DICOM wird Pflicht
Ab 2020 wird die DIN 6862-2 auch in der Zahnheilkunde angewendet, so hat es der Länderausschuss Röntgenverordnung im November 2014 entschieden. Für Zahnarztpraxen bedeutet dies, dass ihre Röntgengeräte und die Praxissoftware zum Stichtag 1. Januar 2020 den Datenstandard DICOM beherrschen müssen.
Die DIN 6862-2 legt verbindlich fest, wie Röntgenaufnahmen und zugehörige Aufzeichnungen strukturiert und weitergegeben werden müssen. Die Vorgaben haben zum Ziel, Umfang und Inhalt von Aufzeichnungen für eine Weitergabe von Bilddaten und Untersuchungsparametern in der erforderlichen Qualität festzulegen. Dabei spielt der Datenstandard DICOM (Digital Imaging and Communications in Medicine) eine wesentliche Rolle. „DICOM ist ein offener Standard zur Speicherung und zum Austausch von Informationen im medizinischen Bilddatenmanagement“, erklärt Sabine Zude, Vorsitzende des Verbands Deutscher Dentalsoftware-Unternehmen (VDDS).
Die Hersteller bildgebender oder bildverarbeitender Systeme für den klinischen Bereich wie etwa Digitales Röntgen, Magnetresonanztomografie, Computertomografie oder Sonografie haben den DICOM-Standard bereits weltweit etabliert. In Kliniken und Arztpraxen wird der DICOM-Standard zudem für die digitale Bildarchivierung (PACS = Picture Archiving and Communication System) eingesetzt. Mit dem Beschluss des Länderausschusses Röntgenverordnung von November 2014 müssen Hersteller die Schnittstellen ihrer Röntgengeräte und Patientenverwaltungssysteme an den DICOM-Standard anpassen. Für Zahnarztpraxen bedeutet dies, dass sie sowohl bei neuen Geräten und Systemen auf den Standard achten müssen, als auch ihre bestehende Praxissoftware oder Röntgengeräte aufrüsten müssen. „Die DIN 6862-2 ist 2017 in Kraft getreten. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich auf alle digitalen bildgebenden Modalitäten nach der Röntgenverordnung (RöV), das heißt, eine Separierung in alte und neue Geräte findet nicht statt“, stellt Zude klar.
Die Umsetzung der DIN-Norm ist bis 1. Januar 2020 verbindlich für die Zahnheilkunde zu realisieren. Das bedeutet, dass jede digital arbeitende Praxis bis dahin entsprechend ausgerüstet werden muss. Neben dem verpflichtenden Umstieg auf DICOM für Hersteller von Röntgensystemen kann dieser auch bei anderen bildgebenden Dentalsystemen wie Intraoralkameras sinnvoll sein. Sie erzeugen neben Bildern auch Videodaten, die ebenfalls in DICOM gespeichert werden können.
Problemloser Datenaustausch
Der DICOM-Standard ermöglicht es dann, dass Daten zwischen verschiedenen Systemen oder Praxen problemlos ausgetauscht werden können. Der Praxisworkflow beginnt üblicherweise bei einem Informationssystem. Darin werden Daten für durchzuführende Untersuchungen eingetragen. Ein Gerät, das eine Untersuchung in Form einer Bildaufnahme durchführen soll, holt sich die entsprechenden Einträge aus dem Informationssystem und übernimmt daraus die Patientendaten und Informationen über die Art der Aufnahme. Wurde die Aufnahme erstellt, werden die Daten an ein Archivsystem oder eine Bildbetrachtungsstation weitergegeben. Die Praxis kann zu einem späteren Zeitpunkt die Ergebnisse abrufen und befunden. Das Informationssystem erhält eine Art Quittung über die durchgeführte Untersuchung.
