Wie kündige ich einer Mitarbeiterin in der Zahnarztpraxis?
Viele Zahnarztpraxen sind Kleinbetriebe, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht greift. Damit die Kündigung eines Mitarbeiters nicht dennoch vor dem Arbeitsgericht scheitert, sollte sie die sozialen Belange berücksichtigen und nicht gegen das Benachteiligungsverbot des Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen.
Immer wieder müssen die Arbeitsgerichte darüber entscheiden, ob auch Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb wenigstens ein Mindestmaß an ordentlichem Kündigungsschutz genießen, obwohl das Kündigungsschutzgesetz für sie nicht gilt. Dieses greift zugunsten der Arbeitnehmer erst dann, wenn ein Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Arbeitgeber mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt.
Gekündigte Arbeitnehmer eines Kleinbetriebs, die gerichtlich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vorgehen, machen gelegentlich geltend, dass ihre Kündigung nicht gerechtfertigt, sondern willkürlich erfolgt sei. Dazu können sie sich auf einige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts stützen. In einer Entscheidung vom 21. Februar 2001 (Az: 2 AZR 15/00) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) wie folgt entschieden: „Ist bei einem Vergleich der grundsätzlich von dem gekündigten Arbeitnehmer vorzutragenden Sozialdaten evident, dass dieser erheblich sozialschutzbedürftiger ist als ein vergleichbarer weiterbeschäftigter Arbeitnehmer, so spricht dies zunächst dafür, dass der Arbeitgeber das gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen hat.
Setzt der Arbeitgeber dem schlüssigen Sachvortrag des Arbeitnehmers weitere (betriebliche, persönliche etc.) Gründe entgegen, die ihn zu der getroffenen Auswahl bewogen haben, so hat unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine Abwägung zu erfolgen. Es ist zu prüfen, ob auch unter Einbeziehung der vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe die Kündigung die sozialen Belange des betroffenen Arbeitnehmers in treuwidriger Weise unberücksichtigt lässt. Der unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers im Kleinbetrieb kommt bei dieser Abwägung ein erhebliches Gewicht zu.“
Gründe geltend machen
In der Praxis zeigt sich in der Regel, dass Arbeitnehmer eines Kleinbetriebs, die sich auf diese und ähnliche Entscheidungen berufen, den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses nicht durchsetzen können. Entscheidend ist in diesen Fällen die Tatsache, dass der jeweilige Arbeitgeber jegliche „betrieblichen, persönlichen oder sonstigen“ Gründe geltend machen kann, die dazu geführt haben, gerade das Arbeitsverhältnis mit dem betroffenen Arbeitnehmer zu lösen.
Die Grenze dieses arbeitgeberseitigen Ermessens ist allerdings überschritten, wenn zumindest ein Motiv für die Kündigung gegen ein Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstößt. Einen solchen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht am 23. Juli 2015 (Az: 6 AZR 457/14) zu beurteilen. Eine langjährige Mitarbeiterin in einer Arztpraxis hatte ein Kündigungsschreiben erhalten, in dem auf ihre „Pensionsberechtigung“ sowie auf erforderliche Umstrukturierungen der Praxis hingewiesen wurde.
Im Kündigungsschutzprozess machte die Mitarbeiterin geltend, dass ihr Arbeitsvertrag wegen ihres Alters und somit unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG gekündigt worden sei. Das Bundesarbeitsgericht ist dieser Argumentation gefolgt. Es erkannte, dass der Hinweis in dem Kündigungsschreiben auf die „Pensionsberechtigung“ der Klägerin ein starkes Indiz für die Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Alters sei. Dieses Indiz habe die Arbeitgeberin nicht widerlegen können. Es spiele keine Rolle, dass auch andere Gründe die Kündigung motiviert hätten. Die Kündigung sei unwirksam, weil es ausreiche, dass ein in § 1 AGG genanntes Merkmal mitursächlich für die Kündigungsentscheidung gewesen sei.
Keine Begründung erforderlich
Verpönte Kündigungsgründe sind somit solche, die auf die Rasse, die ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität der betroffenen Person gestützt werden (§ 1 AGG). Diese dürfen auch nicht Bestandteil eines Motivbündels sein, das der angegriffenen Kündigung zugrunde liegt.
Praxistipp: Ein Kündigungsschreiben sollte keine Ausführungen zu den Kündigungsgründen enthalten. Die Kündigung muss zwar schriftlich ausgesprochen werden, um wirksam zu sein. Die Angabe der Kündigungsgründe ist jedoch nicht erforderlich.
Cornelia Weitekamp
ist Fachanwältin für Medizinrecht sowie Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei DR. HALBE RECHTSANWÄLTE in Köln.
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