelassen in eigener Praxis in Königstein im Taunus. Er ist zertifiziert für Implantologie durch die Deutsche Gesellschaft für Implantologie (DGI). Weitere Arbeitsschwerpunkte liegen in ästhetischen Restaurationen unter ganzheitlichen Aspekten.
Kontakt: info@dr-siems.com
Dentinhypersensibilität (DHS)
DHS-Patienten leiden unter einem stechenden, zeitlich begrenzten Schmerz, der durch äußere Einflüsse hervorgerufen wird. Grundsätzlich handelt es sich bei der DHS um ein generalisiertes Problem, fast nie trifft es einzelne Zähne. Die Problematik ist obligat an das Vorhandensein freiliegender Dentinoberflächen gebunden. Die Diagnose Dentinhypersensibilität ist eine Ausschlussdiagnose. Vor allem Karies, insuffiziente Restaurationen, Zahnfrakturen, Überempfindlichkeiten nach Behandlungen, endodontische Ursachen und traumatische Okklusionen müssen berücksichtigt werden. Es gibt viele Diagnosemethoden, an erster Stelle steht der Kaltluft-Test.Ist die Diagnose getroffen und der Schmerz gelindert, rückt die Ursachenforschung in den Mittelpunkt.