Dieser vereinfacht beschriebene komplexe Workflow ist im DICOM-Standard genau definiert. Ein System, das sich an den Standard hält, lässt sich so in nahezu jedes DICOM-Netzwerk integrieren. Ein weiterer Vorteil ist die Definition von Pflichtdaten, wodurch jederzeit eine Zuordnung aufgenommener Bilddaten zu Patienten möglich ist. Genau diese Patientenzuordnung ist die Motivation, DICOM für die Zahnmedizin verpflichtend zu machen. Momentan liegen Bilddaten und Zuordnungsdaten oft in herstellerspezifischen Formaten vor und lassen sich bei einem Systemwechsel nicht übertragen, oder bei der Übermittlung an einen Kollegen sind die Daten nicht lesbar. Die mit DICOM einhergehende übergreifende Kompatibilität medizinischer Systeme und der damit verbundenen Dokumentationspflichten ist im Sinne der Patientensicherheit und der Behandlungsqualität unverzichtbar.
VDDS-DICOM-Lösung soll kommen
Der VDDS hat sich auf der Internationalen Dental-Schau (IDS) 2015 mit den Herstellern der Industrie zu einem technischen Forum getroffen. Seit diesem Zeitpunkt arbeiten die Industriehersteller und die Hersteller von Praxisverwaltungssystemen an einer Lösung, den verbindlichen DICOM-Standard für den deutschen zahnärztlichen Markt umzusetzen. Das fünfte Technikforum wird dann im Rahmen der IDS in 2017 stattfinden. „Die neue Lösung VDDS-DICOM soll den Komfort der heutigen VDDS-Schnittstelle mit den Vorteilen von DICOM verbinden“, sagt Zude.
Eine Umstellung der Zahnarztpraxen auf DICOM schon vor 2020 empfiehlt sich nach Zudes Ansicht dann, wenn die Industriehersteller und die Hersteller von Praxisverwaltungssystemen bereits vor dem Stichtag eine Lösung anbieten, die einen Vorteil für die Praxis darstellt. Von der VDDS-DICOM-Lösung werden vor allem Groß- und Filialpraxen und Überweiserpraxen wie zum Beispiel MKG-Chirurgen profitieren.
Für die Praxen soll der Umstieg in vielen Fällen durch ein einfaches Update möglich sein, verspricht die Industrie. Die Anschaffung neuer Röntgengeräte soll nicht nötig sein. Einige Altgeräte sind bereits heute DICOM-fähig, z. B. mit der entsprechenden Software Romexis der Firma Planmeca, die Bilddaten bereits im DICOM-Format abspeichert. „Damit sind auch ältere Geräte durch ein entsprechendes Update der Software DICOM-fähig“, erklärt Dipl.-Ing. Holger Ölschläger, Vertriebsleiter 3D-Röntgen bei Planmeca. Über Kosten und Aufwand könne zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nichts gesagt werden, da auch die Schnittstellen zur Praxisverwaltung neu definiert werden und diese Arbeiten noch nicht abgeschlossen seien. Auch fehle noch die Freigabe der entsprechenden Normen. „Da die Romexis bereits jetzt DICOM-konform ist, gehen wir von keinem gegenüber einem normalen Update erhöhten Aufwand aus“, so Ölschläger.
Übergangsfrist für Altgeräte
Auch viele Geräte der Firma Dentsply Sirona sind schon heute DICOM-fähig, wie Jörg Haist, Leiter des Produktmanagementbereichs Bildgebende Systeme bei Dentsply Sirona erklärt: „Die neue Generation der Dentsply Sirona Röntgensoftware, Sidexis 4, speichert bereits Daten im DICOM-Format, so dass an dieser Stelle unsere Kunden keine Umstellung oder umständliche Datenmigration erwartet.“
Derzeit sei zudem eine Übergangsfrist für Altgeräte bis 2025 im Gespräch, sagt Frank Kiesele aus dem Produktmanagement der Firma Dürr Dental. „Der DICOM-Import und -Export muss bestimmte Standards erfüllen, damit keine Verwechslung der Daten erfolgen kann und die Bildqualität gewährleistet ist“, erklärt Kiesele. Die Dürr Dental Software VistaSoft und DBSWIN erfüllen bereits seit Längerem diese Anforderung. „Unsere neue Bildverarbeitungssoftware VistaSoft geht sogar einen Schritt weiter, es werden alle Bilddaten im DICOM-Standard abgespeichert. Im- und Export ist eine Standardfunktionalität, die kein weiteres kostenpflichtiges Modul benötigt“, sagt Kiesele.
