Die richtige Kostenkalkulation

Investieren oder Warten?

Wirtschaftliches Arbeiten beginnt schon bei der Behandlungseinheit. Sie ist mit das wichtigste Inventar für einen Zahnarzt. Anlässe, sich mit einer neuen Einheit zu beschäftigen, gibt es viele. Etwa bei einer Praxisübernahme. Die richtige Kostenkalkulation ist in solchen Fällen entscheidend.


Wann lohnt sich die Anschaffung einer neuen Behandlungseinheit – und wann nicht? © Dentsply Sirona


Eine Behandlungseinheit ist mit das wichtigste Inventar in einer Zahnarztpraxis. Anlässe, sich mit einer neuen zu beschäftigen, gibt es viele.

Beispiel 1: Ein Zahnarzt übernimmt eine Praxis. Soll er die Praxis mit günstiger, öffentlicher Finanzierung komplett modernisieren oder erst einmal mit den alten Einheiten beginnen, um die Investitionen möglichst gering zu halten?

Beispiel 2: Eine Praxis ist gut ausgelastet und kommt an ihre Kapazitätsgrenzen. Lohnt sich dann der Kauf zusätzlicher Einheiten?

Beispiel 3: Die Behandlungseinheit ist einfach in die Jahre gekommen. Gilt es in dem Fall noch abzuwarten oder direkt zu investieren?

Die Entscheidung dafür oder dagegen steht und fällt mit der betriebswirtschaftlichen Bewertung der Investition. Diese kann, je nach Praxissituation, sehr unterschiedlich sein.

Übernehmen und gleich investieren?

Wer eine Praxis übernimmt, muss entscheiden: Soll die Praxis komplett modernisiert werden, um gleich mit voller Kraft durchstarten zu können? Oder sollte man erst einmal mit dem alten Inventar beginnen, um die Kosten niedrig zu halten?

Ein Beispiel: Dr. Jung, Anfang 30, übernimmt eine Praxis, die seinen Vorstellungen entspricht. Sie befindet sich in zentraler Lage in seinem Heimatort. Der Vorgänger Dr. Alt hatte eine gute Reputation und übergibt einen soliden Patientenstamm. Die Räumlichkeiten sind in einem guten Zustand, die technische Ausstattung allerdings weniger. Dazu zählen auch zwei in die Jahre gekommene Behandlungseinheiten, die Dr. Jung noch aus dem Studium kennt. Sie funktionieren nach wie vor einwandfrei. Sie erfüllen jedoch nicht mehr in jeder Hinsicht die Ansprüche, die Zahnärzte heute an moderne Behandlungseinheiten haben: Besonders in Bezug auf Ergonomie, Multifunktionalität und vor allem Hygiene. Zwei neue Einheiten würden ihn 80000 Euro kosten. Für Reparaturen an den alten Einheiten müsste er mit 5000 Euro pro Jahr rechnen.


Tabelle 1
AfA p.a. (entspricht Tilgung bei 10 Jahren Laufzeit) 8000 €
Zinsen (1 Prozent) 800 €*
Ersparte Reparaturkosten ./. 5000 €
Kostenerhöhung p.a. 3800 €
Kostenerhöhung pro Monat 317 €
* Zinsbelastung sinkt pro Jahr.

Laut Berechnung (siehe Tabelle) führen zwei neue Behandlungseinheiten unter Berücksichtigung seiner Finanzierungsmöglichkeiten als Gründer über die KfW zu folgenden Mehrkosten pro Behandlungsstunde:
Dieser Kostenerhöhung von 317 Euro pro Monat stehen Zeitersparnisse, besserer Workflow und ein modernes technisches Ambiente für den Patienten gegenüber. Aber Dr. Jung beginnt auch mit einem Kredit über 80000 Euro. Hier ist das richtige Augenmaß gefragt. Investiert ein Übernehmer mehr als nötig, belastet er sich in der ohnehin schwierigen Anlaufphase bereits mit hohen Fixkosten. Investiert er aber in zu geringem Maße, kann die Praxis nicht professionell arbeiten.

Kosten reduzieren

Dr. Dent führt erfolgreich eine Praxis. Seine drei Behandlungseinheiten sind durch ihn und die Zahnärztlichen Prophylaxeassistentinnen voll ausgelastet. Gerne würde er einen Kollegen einstellen. Aber dafür müsste er zumindest eine, vielleicht sogar zwei neue Behandlungseinheiten installieren. Diese Erweiterung erhöht seinen monatlichen finanziellen Aufwand. Sie erhöht aber auch die Kapazität der Praxis. Es behandeln dann schließlich zwei Zahnärzte und nicht nur einer.

Berechnet man die Kosten dieser Praxis pro Behandlungsstunde eines Zahnarztes, stellt man fest, dass die Kosten pro Behandlungsstunde nach dieser Erweiterung sinken. Denn viele Kosten bleiben auch nach Verdoppelung der Behandlungskapazität gleich oder steigen nur leicht. Im Beispielfall sinken die Kosten pro Zahnarztbehandlungsstunde nach der Erweiterung von 235 Euro pro Stunde auf 159 Euro pro Stunde (siehe Tabelle). In der Betriebswirtschaftslehre spricht man vom Degressionseffekt. Für den Zahnarzt rechnet sich die Erweiterung aber nur, wenn der neue Kollege und die Behandlungszimmer auch ausgelastet werden. Dr. Dent möchte jetzt natürlich wissen, wie viel Praxiseinnahmen notwendig sind, damit seine Praxis genauso viele Gewinne erwirtschaftet, wie sie vor der Erweiterung hatte.