Die Kosten des Umstiegs
Die Kosten bei einem nötigen Umstieg beziffert Kiesele im Fall eines Dürr Dental Röntgensystems auf weniger als 1.000 Euro: „Wichtig ist dabei, dass die Anforderung nicht bedeutet, dass der Zahnarzt ein PACS-System benötigt. Diese Anforderung gibt es in der Regel nur von großen Kliniken und sie ist mit sehr hohen Kosten verbunden. Es geht im Fall dieser Norm nur um den Import und Export von DICOM-kompatiblen Dateien mit entsprechenden Patienteninformationen im Header der DICOM-Datei.“
Installation und Kosten eines vollen DICOM-Systems mit RIS (Radiology Information System) und PACS (Picture Archiving and Communication System) sind im Verhältnis dazu sehr teuer und können schnell mehrere tausend Euro erreichen. Dies sei aber von der Norm in der aktuellen Form nicht gefordert. Für die Firma Dentsply Sirona verspricht Haist: „Für den Betrieb der Röntgengeräte werden unsere Kunden, die bereits mit der aktuellen Generation der Röntgensoftware, Sidexis 4, arbeiten, keinerlei Kosten erwarten.“
Software entscheidend
Ob ein Altgerät überhaupt auf den DICOM-Standard umgestellt werden könne, hänge nicht vom Alter des Geräts ab, sondern vielmehr von der verwendeten Software, so Kiesele: „Unsere VistaSoft erfüllt die Anforderung bereits seit der Einführung. Bei DBSWIN müsste man gegebenenfalls auf die aktuelle Version updaten.“ Je nach der Zahl der eingesetzten Computer dauert die Umstellung der Bildverarbeitungssoftware in etwa einen halben Tag, schätzt Kiesele: „Wichtig ist, im Vorfeld zu prüfen, ob die eingesetzten Rechner die Mindestsystemvoraussetzungen der neuen Softwareversion erfüllen.“
Bei neueren Geräten der Firma Dentsply Sirona ist der Umstieg ebenfalls unproblematisch. „Entsprechend der neuen Norm speichert bereits heute Sidexis 4 die Aufnahmen auch in der eigenen Datenhaltung DICOM-konform, so dass alle mit Sidexis 4 kompatiblen Geräte dem Standard entsprechen. Dies sind alle extraoralen Röntgengeräte ab der Orthophos XG-Generation inklusive des Orthophos SL sowie des Galileos und seitens der intraoralen Produkte alle Sensoren ab Xios sowie der Xios Scan. Damit sind Geräte, die heute nicht älter als etwa zehn Jahre sind, bereits optimal für die Einführung des DICOM-Standards vorbereitet“, so Haist.
Melanie Recker von der Firma Carestream Dental betont, dass Zahnarztpraxen ihre bestehenden digitalen Systeme ganz normal weiter betreiben können. Gegebenenfalls muss mit einer DICOM-fähigen Software das System aktualisiert werden. „Wir bieten auch heute schon entsprechende Software an, die die DICOM-Architektur abbildet, und können den Handel sowie den Zahnarzt bei der Installation begleiten.“ Für die Umstellung müssten Praxen ein bis zwei Tage einplanen, je nachdem, wie viele Computer umgestellt werden müssen. Die Kosten hingen ebenfalls stark davon ab, wie viele Computer und Geräte in der Praxis umgestellt werden müssten, und seien deshalb individuell zu beziffern. In jedem Fall entstünden aber Kosten für die Software und die Umstellung, so Recker.