Tabelle 2
vor Erweiterungsinvestition nach Erweiterungsinvestition
Praxiskosten (ohne Laborkosten. Material und Factoring) 220 T€ 340 T€**
Kalkulatorisches Zahnarztgehalt für Dr. Dent 120 T€ 120 T€
Summe 340 T€ 460 T€
Anzahl Behandlungsstunden* (beide Behandler) 1450 h 2900 h
Kosten pro Zahnarzt-Behandlungsstunde (ohne Labor. Material und Factoring) 235 €/h 159 €/h
* Quelle: Durchschnittliche Behandlungsstunden pro Jahr. KZBV Jahreshandbuch 2015 (alte Bundesländer: 1445. neue Bundesländer: 1432) ** inkl. Gehälter (Dr. Neu 65 T€ und 1.5 Assistenzen 40 T€). AfA (10 T€). Zinsen (2 T€) und sonstige Kostenerhöhungen (3 T€) = Kostenerhöhung 120 T€

Aus dieser Break-even-Analyse erkennt Dr. Dent, dass er nach Umbau und Einstellung seines Kollegen monatlich über 14000 Euro an zusätzlichen Praxiseinnahmen erzielen sollte, damit es sich für ihn rechnet.
richtigen Zeitpunkt nicht verpassen.

Eine Behandlungseinheit von Dr. Zahn ist in die Jahre gekommen. Sie hat ihm gute Dienste erwiesen. Aber sie wird reparaturanfälliger. Im vergangenen Jahr fielen an Reparaturkosten 4000 Euro an. Dem Bezug sieht man die Jahre an. In puncto Workflow, Funktionalität sowie Hygiene entspricht sie nicht mehr voll den heutigen Anforderungen, aber man kann mit ihr noch arbeiten. Lohnt sich bereits jetzt eine neue Einheit, oder sollte er lieber noch warten? Eine neue Einheit würde Reparaturkosten ersparen und durch Effizienzgewinne Zeit freisetzen, in der weitere (Umsatz bringende) Behandlungen möglich wären.


Tabelle 3
Zusätzliche Fixkosten für
Zahnarzt 65 T€
• 1,5 Stuhlassistenzen 40 T€
• 2 Behandlungszimmer Afa (10 Jahre ND)
(inkl. 2 Behandlungseinheiten à 30000 €)
10 T€
• Finanzierungszinsen 2 % im Jahr 2 T€
• sonstige Kostenerhöhung 3 T€
Erhöhung der Fixkosten p.a. 120 T€
Variable Kosten: 28 % der Praxiseinnahmen,
Fremdlabor. Material. Factoring
47 T€
Zusätzliche mind. notwendige Praxiseinnahmen p.a. 167 T€
pro Monat 14 T€

Dr. Zahn behandelt rund 1450 Stunden im Jahr und liegt damit im Durchschnitt (KZBV Jahrbuch 2015: Alte Bundesländer 1445 Stunden pro Jahr, neue 1432 Stunden pro Jahr). Kauft Dr. Zahn eine neue Einheit für 30000 Euro (inklusive Umsatzsteuer), so verändern sich seine Kosten pro Behandlungsstunde wie folgt:


Tabelle 4
Preis der Behandlungseinheit 30000 €
AfA p.a. (entspricht Tilgung bei 10 Jahren Laufzeit) 3000 €
Zinsen (2.5 Prozent) 750 €*
Ersparte Reparaturkosten ./. 4000 €
Behandlungsstunden p.a. 1450 h
Kostensenkung pro Behandlungsstunde 0.17 €/h
* Zinsbelastung sinkt pro Jahr.

Beim Beispiel von Dr. Zahn führt die Investition in die neue Einheit nur zu geringfügigen Kostensenkungen. Hier wäre jedes weitere Abwarten mit der Ersatzinvestition wirtschaftlich unsinnig. Aber auch wenn die Reparaturkosten nicht so hoch liegen wie im Bespielfall, kann eine Ersatzinvestition sich rechnen. Denn der bessere Workflow spart Zeit, in der zusätzlich Patienten behandelt werden können. Zudem ist die Behandlung für alle entspannter, und auch die Patienten werden zumindest unterbewusst wahrnehmen, dass sie mit neuester Technik behandelt werden. Quantifizieren lässt sich dies natürlich kaum. Die Erfahrungen mit vielen Praxen, die alte Einheiten durch neue ersetzt haben, zeigt jedoch: Investitionen wirken sich oft positiv aus.

Resümee

Für Investitionen in neue Behandlungseinheiten gibt es sehr unterschiedliche Anlässe. Sie beeinflussen die Kosten der Praxis jedoch auf Jahre. Eine kurze Stellungnahme oder ein Investitionsgutachten eines Steuerberaters zeigt, ob und unter welchen Bedingungen sich eine neue Behandlungseinheit für die Praxis lohnt. Zudem lässt sich klären, ob es besser ist, die neue Einheit zu kaufen oder zu leasen. Unsere Mandanten erhalten ein solches Investitionsgutachten für 80 Euro. Es schafft auf jeden Fall Sicherheit für die wirtschaftliche Entscheidung.

Prof. Dr. Johannes Georg Bischoff
ist Steuerberater und geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der Unternehmensgruppe Prof. Dr. Bischoff & Partner mit Sitz in Köln, Chemnitz und Berlin.
info@bischoffundpartner.de